: Klimawandel: Das Ende des Skitourismus?

von Luis Jachmann, Frankreich
25.03.2024 | 17:15 Uhr
Wenig Schnee, milde Temperaturen: Skipisten-Betreiber in Frankreich fürchten um ihre Existenz. Ein Forscher rät: Künftig sollten sie auf alternative Geschäftsmodelle setzen.
In Frankreich mussten Skistationen wegen zu wenig Schnee schon vor der Hauptsaison schließen.
Die Skistation "Col de Porte" in den französischen Voralpen nahe Grenoble empfängt an einem Vormittag im März lediglich eine einzige Schulklasse - zum Rodeln. Die Skisaison ist hier auf 1.300 Höhenmetern bereits seit Februar frühzeitig beendet.
Der Winter ist für uns katastrophal gelaufen.
Didier Bic, Betreiber der Skistation "Col de Porte"
Die Station sei eine der ersten in Frankreich, die im Dezember die Saison eröffnet hatten, so Betreiber Didier Bic. "Anfang Februar aber mussten wir dann schon schließen - ausgerechnet vor der Hauptsaison, die wir verpasst haben", klagt Bic, der die Station seit 2015 betreibt.

Kaum Schnee in den Skigebieten

Während der Winterferien im Februar, traditionell die umsatzstärkste Phase, blieb der Schnee aus. Zwanzig Zentimeter seien mindestens notwendig, um die Pisten für die Abfahrt zu präparieren, sagt Bic. Im März liegen in diesem Jahr maximal zehn Zentimeter Schnee - zu wenig, um nochmal mehrere Tage zu öffnen.
Für die ganze Region sei das verfrühte Ende der Skisaison ein herber Rückschlag - nicht nur für die Betreiber, so Didier Bic: "Die Hälfte der Menschen rund um Grenoble haben hier das Skifahren gelernt. Von dort aus ist unsere Station mit einem Linienbus gut erreichbar." Familien mit schmalem Geldbeutel können ihre Kinder nicht in die teuren Skischulen in höheren Lagen schicken - dorthin, wo ausreichend Schnee liegt.

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Klimakrise trifft Skipisten in Frankreich

Im französischen Mittelgebirge zeichnet sich längst ab, dass 2024 keine Ausnahme bleibt. Klimaforscher Gerhard Krinner von der Universität Grenoble sieht eine klare Tendenz: "Die Dauer der Schneedecke ist zuletzt um bis zu 6 Prozent pro Jahrzehnt zurückgegangen." In tieferen Lagen werde der Effekt verstärkt, so Krinner.
Wenn der Schnee verschwindet, wird es wärmer.
Gerhard Krinner, Klimaforscher
Das erhöhe die Temperatur zusätzlich zu den ohnehin steigenden Werten, erklärt Krinner. Der Klimawandel treffe die Winterorte in den Voralpen mit voller Wucht.

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Schneekanonen keine Alternative für Betreiber

Auch Kunstschnee helfe dann nicht weiter, wenn die Temperaturen nachts über dem Gefrierpunkt bleiben, so Krinner. Zumal Schneekanonen eine kostspielige Investition sind. Die Betreiber der Skistation in Planolet, ebenfalls nahe Grenoble, haben zwei. Doch seit Anfang März sind die Kanonen außer Betrieb. So weit das Auge reicht: sattes Grün.
Nördlich von Grenoble liegt nur in hohen Lagen Schnee.
Auch der stillstehende Skilift erinnert an bessere Zeiten. Erst vergangenes Jahr hatten Eigentümer hiesiger Betriebe sich zu einem Kollektiv zusammengeschlossen und die Station von der Kommune übernommen. In der Wintersaison 2023 reichte der Schnee, um ein paar Tage zu öffnen. "Wir müssen einsehen, dass es Durststrecken gibt. In diesen Phasen müssen wir Aktivitäten finden, die ergänzend zum Skitourismus sind", sagt Yann Daniel vom Kollektiv. Doch eine Lösung, wie diese Aktivitäten aussehen könnten, hat er noch nicht.

Schließungen als Auswirkung der Klimakrise

Sozialgeograf Pierre-Alexandre Metral forscht zur Zukunft des Skitourismus in Frankreich. Über 30 Prozent aller Pisten haben ihm zufolge in den letzten Jahren schließen müssen - vor allem in tiefen und mittelhohen Lagen. Viele von ihnen habe ein Schicksal ereilt, das auch in Planolet droht: Der Betrieb war nicht mehr rentabel - zu wenig Schnee, zu hohe Kosten, zu wenig Touristen.

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Der Wissenschaftler plädiert dafür, sich ohne Illusionen und pragmatisch mit der Zukunft zu befassen: "Die kleinen Skistationen können mit den großen Tourismus-Magneten nicht mehr mithalten. Durch den ausbleibenden Schnee wird das noch verstärkt. Anstatt zu sagen: 'Wir investieren und halten den ganzen Apparat am Laufen und stürzen uns ins Risiko', sollten kleine Stationen das Ende des Skibetriebs vorbereiten", sagt Metral.
Mit genügend Vorlauf sei dann auch der Wandel zu einem Ort, der Tourismus auf andere Weise weiterschreibt, möglich, meint Metral - etwa als Naherholungsort mit attraktiven Wanderpfaden im Sommer und im Winter. Après-Ski heißt dieser Strukturwandel im Französischen, ohne Ironie. In den Voralpen bekommt der Begriff in Zeiten der Klimakrise eine ganz neue Dynamik.

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