: Eskalieren die Bauernproteste?

von Kai Niklasch, David Römhild
09.02.2024 | 19:14 Uhr
Baumstämme auf der A2, blockierte Hafenzufahrten in Bremerhaven und Proteste gegen Medienunternehmen. Wie stehen Landwirtschaftsverbände zu solchen sponanten Demonstrationen?
Bereits Anfang Januar blockierten Landwirte Zugangsstraßen zum Containerterminal in Bremerhaven.Quelle: dpa
Anfang Februar musste die A2 bei Braunschweig für knapp acht Stunden gesperrt werden. Trecker hatten dort Mist, Baumstämme und Reifen auf die Fahrbahn geworfen. "Das war enorm gefährlich", urteilte Polizeisprecher Malte Jansen. Schließlich seien die Autobahnen schon in der morgendlichen Dunkelheit stark befahren.

Wie sich die Bauernproteste organisieren

Ebenfalls Anfang Februar blockieren ungefähr 80 Landwirte bei einer nicht genehmigten Demonstration in Bremerhaven Hafenzufahrten. Als sie sich weigern die Blockade aufzugeben, zerschlägt die Polizei mit einem Großaufgebot die nicht genehmigte Veranstaltung, erteilt Platzverweise.

Auch in Spanien gehen die Bauern auf die Straße und fordern unter anderem die Beibehaltung der Steuerermäßigung für Agrardiesel und strengere Kontrollen für Importe aus Nicht-EU-Ländern.

09.02.2024 | 01:44 min
Landwirt Kai Bartels sagte gegenüber der ARD, wie sich die Proteste formieren: "Das ist ganz einfach von unten heraus. Wir haben keinen Verband und keine Vereinigung oder so was. Man spricht mit Verwandten, mit Bekannten und geht in eine WhatsApp-Gruppe, bei der sich ein paar Leute zusammengefunden haben."

Landwirte kippen Mist vor "Nordsee-Zeitung"

Eine neue Stufe der Eskalation stellen auch die Angriffe auf die Pressefreiheit dar. In der Nacht zum 8. Februar kippen Landwirte Mist vor die Tore der "Nordsee-Zeitung" in Bremerhaven und behindern die Auslieferung des Blattes, weil sie mit der Berichterstattung der Zeitung offenbar nicht zufrieden sind.
Heute Nacht wurde erneut eine Grenze in Bremerhaven überschritten. Wer die Berichterstattung in einer Zeitung durch die Blockade eines Druckhauses zu verhindern sucht, greift die Pressefreiheit an.
Ulrich Mäurer, Innensenator Bremen
"Wir werden es nicht zulassen, dass die Pressefreiheit durch eine kleine Gruppe von offenbar radikalisierten Bauernvertretern unterminiert wird", so Mäurer weiter.

Bauernverband unterstützt Proteste gegen Medienhäuser nicht

Ähnliches erlebten bereits die Blattmacher der Allgäuer Zeitung. Die Landwirte, laut Polizei zirka 400, kommen mit Traktoren und Autos vor das Medienzentrum in Kempten. Ihre Proteste richten sich gegen die Agrarpolitik und die Berichterstattung in Medien.

Die Ampel-Parteien wollen die Landwirtschaft strukturell entlasten. Die Abschaffung der Steuervergünstigung für Agrardiesel aber komme, so Finanzminister Lindner bei den Protesten.

15.01.2024 | 03:33 min
Der Deutsche Bauernverband stellt daraufhin zur Presse- und Meinungsfreiheit klar: "Aktionen, die sie einschränken oder eine freie, unabhängige Berichterstattung behindern, sind inakzeptabel und können nicht toleriert werden."

Unangemeldete Protestaktionen verhindern

So sieht es auch das "Landvolk Mittelweser" bei der heutigen Bauern-Demonstration in Bremen. Unangemeldeten Protestaktionen, wie denen in Bremerhaven, versuche sein Verband entgegenzuwirken, wenn er im Vorfeld davon erführe, so Christoph Klomburg, Vorsitzender des Landvolks Mittelweser gegenüber dem ZDF.
Das ist nicht die richtige Form. So werden wir das nicht bis zum Ende durchhalten, dann verlieren wir die komplette Rückendeckung der Bevölkerung […] und das wollen wir unbedingt vermeiden
Christoph Klomburg, Vorsitzender Landvolk Mittelweser

Werden Proteste der Bauern unterwandert?

Er protestiert an diesem Freitag mit knapp einem Dutzend Mitstreitern am Rande des Besuchs von Bundespräsident Steinmeier, der zur Schaffermahlzeit, einem jährlich stattfindenden Festmahl, in der Hansestadt weilte.

Online behaupten Rechtsextreme, sie würden die Bauernproteste steuern - mit dem Erfolg, dass Politiker Bauern auffordern, sich zu distanzieren.

14.01.2024 | 03:35 min
Das sich unter die Demonstrierenden in Bremen offenbar auch Menschen mischen, die der Reichbürger- oder Querdenker-Szene angehören könnten, frustriert den Landwirt.
Wir sind Bauern, wir sind Landwirte und unser Thema ist uns hier wichtig und keine politischen Umsturzfantasien, die hier vielleicht manche auch noch rumbringen.
Christoph Klomburg, Vorsitzender Landvolk Mittelweser
Sein Verband wolle nicht "Steigbügelhalter für andere" und deren Inhalte sein, so Klomburg weiter.
Kai Niklasch ist Leiter des ZDF-Landesstudios Bremen. David Römhild ist dort Redakteur.

Mehr zu Bauernprotesten