: KNDS-Radhaubitze - neue Hoffnung für Kiew?

27.06.2024 | 22:47 Uhr
Die Ukraine wartet dringend auf neue Waffen. Die neue KNDS-Radhaubitze soll ab 2025 geliefert werden. Doch Experte Gady hat Zweifel, ob sie das richtige System für die Front ist.

Die Ukraine soll 2024 neue Radhaubitzen von KNDS bekommen. Die Soldaten bevorzugten allerdings Kettenfahrzeuge, die nicht im Schlamm stecken bleiben, erklärt Militäranalyst Gady.

27.06.2024 | 02:12 min
Sie könne deutlich mehr sowie ohne Vorbereitungen sofort und in alle Richtungen schießen, auch aus der Fahrt heraus, loben die Entwickler. Und das mit nur zwei Soldaten als Besatzung. Der von Personalsorgen geplagten ukrainischen Armee käme das wohl entgegen - sie soll im kommenden Jahr die ersten der neuen Radhaubitzen des Herstellers KNDS erhalten.
Er kenne das System "jetzt nicht im Detail", erläutert Militärexperte Franz-Stefan Gady bei ZDFheute live. "Es hat eine höhere Feuerrate und kann vielleicht von weniger Personal bedient werden".
Wichtig sei aber:
Die ukrainischen Streitkräfte an sich und jeder Soldat mit dem ich gesprochen habe, alle sind keine Fans von Radfahrzeugen, also von gepanzerten Radfahrzeugen.
Franz-Stefan Gady, Militärexperte

Hersteller verspricht Vorteile auf dem Gefechtsfeld

Der Panzerbauer KNDS verspricht der Bundeswehr und anderen Streitkräften indes Vorteile auf dem Gefechtsfeld. Auf dem Truppenübungsplatz Altengrabow in Sachsen-Anhalt wurde das Waffensystem RCH 155 gerade präsentiert.
Zwei Soldaten als Besatzung - "das ist das Minimale, was möglich ist, und es ist auch ganz gut operativ umsetzbar", erläutert Till von Westerman von KNDS Deutschland. "Im Wesentlichen ist es der Fahrer und der Geschützkommandant."

Die Lage sei angespannt, aber nicht katastrophal, schildert Militäranalyst Gady seine Eindrücke von der Front. Mit der Mobilisierung seien die nächsten Wochen entscheidend.

27.06.2024 | 31:15 min
KNDS ist ein Zusammenschluss der deutschen Traditionsfirma KMW sowie des französischen Rüstungsunternehmens Nexter und stellt auch die auf Ketten rollende Panzerhaubitze 2000 her. Diese ist in mehreren Nato-Armeen eingeführt und hat fünf Soldaten als Besatzung.
Das Waffensystem - ein schweres Geschütz auf einem gepanzerten Kettenfahrzeug - ermöglicht sehr hohe Geländegängigkeit. Allerdings ist der Transport aufwendig. Dagegen kann die neue Radhaubitze mit Tempo 100 zum Ziel gefahren werden.

Experte: Ukraine hat Erfahrung mit diesen Fahrzeugen

Dennoch: "Die Ukraine", meint Experte Gady, "ist einfach kein Einsatzgebiet wo gepanzerte Radfahrzeuge wirklich gut einsetzbar sind, weil sie sehr leicht im Schlamm versinken, sehr leicht stecken bleiben". Die ukrainischen Streitkräfte hätten "einiges an Erfahrung mit dieser Art von Fahrzeugen".
Grundsätzlich werde dort immer ein Kettenfahrzeug bevorzugt. Auch die Geschwindigkeit spiele momentan "keine wichtige Rolle". Man müsse verstehen, so Gady, dass es "momentan ein sehr statischer Krieg ist".
Die Artillerie bewegt sich fast gar nicht auf dem Schlachtfeld.
Franz-Stefan Gady, Militärexperte
Sie feuere aus "gut getarnten Stellungen und macht eben nicht dieses 'shoot and scoot', wie es im Englischen heißt". Das bedeute, man "feuert und zieht das Geschütz sofort wieder zurück in die Deckung".

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Und natürlich fährt das Geschütz nicht auf einer Straße, sondern über das Feld, also im Matsch und so. Und da braucht es ein Kettenfahrzeug.
Franz-Stefan Gady, Militärexperte

Steuerbare Munition schafft Vorteil für Gegner

Die Entwickler betonen die Fähigkeit, aus der Fahrt heraus zu schießen. Artilleriebesatzungen mit guten Systemen schafften es, binnen zwei Minuten das Gegenfeuer zu platzieren. "Wenn sie aber fahren, haben sie sich in zwei Minuten gut tausend Meter von ihrer letzten Feuerstellung entfernt und sind praktisch durch die gegnerische Artillerie nicht mehr zu treffen. Das erhöht ihre Überlebenswahrscheinlichkeit dramatisch." Werde nun moderne, steuerbare Munition ("endphasengelenkte Artillerie-Munition") verwendet, nehme der Vorteil gegenüber einem Gegner zu.
Die Radhaubitzen haben ein Gefechtsgewicht von rund 39 Tonnen und können mit aktuell verfügbarer Munition deutlich über 50 Kilometer weit schießen. Neun Schuss pro Minute seien möglich. Aktuell wird Munition entwickelt, die bald bis 70, später bis 100 Kilometer weit schießen kann. Als Grundpreis werden etwa zehn Millionen Euro genannt, variabel je nach Stückzahl und Gesamtpaket.

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Wichtige Waffe für Ukraine

2025 soll die Ukraine die ersten der neuen Radhaubitzen erhalten. Insgesamt wird dem Vernehmen nach eine Lieferung von 54 der Waffensysteme vorbereitet. Sie werden dann womöglich in eine relativ statische Gefechtslage eingeführt an einer Front, die mit Aufwand befestigt ist.
"Sie haben dort einen Todesstreifen, fast ähnlich wie im Ersten Weltkrieg, nur ist er nicht ein paar hundert Meter tief, sondern eher über 10 bis 15 Kilometer", sagt von Westerman dazu. Weitreichende Artillerie sei dann der entscheidende Faktor.
Für die Ukrainer könnte das ein entscheidendes Momentum ergeben, die Initiative wieder erneut zu ergreifen. Es ist nur ein Element, aber es könnte ein entscheidendes Element sein.
Till von Westerman, KNDS Deutschland
Alle Informationen zum Krieg in der Ukraine finden Sie hier:
Quelle: dpa, ZDF

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