: Nazi-Zeit: Welche Parolen strafbar sind

von Virginia Baumbach
03.05.2024 | 09:43 Uhr
Der Prozess gegen AfD-Politiker Björn Höcke geht weiter - ihm wird vorgeworfen, eine strafbare NS-Parole verwendet zu haben. Was ist verboten und was nicht? Ein Überblick.
Sprüche aus der NS-Zeit wie "Arbeit macht frei", der als Schriftzug am Eingang des KZ Auschwitz steht, sind umstritten und teils verboten. (Symbolbild)Quelle: picture alliance/SZ Photo/Olaf Schülke
Es ist nicht das erste Mal, dass Björn Höcke vorgeworfen wird, sich nationalsozialistischen Vokabulars zu bedienen. Im September 2021 und zuletzt auch im Dezember 2023 soll der AfD-Politiker im Rahmen eines Wahlkampfs den Slogan "Alles für Deutschland" verwendet haben. Nun muss er sich vor Gericht verantworten, doch der ehemalige Geschichtslehrer bestreitet, gewusst zu haben, dass es sich um eine verbotene Parole handelte.
Er habe nicht gewusst, dass die Parole verboten sei. Bereits 2006 wurde die Strafbarkeit dieser Parole durch das Oberlandesgericht Hamm gerichtlich festgestellt, denn es handele sich um die Losung der Sturmabteilung (SA). Björn Höcke droht nun eine Geldstrafe.

Die Grenzen des Sagbaren: Was sagt das Strafgesetzbuch?

Vor dem Hintergrund der verfassungsrechtlich geschützten Meinungsfreiheit sind die Grenzen des Sagbaren weit gesteckt. Das bedeutet jedoch nicht, dass es sie nicht gibt. Insbesondere das Strafgesetzbuch (StGB) enthält Regelungen, um extremistischer Sprache entgegenzuwirken. Im Fall Höcke kommt konkret eine Strafbarkeit nach § 86a StGB in Betracht.

Am Landgericht Halle beginnt der Prozess gegen Thüringens AfD-Chef Björn Höcke. Ihm wird vorgeworfen, eine verbotene Parole der Sturmabteilung (SA) der NSDAP verwendet zu haben.

18.04.2024 | 03:00 min
Der Paragraf stellt das Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger und terroristischer Organisationen unter Strafe, wozu auch Parolen und Grußformeln wie "Alles für Deutschland" gehören. Im Einzelfall kann auch der Tatbestand der Volksverhetzung oder Ehrverletzungstatbestände - wie z.B. Beleidigungsdelikte - erfüllt sein.
Schutzzweck dieser Regelungen ist die Aufrechterhaltung des öffentlichen Friedens und der verfassungsmäßigen Grundordnung. Doch auch die Würde der Betroffenen soll vor Verletzungen gewahrt werden. Dazu ist es nötig, nationalsozialistische Ausdrücke aus dem allgemeinen Sprachgebrauch zu verbannen.

Zur Strafbarkeit der Parolen: "Heil Hitler", "Deutschland erwache"

Neben das Verbot der Verwendung und Verbreitung nationalsozialistischer Symbole (Hakenkreuze, SS-Totenköpfe etc.) tritt eine Vielzahl verbotener nationalsozialistisch geprägter Ausdrucksweisen, die sowohl Grußformeln als auch Parolen umfassen.

Die verbotene Losung der SA sei nur dann strafbar, wenn man sie vorsätzlich verwende, um an die NS-Zeit anzuknüpfen, so ZDF-Rechtsexpertin Sarah Tacke.

18.04.2024 | 02:04 min
Das Spektrum reicht dabei von der Massenparole "Sieg Heil" oder der Grußformel "Heil Hitler" bis hin zu weniger bekannten Losungen wie "Blut und Ehre" der Hitlerjugend. Auch die briefliche Grußformel "mit deutschem Gruß" gehört zu den verbotenen Parolen.
Hinzu kommen die Losungen "Deutschland erwache" (NSDAP), "Ein Volk, ein Reich, ein Führer (allgemeine Parteilosung) und "Meine Ehre heißt Treue" (SS). Anders verhält es sich hingegen mit Sprüchen wie "Klagt nicht, kämpft" oder "Hier marschiert der Widerstand". Diese Parolen werden zwar regelmäßig, aber nicht ausschließlich in der rechtsextremen Szene verwendet - und sind daher straffrei.

NS-Vokabular in Werbung und im Alltag

Besondere Aufmerksamkeit verdient der Umstand, dass sich der nationalsozialistische Wortschatz auch in einer weniger offensichtlichen Form bemerkbar machen kann. Es fällt auf, dass nationalsozialistisch konnotierte Begriffe auch vereinzelt unterbewusst in den allgemeinen Sprachgebrauch einfließen.

Das Gericht müsse feststellen, ob die von Höcke verwendete, leicht abgewandelte SA-Parole „erlaubt und von der Meinungsfreiheit gedeckt“ sei, so ZDF-Reporterin Ann-Kathrin Jeske in Halle (Saale).

18.04.2024 | 02:19 min
So nutzten Unternehmen wie Tchibo und Esso (2009) oder Peek & Cloppenburg (Hamburg, 2018) den Werbeslogan "Jedem das Seine". Dieser Spruch ist auf dem Eingangstor des Konzentrationslagers Buchenwald angebracht. Beides sorgte für Aufregung. Tchibo und Esso stoppten die Kampagne, Peek & Cloppenburg entschuldigte sich und sprach von einer "verbalen Ungeschicklichkeit".
Doch auch alltägliche Begriffe wie beispielsweise "betreuen" wurden während des NS-Regimes zu eigenen Zwecken als Tarnwort für Mord missbraucht. Heute hat das Wort diese Bedeutung verloren.
Virginia Baumbach arbeitet in der ZDF-Fachredaktion Recht & Justiz.

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