: Wie invasive Pflanzen unsere Natur bedrohen

von Daniel Kriegeskorte
18.04.2024 | 05:04 Uhr
Eingeschleppte Pflanzen können heimische Arten verdrängen. Die EU führt eine Verbotsliste invasiver Pflanzen, einige davon sind aber bereits weit verbreitet in Deutschland.

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18.04.2024 | 03:56 min
Nicht alles, was hierzulande wächst und gedeiht, ist gut für die Umwelt. Ganz im Gegenteil: Bei einigen Pflanzen handelt es sich um nicht heimische, invasive Arten, die negative Auswirkungen auf andere Pflanzen und Tiere haben. Sie verdrängen etwa durch aggressives Wachstum heimische Pflanzen und dienen nur bedingt als Lebensraum und Futterquelle für Tiere.
Invasionen sind eine der größten Bedrohungen für die Biodiversität.
Hanno Seebens, Experte für invasive Arten, Justus-Liebig-Universität Gießen

Weitreichende Folgen invasiver Arten

Drastisch seien laut Hanno Seebens zudem die Folgen für die Wirtschaft, wie etwa im Falle des Japanischen Staudenknöterichs, der eine Gefahr für die Infrastruktur bedeute. Bei manchen invasiven Pflanzen bestehe auch eine Gefahr für die menschliche Gesundheit, etwa durch Allergien oder Hautreizungen, die durch sie ausgelöst werden.
Das Problem: Einige der invasiven Arten kommen bereits seit Jahrzehnten wildwachsend in Deutschland vor. Diese vollständig aus der heimischen Natur zu entfernen, ist Hanno Seebens zufolge nicht mehr möglich. Die Pflanzen seien bereits zu weit verbreitet und würden trotz Beseitigungsversuchen immer wieder nachwachsen.

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EU-Verbot soll Ausbreitung invasiver Arten eindämmen

Hoffnung besteht allerdings darin, zu verhindern, dass sich invasive Arten in Deutschland ausbreiten, die zwar in der Europäischen Union bereits vorkommen, aber hierzulande noch selten sind.
Zum Schutz der Artenvielfalt hat die EU bereits 2014 die sogenannte Unionsliste erstellt. Die dort aufgeführten Pflanzenarten dürfen nicht vorsätzlich in die EU gebracht, gehalten, gezüchtet und in der Umwelt freigesetzt werden. Aktuell zählt die Liste 41 invasive Pflanzenarten. Darunter befinden sich beispielsweise der in deutschen Städten weit verbreitete Götterbaum und das an Ufern wuchernde Drüsige Springkraut, deren Bekämpfung schwierig ist.

Arten unter Beobachtung

Eine der wichtigsten Maßnahmen bei der Bekämpfung ist die frühzeitige Erkennung, etwa durch Naturschutzbehörden, denn: je kleiner ein Bestand, desto größer die Wahrscheinlichkeit, die Art noch erfolgreich zu beseitigen.

So sind unter anderem Förster dazu aufgerufen, das Vorkommen invasiver Arten dem Bundesamt für Naturschutz zu melden, das daraufhin die Gefährdung evaluiert. Die Behörden berücksichtigen dabei auch die Daten anderer europäischer Länder.

Einige invasive Arten sind nicht verboten

Die Pflanzenarten, die auf der Unionsliste geführt sind, decken sich nicht vollständig mit den Arten, die auf der vom Bundesamt für Naturschutz geführten Deutschlandliste stehen. Laut aktuellen Zahlen sind dort 40 Pflanzenarten als gesichert invasiv eingestuft. Davon finden sich allerdings nur 22 Arten auch auf der Unionsliste. Die restlichen sind hierzulande trotz ihrer Invasivität nicht verboten, da die Deutschlandliste nicht rechtlich bindend ist, sondern statistischen Charakter hat.

