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: Häusliche Gewalt nimmt offenbar nochmal zu

18.06.2023 | 07:44 Uhr
Deutlich mehr Menschen sind 2022 Opfer häuslicher Gewalt geworden. 179.179 Opfer wurden offenbar registriert, die Dunkelziffer dürfte höher sein. Zwei von drei Opfern sind Frauen.
Häusliche Gewalt kann Frauen und Männer treffen. Aber immer noch ist die deutliche Mehrzahl der Opfer weiblich. Quelle: Imago
Die Zahl der Opfer häuslicher Gewalt in Deutschland hat einem Bericht zufolge im vergangenen Jahr deutlich zugenommen. Wie die "Welt am Sonntag" unter Berufung auf die Innenministerien und Landeskriminalämter der 16 Bundesländer berichtete, wurden bundesweit 179.179 Opfer polizeilich registriert. Das entspricht demnach einem Anstieg von 9,3 Prozent gegenüber dem Pandemiejahr 2021.
Als Täter werden dem Bericht zufolge Partner, Ex-Partner und Familienangehörige erfasst. Zwei Drittel der Opfer sind Frauen. Die Dunkelziffer ist hoch, weil sich viele nicht trauen, Anzeige zu erstatten.

Anstieg häuslicher Gewalt am stärksten im Saarland

Insgesamt melden demnach 15 Bundesländer deutlich mehr Opfer. Hier war der Anstieg am stärksten:
  • Saarland (plus 19,7 Prozent (3.178 Opfer)
  • Thüringen (plus 18,1 Prozent, 3.812 Opfer)
  • Baden-Württemberg (plus 13,1 Prozent, 14.969 Opfer).
  • Die Opferzahl sank nur in Bremen (minus 13,6 Prozent, 2.615 Opfer).
Quelle: ZDF

Am meisten Opfer in NRW

Nordrhein-Westfalen weist 37.141 Opfer (plus 8,5 Prozent) aus. Auffällig ist, dass im bevölkerungsreichsten Bundesland die Zahl der Körperverletzungen bei häuslicher Gewalt im Fünf-Jahres-Vergleich um 26,2 Prozent gestiegen ist. NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) sagte dazu: "Die Zündschnur ist bei vielen Menschen kürzer geworden und der allgemeine Ton rauer. Das gesellschaftliche Klima hat sich verändert." Dies mache auch an den Haustüren nicht Halt.
Zuhause ist mehr Gewalt eingezogen.
Herbert Reul, CDU-Innenminister in Nordrhein-Westfalen
Die Daten der Länder fließen laut "Welt am Sonntag" in ein Lagebild ein, das vom Bundeskriminalamt erstmals erstellt wird und am 3. Juli von dessen Präsident Holger Münch, Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) und Familienministerin Lisa Paus (Grüne) in Berlin vorgestellt wird.
Einer Studie zufolge sind 34 Prozent der befragten Männer, Frauen gegenüber schon einmal handgreiflich geworden:

Die Initiative "Die Nächste" setzt sich gegen Gewalt gegenüber Frauen und Mädchen ein.

12.06.2023 | 02:58 min
Zudem lassen die Behörden derzeit eine große sogenannte Dunkelfeldstudie erstellen. "Häusliche Gewalt geschieht oftmals im verdeckten, im privaten Bereich", sagte Paus der Zeitung. "Scham- und Schuldgefühle der Betroffenen führen häufig dazu, dass die Taten im Dunkeln bleiben und nur selten polizeilich angezeigt werden." Sie plant auch eine staatliche Koordinierungsstelle, die häusliche Gewalt ressortübergreifend bekämpfen soll.
Dieses Dunkelfeld ist ungleich größer als das Hellfeld.
Lisa Paus, Bundesfamilienministerin (Grüne)

Innenministerin Faeser fordert mehr Polizeikontrollen

Faeser fordert mehr Kontrollen der Polizei, wenn diese Täter nach gewaltsamen Übergriffen aus der Wohnung verwiesen hat. "Das muss konsequent kontrolliert werden, damit Täter nicht schnell wieder zurückkehren", sagte die Politikerin der SPD. Denn häusliche Gewalt sei keine Privatsache, sondern ein gravierendes gesellschaftliches Problem. "Gewalt fängt nicht erst mit Schlägen oder Misshandlungen an: Es geht auch um Stalking und Psychoterror."
Hier finden Sie Hilfe:

Hier finden Frauen Hilfe

Hilfetelefon:

  • "Gewalt gegen Frauen": 0 800 00/116 016
Chat oder Mailkontakt unter:

Frauenhäuser:

Hilfs- und Beratungsstellen:

Hier finden Männer Hilfe

Hilfetelefon:

  • Gewalt an Männern: 0 800/123 99 00
Chat und Mailkontakt unter:

Hilfe vor Ort:

Hier finden Täter Hilfe

Hilfetelefon:

  • Hier finden Täter Hilfe: 01 62/1 39 84 43
Beratungsstellen

Die Präsidentin des Deutschen Caritasverbandes, Eva Maria Welskop-Deffaa, macht Nachwirkungen der Corona-Pandemie für den Anstieg der Gewalt verantwortlich. "Offenkundig hat die angespannte Lebenssituation der Corona-Jahre sich in erhöhter familiärer Gewaltbereitschaft niedergeschlagen", sagte sie der Zeitung.

Expertin: Bewusstsein für häusliche Gewalt gestiegen

Maria Loheide, Vorständin Sozialpolitik bei der Diakonie, nannte die Zunahme bei den Gewaltopfern erschreckend. "Ein Grund für den Anstieg könnte sein, dass das Bewusstsein für häusliche Gewalt insgesamt gestiegen ist und nach den unsicheren Jahren der Pandemie Frauen jetzt eher Fälle von Gewalt anzeigen", sagte sie der Zeitung.
Quelle: AFP, epd

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