: Schwere Rad-Unfälle, wenn LKW rechts abbiegen

25.08.2023 | 10:54 Uhr
Fahrradfahrer sind besonders gefährdet, wenn Lastwagen rechts abbiegen. Es gibt aber Möglichkeiten für mehr Sicherheit. Doch die werden zu wenig genutzt, wird kritisiert.
Ein "Ghost-Bike" erinnert an einen tödlichen Fahrradunfall in Frankfurt an der Europa-Allee.Quelle: dpa
Europa-Allee in Frankfurt: Ein "Ghost-Bike" erinnert an den Unfalltod eines 34-jährigen Radfahrers, der hier vor vier Jahren von einem Lastwagen beim Rechtsabbiegen erfasst und tödlich verletzt wurde. Das ausrangierte, weiß gestrichene Fahrrad dient gleichzeitig als Mahnmal. Denn solche schweren Unfälle geschehen immer wieder, bundesweit.
Vergangenes Jahr starben dabei nach einer Auswertung des Fahrrad-Verbands ADFC 19 Radfahrerinnen und Radfahrer, in diesem Jahr bis Mitte August 12. Die Zahlen seien zwar zurückgegangen, sie seien aber noch immer "unerträglich hoch", kritisiert der Verband.
Offizielle Statistiken werden zu den Unfällen nicht geführt. Nach einer Auswertung von Polizei- und Pressemeldungen des Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Clubs (ADFC) waren die jährlichen Unfallzahlen bis zum Jahr 2020 mit im Schnitt mehr als 30 getöteten Radfahrerinnen und Radfahrern noch viel höher.

Experten: Nur wenige Lastwagen haben Abbiegeassistenten

Den Rückgang führt der Verband auf die seit April 2020 geltende Pflicht für schwere Kraftfahrzeuge zur Schrittgeschwindigkeit beim Rechtsabbiegen zurück - und auf Abbiegeassistenten, die den Fahrer des Lastwagens warnen, wenn sich neben dem Fahrzeug ein Mensch befindet.

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Eine Pflicht zum Einbau dieser Technik ist beschlossen, sie tritt aber nur schrittweise in Kraft. Seit 2022 müssen die Assistenten europaweit in allen neuen Fahrzeugtypen vorhanden sein. Erst ab 7. Juli kommenden Jahres werden alle neu zugelassenen Lastwagen und Busse ab 3,5 Tonnen von der Einbau-Pflicht erfasst.
Für einen früheren Zeitpunkt gab es auf EU-Ebene keine Mehrheit.
Sprecherin des Bundesverkehrsministerium
Das Ministerium fördert den freiwilligen Einbau. Bisher seien Gelder für rund 43.500 Assistenzsysteme bewilligt worden. Nach Einschätzung des ADFC sind derzeit maximal zehn Prozent der Lkw mit der Technik ausgestattet, also neun von zehn Lastwagen ohne unterwegs.

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Ohne die Technik seien Lastwagenfahrer auf ihre Spiegel angewiesen - wie den Weitwinkel-Spiegel, in dem ein Radfahrer jedoch sehr klein erscheine, zudem müsse der Fahrer auch nach vorne schauen, sagt Unfallexperte Siegfried Brockmann. Er selbst sei als Radfahrer an Kreuzungen mit Lastwagen sehr zurückhaltend:
Ich würde immer raten, so langsam vorbei zu fahren, dass man im Zweifel noch anhalten kann.
Siegfried Brockmann, Unfallexperte

Getrennte Ampelschaltungen könnten helfen

In einem gemeinsamen Appell hatten der Bundesverband Güterverkehr, Logistik und Entsorgung (BGL) und der ADFC vor drei Jahren Politik und Unternehmen aufgefordert, den Umbau von Kreuzungen, getrennte Ampelschaltungen und die Nachrüstung mit dem Abbiegeassistenten voranzutreiben. Mit bisher nicht ausreichendem Ergebnis, wie beide Verbände kritisieren.
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Der BGL zeigt zwar Verständnis, dass der aufwendige Umbau von Kreuzungen Zeit brauche. Doch die Forderung nach zeitlich getrennten Ampelschaltungen für geradeaus Radelnde und rechtsabbiegende Lastwagen und Autos wäre laut BGL zeitnah umsetzbar - und werde dennoch ignoriert.
Auch Unfallexperte Siegfried Brockmann ist der Meinung, dass die Kommunen die Möglichkeiten bei besseren Ampelschaltungen noch zu wenig nutzen:
Da ist noch viel Luft nach oben.
Siegfried Brockmann, Unfallexperte

Radfahrer besonders gefährdet

Opfer von Rechtsabbiege-Unfällen werden in der überwiegenden Anzahl Radfahrer, wie Brockmann, Leiter der Unfallforschung der Versicherer, sagt. Fußgänger hätten immer die Chance, einen Schritt zurückzutreten. Der Radfahrer sei dagegen mit höherer Geschwindigkeit unterwegs.
Wir haben hier ein sehr großes Problem, weil der Starke und der Schwache sich unweigerlich begegnen müssen.
Siegfried Brockmann, Unfallexperte
Die meisten Unfälle geschehen Brockmanns Angaben zufolge dort, wo es keine Ampel gibt, etwa an Ein- und Ausfahrten von Tankstellen, Supermärkten und anderen Grundstücken.
Gegenmittel wären laut Brockmann bessere Sichtbeziehungen, also ein direkter Blick auf den Radweg ohne parkende Autos und Hecken. Stoppschilder, Warnschilder und Haltelinien würden die Sicherheit zusätzlich erhöhen.
Quelle: Von Isabell Scheuplein, dpa

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