: Breaking Bad in der Provinz

von Max Lebsanft und Andreas Ewels
29.09.2023 | 11:31 Uhr
Drogenmüll aus illegaler Produktion kann man schwerlich legal entsorgen. Jährlich landen so Tausende Tonnen Giftmüll in der Umwelt. Wie gefährlich ist das für Mensch und Natur?

Ecstasy, Speed, Crystal Meth: Bei der illegalen Produktion synthetischer Drogen fällt jede Menge Giftmüll an. Oft landet dieser in der Natur und wird zur Gefahr für alle Lebewesen.

01.10.2023 | 28:39 min
Wenn in der amerikanischen Erfolgsserie "Breaking Bad" die Hauptfigur Walter White vom braven Chemielehrer zum rücksichtslosen Kriminellen mutiert, dann bekommt der Normalbürger kleine Einblicke in die Welt der Drogenköche. Eine Realität, die weit weg scheint und doch so nah ist.
In den kleinen Dörfern der deutsch-niederländischen Grenzregion werden chemische Drogen produziert - mitten in der Provinz. Es lockt das schnelle Geld.
Ein weltweites Phänomen. Die Zahl der Drogenkonsumenten ist laut einem UN-Bericht binnen eines Jahrzehnts um fast ein Viertel gestiegen. Besonders die synthetischen Drogen bereiten vielen Ländern Sorgen.

Giftmüll durch Drogenproduktion

Bei der Herstellung von einem Kilogramm Amphetaminen entstehen bis zu 30 Kilogramm Giftmüll. Es handelt sich um Säuren und Basen, die unverdünnt extrem toxisch sind. Bei direktem Kontakt töten die Chemikalien Pflanzen und Mikroorganismen. Menschen können sich die Haut verätzen und Schäden an inneren Organen erleiden.
Im flämischen Kruibeke fuhren 2015 drei Kinder mit ihren Fahrrädern in einen Pool, in den Drogenköche ihren chemischen Abfall geleitet hatten. Sie erlitten schwere Verätzungen an Armen und Beinen.

Umsatz durch Drogen in Milliardenhöhe

Besonders groß ist das Problem des Drogenmülls in den Niederlanden und im belgischen Grenzgebiet. Dort befinden sich europaweit die meisten Produktionsstätten für synthetische Drogen wie Ecstasy, Speed und Crystal Meth. Jährlich machen die niederländischen Drogenkartelle einen geschätzten Umsatz von 19 Milliarden Euro. Für die Herstellung von Amphetaminen im Wert von einer Million Euro braucht ein durchschnittliches Labor nicht länger als zwei Wochen.
Drogenköche produzieren tonnenweise giftigen Müll, der illegal entsorgt wird und meist in die Umwelt gelangt. Die niederländische Polizei registriert jährlich 250 Tonnen, laut Experten dürfte es aber viel mehr sein.Quelle: ZDF
Die Folge dieser enormen Gewinne sind 250.000 Kilogramm an Drogenmüll, den die holländische Polizei jährlich registriert. Laut Experten ist das aber höchstens ein Drittel der wirklichen Abfallmenge. Der Rest versickert irgendwo unbemerkt - und verseucht die Umwelt.

Wie Drogenköche ihren Giftmüll entsorgen

Wie groß die Gefahren des Drogenmülls sind und wer alles betroffen ist, weiß allerdings keiner. Ein Grund: Es gibt zahlreiche Wege, wie die giftige Chemie in die Umwelt gelangen kann. Die Drogenköche graben Brunnenlöcher und lassen die Abfälle darin versickern. Oder sie schütten die Stoffe in die öffentliche Kanalisation.
Andere packen die mit Säuren befüllten Container in Lkw und zünden diese dann an. Oder sie mischen ihr Gift in die Gülle von bestochenen Landwirten, die sie dann auf ihren Äckern ausbringen.

Reste des Drogen-Giftmülls in der Nahrungskette

Jeder dieser Entsorgungswege führt zu unterschiedlichen Expositionen für Mensch und Natur - also unterschiedlichen Weisen, wie und wie stark Menschen und Natur dem Gift ausgesetzt sind. Eine der wenigen Studien zum Thema fand 2018 Reste des chemischen Abfalls in den Maispflanzen eines niederländischen Ackers - und damit in der Nahrungskette.
Die Konzentrationen waren in diesem Fall relativ gering. Ob das die Regel ist, weiß allerdings keiner: Folgestudien gab es nicht - und so ist unbekannt, ob die Belastung an anderen Orten nicht viel höher ausfällt.

Der Drogenkonsum nimmt zu. "Man will Spaß haben, Abenteuer erleben. Wir haben einen Krieg vor der Tür", benennt Birgit Grämke von der Koordinierungsstelle für Suchtthemen die Gründe für diese Entwicklung.

13.07.2023 | 03:54 min
Von selbst wird sich das Problem des Drogenmülls nicht lösen. Seit Jahren wächst der Markt für synthetische Drogen - und damit auch die Menge an erzeugtem Abfall. Außerdem gibt es Indizien, dass die holländische Mafia auch zunehmend im deutschen Grenzgebiet aktiv ist. Hierzulande wird bisher aber noch nicht einmal die Zahl der illegalen Müllentsorgungen, die Bürger oder Behörden entdecken konnten, zentral erfasst.

Sendehinweis planet e.

Sehen Sie die "planet e."-Doku "Umweltsünde Drogen" am 1. Oktober 2023 um 15:45 Uhr im ZDF oder in der ZDF-Mediathek.

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