: Russland verliert fliegende Kommandozentralen

von Christian Mölling und András Rácz
18.01.2024 | 14:39 Uhr
Russland verliert ein Radarflugzeug und einen fliegenden Gefechtsstand. Die Ukraine soll Patriots für den Angriff eingesetzt haben. Das bringt Russland in Schwierigkeiten.
Am 14. Januar gelang es der Ukraine ein russisches Aufklärungsflugzeug A50 abzuschießen, eine Maschine, die als sehr wertvoll für das russische Militär gilt.Quelle: ap
Am 14. Januar gelang es der ukrainischen Flugabwehr, zwei besondere russische Flugzeuge über dem Asowschen Meer abzuschießen. Das eine wurde zerstört, das andere schwer beschädigt.
Wie genau es die Ukraine geschafft hat, die beiden Flugzeuge zu treffen, ist noch unklar. Beide Treffer fanden weit hinter der Frontlinie statt: etwa 100 bis 120 Kilometern entfernt.

Russland hat seine Angriffe auf die Ukraine zuletzt massiv verstärkt. Vor allem Zivilisten leiden. Manche Ukrainer treten Freiwilligenbrigaden bei, um ihr Land zu verteidigen.

17.01.2024 | 06:24 min

Ukraine könnte verschiedene Technologien kombiniert haben

Eine mögliche, wenn auch offiziell noch nicht bestätigte Variante ist, dass es der Ukraine gelungen ist, eine von den USA gelieferte Patriot-Luftabwehrrakete mit einem alten, ehemaligen sowjetischen Langstreckenradar zu kombinieren. Laut dieser Information wurde die Patriot-Startrampe in die Nähe der Frontlinie gebracht.
Die A50 sind die seltensten und möglicherweise wertvollsten Maschinen der russischen Luft- und Raumfahrtstreitkräfte. Weniger als zehn Exemplare sind noch einsatzbereit, und ein einziges Exemplar kostet rund drei- bis vierhundert Millionen US-Dollar.
Das Flugzeug fungiert als luftgestütztes Langstreckenradar und auch als Gefechtsstand. Es ist in der Lage, Flugzeuge aus einer Entfernung von mehr als 300 Kilometern zu verfolgen und die Operationen der eigenen Flugzeuge und Luftverteidigungskräfte zu leiten.

Die Nato müsse auf einen Krieg mit Russland vorbereitet sein, so Politikwissenschaftler Hoffmann. Moskau denke über solche Szenarien nach – dem müsse effektiv begegnet werden.

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Russland hat schon eines der wertvollen Flugzeuge verloren

Die A50 fliegen mit einer Besatzung von 15 bis 20 Personen, die sich aus hochspezialisierten Radarbedienern zusammensetzt. Von der abgeschossenen A50 wurden keine Überlebenden gemeldet. Dies ist die zweite A50, die während des Krieges getroffen wurde: Eine weitere wurde im Frühjahr 2023 von belarussischen Partisanen beschädigt.
Ein weiteres seltenes Flugzeug, eine Iljuschin Il-22M11, wurde etwa zur gleichen Zeit getroffen. Ihr dringender Funkspruch um medizinische Hilfe und Feuerwehrleute zum nächstgelegenen Flughafen von Anapa wurde abgefangen und veröffentlicht.
Schließlich gelang es der Iljuschin zu landen. Aber zwei der Besatzungsmitglieder wurden Berichten zufolge getötet, andere verwundet. Nach dem vorliegenden Bildmaterial wurde das Flugzeug schwer beschädigt, höchstwahrscheinlich durch Fragmente einer schweren Luftabwehrrakete.

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Getroffene Maschine dürfte für Russland verloren sein

Angesichts des historischen Charakters des Flugzeugs - ein Entwurf aus den späten 1950er Jahren - ist es unwahrscheinlich, dass das beschädigte Flugzeug in absehbarer Zeit wieder flugfähig gemacht werden kann.

Christian Mölling...

...ist Forschungsdirektor der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP) in Berlin und leitet dort das Programm Sicherheit, Verteidigung und Rüstung. Er forscht und publiziert seit über 20 Jahren zu den Themenkomplexen Sicherheit und Verteidigung, Rüstung und Technologie, Stabilisierung und Krisenmanagement. Für ZDFheute analysiert er regelmäßig die militärischen Entwicklungen im Ukraine-Konflikt.

András Rácz...

Quelle: DGAP
...ist Associate Fellow im Programm Sicherheit und Verteidigung der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP) in Berlin. Er forscht und publiziert zu Streitkräften in Osteuropa und Russland und hybrider Kriegsführung.
Russland verfügte vor dem Krieg wohl über zehn bis zwölf einsatzbereite Il-22M-Gefechtsstände. Einer davon wurde im Juni 2023 während des Putschversuchs der Wagner-Gruppe versehentlich abgeschossen, und nun ist ein zweiter außer Dienst, was einen weiteren schweren Verlust darstellt.
Unabhängig von der genauen Art und Weise, wie die Ukraine die beiden Flugzeuge getroffen hat, ist die Wirkung das Wichtigste. Die Ereignisse haben zwei Hauptauswirkungen. Die erste ist natürlich der schmerzliche Verlust von wertvollen Flugzeugen und hochqualifiziertem Personal.

Die Ukraine hat Wirkungstreffer gelandet

Es ist unwahrscheinlich, dass Russland in absehbarer Zeit eines der beiden Flugzeuge ersetzen kann. Russlands luftgestützte Überwachungs- und Führungsfähigkeiten haben somit einen erheblichen und nicht wieder gutzumachenden Schaden erlitten.
Von nun an wird Moskau einen weiteren seiner verbleibenden etwa acht A50 zur Unterstützung der Operationen gegen die Ukraine umleiten müssen - der Preis ist eine Schwächung seiner Luftstreitkräfte an anderer Stelle.

Die Ukraine sei auf westliche Unterstützung angewiesen, berichtet ZDF-Reporterin Alica Jung. Der ukrainischen Luftwaffe fehle zunehmend Munition, um russische Raketen abzufangen.

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Die russische Luftwaffe ist verunsichert

Der zweite Effekt ist sogar noch wichtiger. Da Russland nicht sicher sein kann, ob die Ukraine in der Lage sein wird, den Überraschungsangriff zu wiederholen, wird Moskau seine verbliebenen A50 und Il-22 noch vorsichtiger einsetzen müssen, das heißt viel weiter weg von der Frontlinie. Dies wird ihre Effizienz sowohl bei der Überwachung als auch bei der Führung verringern.
Außerdem darf man nicht vergessen, dass es der Ukraine etwa um Weihnachten vergangenen Jahres herum gelungen ist, drei Sukhoi Su-34-Bomber abzuschießen, vermutlich ebenfalls mit einem verdeckt verlegten Patriot-System.

Ein Scheitern von Putins Winteroffensive werde diskutiert. Unklar sei aber, welche Züge beide Seiten mit Hilfe ihrer Verbündeten noch machen können, erklärt Christian Mölling.

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Daher werden auch die anderen russischen Flugzeuge noch vorsichtiger fliegen und weniger Zeit in der Nähe der Frontlinie verbringen müssen, da die Gefahr besteht, dass die Ukraine nun in der Lage ist, Überraschungsangriffe mit Luftabwehrraketen durchzuführen.
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