: Galeria Kaufhof: "Situation ist unerträglich"

von Thadeus Parade
23.01.2023 | 15:30 Uhr
Deutschlands letzte große Warenhauskette kämpft ums Überleben. Rund einem Drittel der Filialen droht das Aus, 17.000 Mitarbeiter stehen vor einer ungewissen Zukunft.
Galeria-Kaufhof steht erneut am finanziellen Abgrund.Quelle: Reuters
Die Galeria-Kaufhof Filiale mitten in der Neusser City - ein typischer Bau aus den 70er Jahren: viel Beton, in die Jahre gekommen, wenig einladend. Es ist einer von vielen anderen Galeria-Standorten in Deutschland, die auf der Kippe stehen. Hier arbeitet Rebecca Groppe und bangt um ihren Job.
Die Situation ist unerträglich, wir hängen total in der Luft, wissen nicht, ob es für uns weiter geht.
Rebecca Groppe, Mitarbeiterin Galeria-Kaufhof
Zum zweiten Mal durchlebt sie diese Ungewissheit. Denn bereits vor zwei Jahren hatte der Warenhauskonzern Rettung in einem Schutzschirmverfahren gesucht, eine Art Insolvenz-Light.

Galeria Kaufhof bereits zum zweiten Mal in Bedrängnis

4.000 Stellen wurden damals abgebaut, 40 Filialen geschlossen. Die Filiale in Neuss stand mit auf der Streichliste. Rebecca Groppe und der Rest der Belegschaft hatten ihre Kündigung schon auf dem Tisch.
In allerletzter Minute dann Rolle rückwärts. Wie alle anderen Mitarbeiter*innen bei Galeria-Kaufhof verzichtete auch Rebecca Groppe anschließend auf einen großen Teil ihres Gehalts, um das Unternehmen zu retten.
Auch der Staat griff dem strauchelnden Traditionskonzern zwischenzeitlich mit rund 680 Millionen Euro unter die Arme - fraglich, ob das Geld jemals zurück gezahlt werden wird. Denn seit Oktober vergangenen Jahres läuft nun schon das zweite Schutzschirmverfahren: wieder ist es Chefsanierer Arndt Geiwitz, der die Zukunft des Warenhauskonzerns sichern soll.

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Zwei Drittel der verbliebenen Filialen von Schließung bedroht

Dass das nur mit harten Einschnitten gelingen kann, liegt auf der Hand: Kurz vor Weihnachten warnte der Gesamtbetriebsrat, 90 der insgesamt 131 Filialen seien bedroht. So viele werden es am Ende wohl nicht sein, konnte ZDFheute aus informierten Kreisen erfahren.
Ein Drittel aber werde es sicher treffen. Welche Filialen geschlossen werden und welche bedroht sind, darüber ist Stillschweigen vereinbart worden: Weder Unternehmen noch Gesamtbetriebsrat wollen sich konkret nicht äußern.

Verhandlungen mit Vermietern mitentscheidend

Am Ende könnten es aber doch viel mehr werden. Denn erst kürzlich erklärte Galeria: "Insbesondere von den Verhandlungen mit den Vermietern hängt ab, welche Filialen von Galeria weiterbetrieben werden können oder geschlossen werden müssen."
Bis zu 50 Prozent Mietnachlass seien notwendig, um das Überleben einiger Standorte zu sichern, konnte ZDFheute aus informierten Kreisen erfahren.
Für diverse Standorte gebe es außerdem Kauf- und Übernahmeinteressenten - auch das noch nicht spruchreif. Sicher aber ist: Am Ende des Schutzschirmverfahrens sollen die noch verbleibenden Filialen mit einem neuen Konzept in die Zukunft geführt werden.

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Wie könnte die Zukunft von Galeria Kaufhof aussehen?

Chefsanierer Geiwitz will das erreichen, indem er die einzelnen Standorte eigenständiger macht:
Wir werden mehr Verantwortung in die Regionen bringen.
Arndt Geiwitz, Chefsanierer
Das verkündete er in einem Interview mit der Lebensmittelzeitung. Weg von der Zentrale, hin zu mehr Eigenständigkeit in den Standorten.
Aus Sicht des Handelsexperten Georgiy Michailov sei ein solcher Schritt durchaus sinnvoll: "Die Filiale braucht mehr Spielraum und Gestaltungsspielraum." Auch die Gewerkschaft ver.di befürwortet eine solche Neuausrichtung, macht aber auch klar: "Entscheidend sind die dringend notwendigen Investitionen in die Filialen, jeder Euro zählt."

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Schlechte Prognose für Galeria Kaufhof

Rund 200 Millionen Euro stünden dafür bereit, heißt es aus Unternehmerkreisen - ein Tropfen auf den heißen Stein, meint Handelsexperte Gerrit Heinemann. Er sieht für Deutschlands letzte Warenhauskette ohnehin keine Zukunft mehr, allenfalls an Metropolstandorten, in denen es den ganz großen Häusern gelingt, "in verstärktem Stil unterzuvermieten, sodass das Warenhaus irgendwann ein Shopping-Center ist".
Düstere Aussichten für Rebecca Groppe. Sie hat wenig Hoffnung, dass die Galeria-Filiale in Neuss gerettet wird. "Unsere Filiale ist immer die letzte gewesen, die was bekommen hat", sagt sie rückblickend.
Für sie und alle weiteren Galeria-Mitarbeiter*innen könnte die Zeit des Bangens noch viele Wochen andauern. Denn erst, wenn alle Gläubiger dem Sanierungsplan zustimmen, wird Klarheit herrschen. Das könnte schlimmstenfalls erst Ende März der Fall sein.

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