: Schüsse auf Alte Synagoge in Essen

18.11.2022 | 15:19 Uhr
In Essen wurden am Morgen Einschusslöcher an der Tür eines jüdischen Kulturzentrums entdeckt. NRW-Innenminister Reul spricht von einem Anschlag.
Auf die Tür des Rabbinerhauses neben der Alten Synagoge in Essen sind mindestens vier Schüsse aus einer scharfen Waffe abgefeuert worden. Verletzt wurde niemand, wie die Polizei am Freitag mitteilte. Der Mann, der die Schüsse abgefeuert haben soll, wird noch gesucht. In dem getroffenen Gebäude ist ein Institut für deutsch-jüdische Geschichte untergebracht.

Reul spricht von Anschlag

Es grenzt direkt an die Alte Synagoge, die heute als Kulturzentrum und nicht mehr als Gotteshaus genutzt wird. Der Staatsschutz ermittelt, Nordrhein-Westfalens Innenminister Herbert Reul (CDU) sprach von einem "Anschlag". Reul versicherte, dass sich die Jüdische Gemeinde Essen darauf verlassen könne, "dass wir alles tun, um den Täter schnellstmöglich zu ermitteln".
Der Anschlag auf die Alte Synagoge in Essen erschüttert mich zutiefst.
Herbert Reul, Innenminister NRW
Die Einschusslöcher waren laut einem Polizeisprecher am Freitag gegen 8.30 Uhr von Zeugen gemeldet worden. Wann die Schüsse fielen, war zunächst unklar. "Wir gehen stark davon aus, dass es irgendwann in der Nacht war, als keiner da war", sagte der Sprecher. Es gebe Videoaufzeichnungen einer Kamera, die den Platz filme, auf denen eine Person zu sehen sei, die die Tat begangen haben soll. Laut Reul, der den Tatort besuchte, wird nach einem männlichen Tatverdächtigen gefahndet. Der Staatsschutz sei eingebunden.

Scharfe Schusswaffe war im Einsatz

Die Schüsse trafen laut dem Polizeisprecher eine verglaste Eingangstür. Der Rahmen sei beschädigt und es gebe Schüsse durch die Scheibe. Anhand der Spurenlage stehe mittlerweile fest, dass es sich um eine scharfe Schusswaffe gehandelt habe.
Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) schrieb bei Twitter, die Schüsse auf die Synagoge schockierten und entsetzten ihn. Man stehe an der Seite der Jüdinnen und Juden in NRW und schütze sie gegen Hass und Gewalt.
Tweet von Hendrik Wüst
NRW-Wirtschaftsministerin Mona Neubaur (Grüne) schrieb bei Twitter, der Vorfall führe leider erneut schmerzhaft vor Augen, "dass unsere Anstrengungen zum Schutz jüdischen Lebens nicht nachlassen dürfen".

Institut für deutsch-jüdische Geschichte im Gebäude

Das Rabbinerhaus wird laut einer Sprecherin der Stadt nicht von der jüdischen Gemeinde genutzt. Es steht - baulich nicht davon getrennt - unmittelbar neben dem Synagogengebäude. Im Rabbinerhaus sind laut der Stadt das Salomon Ludwig Steinheim-Institut für deutsch-jüdische Geschichte mit Archiv und Bibliothek sowie Räume der Universität Duisburg-Essen untergebracht. Das Salomon Ludwig Steinheim-Institut erforscht Geschichte und Kultur der Juden im deutschen Sprachraum.
Die Alte Synagoge ist heute das Haus jüdischer Kultur Essen, ein Kulturinstitut der Stadt. Gotteshaus der jüdischen Gemeinde der Stadt ist die neue Synagoge etwas außerhalb des Zentrums. In der Alten Synagoge gibt es laut einer Stadtsprecherin Ausstellungen und Veranstaltungen zur jüdischen Geschichte. Die Polizei ist wegen einer abstrakten Gefahr während der Öffnungszeiten der Alten Synagoge stets vor Ort - wie bei Objekten mit jüdischem Bezug üblich.
Essens Oberbürgermeister Thomas Kufen (CDU) äußerte sich auf Facebook: "Diese Nachricht bestürzt mich sehr!" Der Grünen-Bundestagsabgeordnete für Essen, Kai Gehring, teilte mit: "Der widerwärtige Anschlag muss schnellstmöglich und lückenlos aufgeklärt werden." Es brauche kontinuierlichen Schutz jüdischer Einrichtungen und eine konsequente, breite - zivilgesellschaftliche wie politische - Bekämpfung des Antisemitismus.

Hass gegen Juden wird in Deutschland wieder offen gezeigt: bei Demos, vor Synagogen und im Netz. Die Zahl antisemitischer Straftaten erreicht aktuell einen neuen Höchststand.

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Quelle: dpa

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