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Die Listen sind nicht deckungsgleich, da es bei manchen Arten politisch nicht erwünscht sei, dass sie auf der EU-Verbotsliste landeten, sagt Hanno Seebens, Experte für invasive Arten an der Justus-Liebig-Universität Gießen. Denn eine Platzierung sei mit großem finanziellem und personellem Aufwand verbunden. Kosten, die im öffentlichen Bereich vom Steuerzahler, auf Privatgeländen von den Besitzern getragen werden müssten.
Diesen Hintergrund bestätigt auch Ingolf Kühn, Experte für biologische Invasionen am Helmholtz-Institut für Umweltforschung. Der weit verbreitete Japanische Staudenknöterich ist beispielsweise in Deutschland als nachweislich invasive Art eingestuft, steht aber nicht auf der Unionsliste. Seine Listung "wäre eine Geldverbrennungsmaschine", so Kühn.
Alle Pflanzen, deren Bekämpfung viel kostet, werden bei der Listung erstmal außenvor gelassen.
Prof. Ingolf Kühn, Experte für biologische Invasionen am Helmholtz-Institut für Umweltforschung

Beispiele in Deutschland vorkommender invasiver Pflanzenarten

Japanischer Staudenknöterich (Fallopia japonica)

Quelle: imago/Zoonar
Der Japanische Staudenknöterich verbreitet sich rasant, nimmt heimischen Pflanzen das Licht und lässt sie dadurch absterben. Die invasive Pflanze wuchert zudem im Straßenbereich, an Brücken und Bahndämmen und gefährdet somit die Verkehrssicherheit. Die vollständige Entfernung von Beständen ist ein arbeitsintensiver Prozess, bei dem ein kompletter Bodenaustausch von mindestens einem Meter Tiefe erforderlich ist.

Götterbaum (Ailanthus altissima)

Quelle: imago/Pond5 Images
Tausende Götterbäume lassen sich allein in Berlin finden. Die schnell wachsende Art ist extrem widerstandsfähig und verdrängt heimische Pflanzen. Die Bekämpfung ist schwierig und kostenintensiv, denn eine vollständige Entfernung des Baumes ist nur möglich, wenn der Wurzelstock mit allen Wurzeln ausgegraben wird.

Drüsiges Springkraut (Impatiens glandulifera)

Quelle: imago/Ulrich Wagner
Das Drüsige Springkraut ist eine gebietsfremde Art, die durch ihr dichtes Wachstum heimischen Pflanzen keine Chance lässt. Sie bildet eine große Menge Samen und verbreitet sich durch den Bewuchs an Wasserläufen schnell. Eine Beseitigung der Bestände ist meist nur mittelfristig möglich, da sich das Drüsige Springkraut immer wieder schnell ausbreitet.

Auch Gartenpflanzen betroffen

Die meisten auf den Listen geführten Pflanzen fänden sich laut Kühn aber nicht in deutschen Gärten. Hobby-Gärtnern empfiehlt er trotzdem, darauf zu achten, heimische Arten zu pflanzen und damit einen Beitrag zur Biodiversität zu leisten. "Heimische Pflanzen sind deutlich besser für Insekten als Exoten", erklärt Ingolf Kühn. Zudem könnten Privatpersonen dabei helfen, die Ausbreitung invasiver Arten zu verhindern, indem sie ihren Grünschnitt nicht illegal in der Natur abladen, sondern fachgerecht entsorgen, zum Beispiel auf dem Wertstoffhof.

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Die Kirschlorbeerhecke und der Sommerflieder sind beliebte Gewächse in deutschen Gärten, die beide vom Bundesamt für Naturschutz als "potenziell invasiv" gelistet sind. Die gebietsfremden Arten breiten sich außerhalb des Gartens rasant aus. In der Schweiz dürfen sie ab September nicht mehr gehandelt werden.
Die Unionsliste wird fortlaufend um weitere invasive Arten erweitert. Die zeitnahe Listung problematischer, aber doch beliebter Gartenpflanzen ist derzeit aber nicht geplant.

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