: Brauchen wir Metalle aus dem Meer?
von Christian von Rechenberg
22.03.2023 | 16:16 UhrDie Rechnung scheint einfach: Laut Studien, etwa der Deutschen Rohstoffagentur, wird sich der Bedarf an Metallen, die wir für den Bau klimaschonender Techniken benötigen, in den kommenden Jahrzehnten vervielfachen. Diese Metalle findet man an Land - in noch größerer Konzentration aber auch auf dem Boden der Tiefsee. In Manganknollen.
Allein in der sogenannten Clarion-Clipperton-Zone im Pazifik vermutet man mehr als 21 Milliarden Tonnen Knollen. In ihnen stecken Seltene Erden, Kobalt, Nickel - und natürlich: ein riesiges Geschäft.
Ohne Tiefseebergbau keine Energiewende?
Eines, an dem sich aber schon jetzt Unternehmen wie die BMW-Group, Google oder Samsung gar nicht beteiligen wollen. Solange, bis die möglichen Folgen des Tiefseebergbaus ausreichend erforscht sind, wollen sie freiwillig auf Metalle aus dem Meer verzichten.
In der Tiefsee liegen sogenannte Manganknollen. Sie enthalten begehrte Metalle. Die Industrie will sie für die Energiewende nutzen.
19.03.2023Zudem, so Greenpeace, spiele etwa Kobalt beim Bau von Batterien eine immer geringere Rolle:
Da ist der technische Fortschritt schon so weit, dass man sich zu kobaltfreien Batterien entwickelt. Und deshalb muss man einfach sagen für die Energiewende, die wir brauchen, brauchen wir keinen Tiefseebergbau.
Manganabbau im Meer rentabel nur in riesigen Mengen
Für Nickel, so Dr. Matthias Haeckel vom Geomar Helmholz-Zentrum für Ozeanforschung in Kiel, gelte das gleiche. Mehr noch: Da die Weltmarktpreise für Metalle wie Kobalt oder Nickel sehr niedrig sind, müsse die Industrie das Mangan zwingend mitverkaufen.
So funktioniert Tiefseebergbau am Beispiel der Manganknollen.
15.02.2023 | 08:29 minDenn nur für Mangan, das in den Knollen reichlich vorkommt, wird gut bezahlt. Allerdings: Mangan gibt es an Land mehr als genug. Mit nur wenigen Abbau-Operationen, würde der Markt bereits überschwemmt. Pro Jahr muss eine Abbau-Operation eine Fläche von 200 Quadratkilometern ernten.
Das entspricht der Fläche von München. Damit würden Tausende von entdeckten und unentdeckten Arten in kürzester Zeit ausgelöscht.
Weniger umweltschädlich als Bergbau an Land?
Die Bergbauminen halten dem entgegen, dass Tiefseebergbau weniger schädlich sei als Bergbau an Land. Haeckel sieht solche Aussagen kritisch.
Zwar will die Internationale Meeresbodenbehörde in Jamaika nun bis Ende Juli verbindliche Regeln für den Tiefseebergbau festlegen; Haeckel fragt sich aber, auf Basis welcher Erkenntnisse. Es gibt noch keine. Die Forschung steht erst am Anfang:
Wir kennen einige Arten und finden auf jeder Ausfahrt eine Hundert neue Arten. Wir wissen, dass Arten zum Teil über den gesamten Pazifik miteinander verwandt sind. Wir können nicht sagen, wie deren Ökosystem funktioniert.
Bei jedem neuen Tauchgang entdecken die Forschenden neue Arten.
15.02.2023 | 07:31 minMächtige Lobby will den Tiefseebergbau
Der Meeresboden ist gemeinsames Erbe der Menschheit. Dieses zu schützen ist vornehmste Aufgabe der Internationalen Meeresbodenbehörde. Aber eben auch, den Tiefseebergbau zu verwalten, soweit dieser möglich ist.
Wie werden die Verhandlungen in Jamaika also ausgehen? Nach Lage der Forschung, so Haeckel, müsste man derzeit die Finger vom Meeresboden lassen. Doch NGOs wie Greenpeace wollen beobachten, dass die Industrie-Lobby Druck macht.
Und sie reicht auch bis in die Meeresbodenbehörde selbst, also bis in dieses entscheidende Gremium hinein.
Druck auch auf die Internationale Meeresbodenbehörde
Dass Greenpeace mit dieser Behauptung nicht völlig daneben liegt, zeigt ein Artikel der New-York Times. Angeblich übte der Chef der Behörde, Michael Lodge, Druck auf die Mitglieder des Rates der Behörde aus, der in Jamaika gerade verhandelt. Offenbar will Lodge eine schnelle Entscheidung für den Bergbau.
Länder wie Deutschland aber wollen wegen der wachsenden Sorge um unabsehbare Folgen für Flora und Fauna ein Moratorium. Berlin erinnerte Lodge an seine Pflicht, sich in diesem Prozess neutral zu verhalten.
Der wies die Vorwürfe umgehend zurück: Ihm ginge es nur um die Einhaltung der gesetzlichen Rahmenbedingungen. Am 28. Juli 2023 entscheidet die Behörde. Welche Seite sich am Ende durchsetzt, ist völlig unabsehbar.