Update

: Getreide als Putins Hebel der Macht

von Jan Schneider
17.07.2023 | 17:33 Uhr
Mit dem Stopp des Getreideabkommens kann Moskau Einfluss auf Weltmarktpreise ausüben und Hungerkrisen befeuern. Doch der Einfluss wird kleiner.

Guten Abend,

Wladimir Putin hat im letzten Jahr viel Macht eingebüßt: Seine Armee ist in der Defensive, seine Abschreckungsrhetorik wird nur noch zur Kenntnis genommen und sorgt weniger für Angst und Schrecken und selbst einen militärischen Putsch konnte er nicht selbst beenden, sondern brauchte Hilfe aus dem Nachbarland.
Einer seiner Hebel der Macht ist die Kontrolle über das Schwarze Meer und damit die Getreideexporte der Ukraine. Die Invasion Russlands in die Ukraine hat zu einem erheblichen Anstieg der Nahrungsmittelpreise auf den Weltmärkten geführt. Die Getreidepreise sind besonders stark gestiegen. Sie erinnern sich vielleicht noch daran, dass Sonnenblumenöl wochenlang Mangelware im Supermarkt war.
Dramatischer sind die Auswirkungen für Entwicklungsländer: 64 Prozent des im Rahmen der Schwarzmeer-Getreide-Initiative ausgeführten Weizens gingen an Entwicklungsländer. Dort wird das Getreide dringend benötigt, um die Bevölkerung zu ernähren. Nun soll das Getreideabkommen aber beendet werden, heißt es aus Moskau. Dass das mit den neuen Angriffen auf die Brücke zur Krim zusammenhängt, streitet der Kreml ab.

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Die Drohung aus Moskau ist allerdings ein "Nein mit Hintertür": Bei der letzten Verlängerung des Abkommens im November, gab sich Russland damit zufrieden, dass die Ukraine den Schifffahrtskorridor nicht für Angriffe gegen Russland nutzen würde. Vorher wurde auch gedroht, den Export zu beenden. Gut möglich, dass sich der Kreml auch dieses Mal umstimmen lässt. Der türkische Präsident Erdogan ist jedenfalls optimistisch:
Ich glaube, dass mein Freund Putin das Abkommen trotz der heutigen Erklärung fortsetzen will.
Recep Tayyip Erdogan, Präsident der Türkei
Und wenn es wirklich beendet bleibt? Die Welt sei "heute weniger verwundbar durch eine solche Blockade als noch vor einem Jahr", meint Entwicklungsministerin Svenja Schulze. Die Ukraine kann mittlerweile auch auf dem Landweg viel Getreide transportieren. Außerdem sei man bereit, auch ohne ein Abkommen mit Russland, Schiffe über das Schwarze Meer zu schicken:
Auch ohne Russland muss alles getan werden, damit wir diesen Schwarzmeer-Korridor nutzen können. Wir haben keine Angst.
Wolodymyr Selenskyj, ukrainischer Präsident
Deutschland und andere Geberländer haben Entwicklungsländer in den letzten Monaten außerdem beim eigenen Anbau von Getreide unterstützt. Der Hebel, Hunger als Waffe einzusetzen, ist für Putin also auch kürzer geworden.

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Weitere News-Updates zur Lage und zu Reaktionen erhalten Sie jederzeit auch in unserem Liveblog zu Russlands Angriff auf die Ukraine.

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