: Stiftungs-Förderung: Karlsruhe gibt AfD Recht

von Christoph Schneider
22.02.2023 | 16:53 Uhr
Dass die AfD-nahe Desiderius-Erasmus-Stiftung keine staatlichen Fördermitteln bekommt, ist verfassungswidrig: Es fehlt an einem Gesetz. Die Koalition will rasch handeln.
Nicht nur zahlreiche AfD-Vertreter - auch die Vorsitzende der AfD-nahen Desiderius-Erasmus-Stiftung (DES), Erika Steinbach, ist zur Urteilsverkündung nach Karlsruhe gekommen. Als die Vizepräsidentin des Bundesverfassungsgerichts und Vorsitzende des Zweiten Senat, Doris König, pünktlich um 10 Uhr nach der Feststellung der Anwesenheit den Urteilstenor verliest, ist die Zufriedenheit auf der Antragstellerseite, der AfD, groß.
Die Antragstellerin wird in ihrem Recht auf Chancengleichheit im politischen Wettbewerb aus Artikel 21 Absatz 1 Satz 1 Grundgesetz verletzt, weil das Haushaltsgesetz 2019 die Gewährung von Globalzuschüssen an politische Stiftungen ermöglicht, ohne dass dem ein gesondertes Parlamentsgesetz zugrunde liegt.
Doris König, Vorsitzende des Zweiten Senats
Das betonte König in den Vorbemerkungen zum Urteil.

Bisher übliche Praxis genügt nicht

Das heißt die bisher übliche Praxis, dass allein der Haushaltsausschuss des Bundestags jährlich über Fördergelder für die parteinahen Stiftungen befindet, ist unzureichend. Denn es brauche eine eindeutige, klare gesetzliche Grundlage für die Vergabe der Gelder, so das Bundesverfassungsgericht. (Az. 2 BvE 3/19)
Einen ebenso unaufgeregten wie genauen Blick ins Innere der AfD wirft der Dokumentarfilm "Eine deutsche Partei":
Anders als die anderen sechs parteinahen Stiftungen der im Bundestag vertretenen Parteien
  • CDU: Konrad-Adenauer-Stiftung
  • CSU: Hanns-Seidel-Stiftung
  • SPD: Friedrich-Ebert-Stiftung
  • FDP: Friedrich-Naumann-Stiftung
  • B‘90/Die Grünen: Heinrich-Böll-Stiftung
  • Die Linke: Rosa-Luxemburg-Stiftung
erhielt bisher die von der AfD 2018 anerkannte DES keine Zuschüsse aus dem Bundeshaushalt. So hatte es der Haushaltsausschuss aus unterschiedlichen Gründen Jahr um Jahr beschlossen, um dann für 2022 neu festzulegen, dass man Fördergelder nur erhalten könne, wenn die Stiftung die freiheitlich demokratische Grundordnung des Grundgesetzes gewährleiste.

AfD begrüßt Entscheidung

Bis auf den Förderantrag des Jahres 2019 wurden alle anderen Anträge der AfD als unzulässig abgewiesen. Abgetrennt wurde der Antrag für das Jahr 2022, weil dieser erst spät gestellt wurde und die Gegenseite - der Deutsche Bundestag - nicht ausreichend Zeit hatte, um darauf zu reagieren.
Die AfD ist gerade zehn Jahre alt geworden. Das sagen die Gründer über die Partei:

31.01.2023 | 13:31 min
Mariana Harder-Kühnel, Bundestagsabgeordnete der AfD, begrüßt die Entscheidung und sagt nach dem Urteil:
Die vielen hundert Millionen, 660 Millionen Euro im Jahr, können jetzt nicht mehr in irgendwelchen Stiftungsgesprächen im Hinterzimmer vergeben werden, sondern müssen ganz klaren gesetzlichen Regelungen folgen. Das ist ein guter Tag für die Demokratie in Deutschland.
Mariana Harder-Kühnel (AfD), Bundestagsabgeordnete
Für die FDP kommentiert der Bundestagsabgeordnete Thorsten Lieb das Urteil, das er nach seinen Worten so erwartet hatte:
Jetzt ist der Ball im Spielfeld des Parlaments, d.h. wir werden uns jetzt nicht nur darum bemühen, sondern wir werden zeitnah einen Vorschlag erarbeiten, wie wir das gesetzlich umsetzen.
Thorsten Lieb (FDP), Bundestagsabgeordneter

Mögliche Nachzahlungen ungeklärt

Offen bleibt nach der Entscheidung, ob die AfD nun konkrete Nachzahlungen für das Jahr 2019 bekommt, was die Verfassungsrichterinnen und -richter nicht entschieden haben. Die AfD geht von einer Nachzahlung aus - konkret gehe es um sogenannte Globalzuschüsse von 900.000 Euro. Das sagte der stellvertretende AfD-Bundessprecher Peter Boehringer gegenüber der Nachrichtenagentur dpa.
Nun ist der Gesetzgeber gefordert, eine eindeutige gesetzliche Regelung zu treffen. Eine solche Normierung kann durchaus auch den Schutz der freiheitlichen demokratischen Grundordnung vorsehen und bei Vorliegen oder Fehlen bestimmter Voraussetzungen einzelne Stiftungen auch von der Förderung ausschließen. Eines ist aber nach dieser grundsätzlichen Entscheidung klar: Ohne ein förmliches Gesetz dürfen jedenfalls künftig globale Stiftungsgelder nicht mehr verteilt werden.
Christoph Schneider ist Redakteur in der Fachredaktion Recht & Justiz des ZDF

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