: "Richtiges Essen haben wir nur selten"

von Sherif Rizkallah
20.11.2023 | 07:49 Uhr
"Zero Hunger bis 2030" - dieses Ziel der UN wird verfehlt. Auch nach 2030 werden Millionen Menschen auf der Welt an Hunger und Mangelernährung leiden, darunter viele Kinder.

Logo!-Moderator Sherif Rizkallah war zum Tag der Kinderrechte in Madagaskar.

16.11.2023 | 25:30 min
Jedes Kind hat ein Recht auf Nahrung. So steht es zumindest seit 1989 in der Kinderrechtskonvention der Vereinten Nationen (UN) geschrieben. Für Millionen Kinder auf der Welt sind das allerdings nur leere Worte auf Papier. So auch für den Jungen Central aus Madagaskar. Seit Beginn der Dürre im Süden des Landes hat seine Familie keinen dauerhaften Zugang zu Nahrung.
Ich muss jeden Tag auf dem Kakteenfeld Früchte pflücken, damit wir etwas zu essen haben. So richtiges Essen haben wir nur selten, wenn wir Geld dafür haben.
Central, Junge aus Madagaskar
Die Kakteen-Früchte, die Central nahezu jeden Tag isst, schmecken ihm nicht. Sie sind oft viel zu bitter. Doch er hat keine andere Wahl: Entweder er isst diese Früchte oder er isst gar nichts. Die Situation von Central und seiner Familie war nicht immer so schlimm.

Ernteausfall als Folge der Dürre

Vor Beginn der Dürre konnte seine Großmutter Jeanette Gemüse anpflanzen, einen Teil für die Ernährung ihrer Familie verwenden, den anderen Teilen auf dem lokalen Markt verkaufen und damit ein bisschen Geld verdienen. Seit nunmehr drei Jahren geht weder das eine noch das andere.
Die Dürre hat uns sehr hart getroffen. Alles ist trocken. Wir haben kein Wasser mehr. Deswegen können wir auch nichts mehr anbauen. Unser Einkommen ist dadurch komplett weggefallen.
Jeanette, Großmutter von Central
Central und seiner Familie bleibt durch den Ausfall ihrer Ernte nichts anderes übrig, als Tag für Tag die kleinen roten Früchte zu essen, die sie einfach so in der Umgebung pflücken können. Und obwohl sie ihnen nicht schmecken und sie nicht sättigen, ist Central glücklich darüber, dass es sie gibt:
Zumindest knurrt mein Magen nicht mehr, wenn ich sie gegessen habe.
Central, Junge aus Madagaskar
Centrals Situation ist kein Einzelfall. Aktuell leiden laut der Vereinten Nationen weltweit rund 735 Millionen Kinder und Erwachsende an Hunger. Damit ist fast jeder zehnte Mensch auf der Welt von Hunger oder Unterernährung betroffen. In Afrika ist die Hungerkrise nach wie vor am größten. Auf dem Kontinent leidet jeder fünfte Mensch an Hunger - mehr als doppelt so viele wie im weltweiten Durchschnitt.
  • Südsudan: Über sieben Millionen Menschen leiden Hunger

Ziel "Zero Hunger bis 2030" verfehlt

Diese Zahlen sind allesamt erschreckend hoch, vor allem wenn man bedenkt, dass die Vereinten Nationen und die Weltgemeinschaft sich eigentlich zum Ziel gesetzt hat, dass bis 2030 - also in bereits sieben Jahren - niemand mehr auf der Welt Hunger leiden muss.
"Leider werden wir dieses Ziel nicht erreichen", so Volker Türk, UN-Hochkommissar für Menschenrechte im Exklusivinterview mit den ZDF-Kindernachrichten logo!.

"logo!"-Moderator Sherif Rizkallah spricht mit UN-Politiker Volker Türk.

16.11.2023 | 04:35 min
Die Corona-Pandemie, bewaffnete Konflikte wie der Krieg in der Ukraine, Extremwetterereignisse und die Folgen des Klimawandels haben, so Türk, an vielen Orten auf der Welt die Hungerkrisen weiter verschärft und Fortschritte der vergangenen Jahrzehnte untergraben. Dieses Bild zeichnen auch die Zahlen. Im Jahr 2019, also noch vor Beginn der Pandemie und des Ukraine-Krieges, lag die Zahl der Hungernden mit 613 Millionen Menschen weltweit noch deutlich unter den aktuellen 735 Millionen Betroffenen.

2,4 Milliarden ohne regelmäßigen Zugang zu Nahrung

Betrachtet man nicht nur die akut hungernden Menschen auf der Welt, sondern auch jene ohne kontinuierlichen Zugang zu Nahrung, sind es 2,4 Milliarden Menschen - also fast 30 Prozent der Weltbevölkerung. In Anbetracht dieser gewaltigen Herausforderung fordert Volker Türk im logo!-Interview größere Anstrengungen der Weltgemeinschaft:
Es wird nicht genug getan, um den Hunger auf der Welt zu bekämpfen. Hunger darf es auf dieser Welt im 21. Jahrhundert nicht mehr geben. Daran müssen wir alle arbeiten.
Volker Türk, UN-Hochkommissar für Menschenrechte

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