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: Ukraine-Hilfe: Wie Europa die USA überholt

von Petra Riffel, Kathrin Wolff, Benno Krieger
16.02.2024 | 06:00 Uhr
Wer hilft der Ukraine wie viel? Seit Kriegsbeginn wird darum gerungen. Neue Zahlen zeigen jetzt, wie deutlich die EU den einstigen Vorreiter USA überholt hat.

Ein Überblick über die militärischen Ukraine-Hilfen der vergangenen zwei Jahre.

16.02.2024 | 01:41 min
Seit nun fast zwei Jahren beschäftigen sich Christoph Trebesch, Forschungsdirektor am Internationalen Institut für Weltwirtschaft in Kiel (IfW), und sein Team mit der Datenbank "Ukraine Support Tracker". Sie ermitteln und präsentieren Zahlen zu den Hilfslieferungen an die Ukraine - mit Fokus auf die westlichen Staaten der G7 und die Europäische Union.
In der heute veröffentlichten Aktualisierung zeigen die Daten der Kieler: Die Mittel aus dem letzten US-Hilfspaket von Ende 2022 sind fast ausgeschöpft - aber neue Hilfen sind nicht in Sicht.
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Verzögerung bei der tatsächlichen Lieferung

Bei der Hilfe der EU und ihren Mitgliedsländern besteht eine große Lücke zwischen zugesagten und konkret zugeteilten Hilfsleistungen, wodurch die Lieferungen als sicher gelten. Insgesamt 144 Milliarden Euro wurden zugesagt. Wirklich ausgezahlt oder zumindest konkret Projekten oder Bereichen zugeteilt wurden aber nur 77 Milliarden.
Dabei sind die USA und EU-Institutionen seit Kriegsbeginn die größten Geldgeber. Nur, dass jetzt die Europäische Union - zusätzliche Hilfen durch einzelne Mitgliedsländer nicht mitgerechnet - mit Zusagen von mehr als 80 Milliarden Euro deutlich vor den USA liegt. Vor einem Jahr lag die USA noch vorne. Ein Ausfall der USA wäre verheerend.

Die Nato-Verteidigungsminister haben heute beraten, wer einspringt, wenn Milliardenhilfen der USA ausbleiben. Der ukrainische Präsident Selenskyj besucht morgen Berlin und Paris.

15.02.2024 | 01:45 min
"Europa wird seine derzeitige militärische Unterstützung verdoppeln müssen, falls die Vereinigten Staaten keine weiteren Hilfen leisten", sagt Christoph Trebesch, Leiter des Ukraine Support Trackers. "Das ist eine Herausforderung, aber letztlich eine Frage des politischen Willens." Deutschland ist nach wie vor der größte europäische Einzel-Geber von Militärhilfen mit einem Gesamtvolumen von rund 18 Milliarden Euro.
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Die Forscher setzen die absoluten Zahlen der Hilfe auch in Bezug zum Bruttoinlandsprodukt (BIP), also zur Wirtschaftskraft des jeweiligen Landes. Dabei rücken die nordischen Länder in den Vordergrund: Estland, Dänemark und Litauen. Vor allem Dänemark hat das Volumen seiner Ukraine-Fonds 2023 deutlich erhöht, um 3,5 Milliarden Euro. Damit ist das Land gemessen am BIP einer der größten Unterstützer (3,1 Prozent). Im Vergleich liegt Deutschland bei 1,1 Prozent und die USA bei 0,3 Prozent.
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Sowohl bei den zugesagten als auch bei den konkret zugeteilten Hilfszahlungen liegen die großen Volkswirtschaften Frankreich, Spanien und Italien im europäischen Vergleich zurück.
Während Deutschland laut dem IfW die Ukraine seit Kriegsbeginn mit knapp 14 Milliarden Euro tatsächlich geleisteten Hilfszahlungen unterstützt hat, haben Frankreich (1,84 Milliarden Euro), Italien (1,30 Milliarden Euro) und Spanien (0,93 Milliarden Euro) deutlich weniger Hilfszahlungen geleistet.

Warum Italien, Spanien und Frankreich weniger zahlen

In Italien und Spanien wird die "Zurückhaltung" vor allem damit begründet, dass der Militärhaushalt der beiden Nationen verhältnismäßig klein ist. "Obwohl der spanische Verteidigungshaushalt seit dem Ukraine-Krieg erhöht wurde, ist er seit 2008 sehr stark zurückgegangen. Es konnten daher nicht mehr Militärgüter geliefert werden, ohne Spaniens Reserven zu gefährden. Außerdem ist der linke Koalitionspartner Sumar in der spanischen Regierung gegen eine Erhöhung des Militärhaushaltes - und auch gegen Waffenlieferungen an die Ukraine", sagt der spanische Politikwissenschaftler José Ignacio Torreblanca.

Die Lage an der Front in der Ostukraine wird schwieriger, vielerorts gehen Munition und Waffen aus. Die 44. Brigade soll bald in die umkämpfte Region bei Kupjansk verlegt werden.

15.02.2024 | 01:32 min

Frankreich argumentiert mit Qualität seiner Hilfen

In Frankreich werden die Zahlen des IfW kritisch gesehen. Guntram Wolff von der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP) räumt diesbezüglich ein, dass die Hilfszahlungen der einzelnen Länder die Hilfen durch EU-Institutionen nicht berücksichtigen, wobei Frankreich dort einen erheblichen Beitrag leistet.
Französische Politiker argumentieren zudem mit der Qualität ihrer Hilfen. Sie weisen darauf hin, dass beispielsweise ihre Scalp-Raketen eine besondere strategische Rolle spielen.

"Der Trumpismus breitet sich aus" erklärt Michael Roth (SPD), Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses. "Wenn die USA ausfallen sollte, wird das ganz schwierig [für die Ukraine]."

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Trotzdem schätzt Wolff die militärischen Hilfen Frankreichs als "gering" ein. "In der Summe wird die Notwendigkeit und der Druck steigen, dass Frankreich mehr liefert. Die Ukraine benötigt Waffen und die osteuropäischen Länder können nicht zu viel liefern, ohne selber verwundbar zu werden."

Italien mit neuem Hilfspaket

Zumindest Italiens Militärhilfen könnten bald steigen. In der vergangenen Woche hat das Parlament ein umfangreiches Hilfspaket mit großer Mehrheit auf den Weg gebracht. Die italienische Regierungschefin Giorgia Meloni zeigte sich auch in der Vergangenheit stets solidarisch mit der Ukraine.
Redaktion: Kevin Schubert
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