: Weitere gefasste Person kein RAF-Terrorist

28.02.2024 | 10:42 Uhr
Bei dem Mann, der im Zuge der Verhaftung von RAF-Terroristin Klette festgenommen wurde, handelt es nicht um einen gesuchten Terroristen. Er wurde laut LKA auf freien Fuß gesetzt.

Nach der Festnahme von Ex-RAF-Terroristin Klette hat die Polizei die Identität eines weiteren Festgenommenen geprüft. Nun ist klar, dass er keiner der gesuchten Terroristen ist.

28.02.2024 | 00:26 min
Nach der zweiten Festnahme im Fall um die Terroristin der Rote Armee Fraktion (RAF) Daniela Klette ist der Verdächtige wieder freigelassen worden. Wie das Landeskriminalamt in Hannover mitteilte, handelt es sich zweifelsfrei nicht um einen der beiden noch flüchtigen Straftäter aus dem Bereich der RAF.
Die Fahndungsmaßnahmen nach den beiden mutmaßlichen Terroristen Ernst-Volker Staub und Burkhard Garweg dauerten an.

Die dritte Generation der RAF, zu der auch die festgenommene Daniela Klette gehörte, sei "im Grunde eine Gruppe von Mördern gewesen", sagt RAF-Experte Stefan Aust im ZDF-Interview.

28.02.2024 | 04:48 min

Klette sitzt in U-Haft

Klette wurde den niedersächsischen Ermittlern zufolge nach einem nicht näher beschriebenen Hinweis von Zielfahndern in einer Wohnung in Berlin angetroffen und wies sich gegenüber den Beamten mit einem gefälschten ausländischen Pass samt falscher Personalien aus.
Sie wurde festgenommen und anschließend durch Fingerabdrücke identifiziert. Sie sitze nun in Untersuchungshaft, wie das Landeskriminalamt Niedersachsen in Hannover bestätigte.

Anschläge, Raubzüge, Morde: Über 20 Jahre dauerte der RAF-Terror gegen den Staat. Jahrzehnte später wurde mit Daniela Klette nun eine mutmaßliche Linksterroristin festgenommen.

27.02.2024 | 02:26 min
Ihr wurden am Dienstag vom Haftrichter insgesamt sechs Haftbefehle verkündet. Sie beziehen sich auf sechs Überfälle, die das seit über 30 Jahren untergetauchte Trio zur Geldbeschaffung für den eigenen Lebensunterhalt von 1999 bis 2016 begangen haben soll.
Nach einem Aufruf in der ZDF-Sendung "Aktenzeichen XY ... ungelöst" hatten die Ermittler rund 250 Hinweise zu Klette, Staub und Garweg erhalten. Darunter seien 80 anonyme Hinweise, teilte die Staatsanwaltschaft Verden noch am Freitag mit. 

Chronik des RAF-Terrors:

1967: Tod von Benno Ohnesorg

"Schah, Schah, Scharlatan", skandieren die Sprechchöre. Studenten protestieren gegen den Besuch des persischen Herrschers in Berlin. Doch auch Schah-Anhänger haben sich versammelt - die meisten Agenten des iranischen Geheimdiensts. Plötzlich schlagen die "Jubelperser" auf die Demonstranten ein. Auch die Polizei geht an diesem 2. Juni 1967 mit Knüppeln auf die Studenten los.

Benno Ohnesorg liegt schon am Boden, als ihn ein Schuss trifft. Ohne erkennbaren Grund feuert ein Polizist auf den Studenten. Ohnesorg stirbt, der Schütze wird freigesprochen. Am 2. Juni 1967 entscheidet sich ein Teil der Studentenbewegung für die Gewalt.

1968: Brennende Kaufhäuser

Quelle: ap
Kurz vor Mitternacht brennt am 2. April 1968 im dritten Stock des Kaufhaus Schneider in Frankfurt ein altdeutscher Schrank. Wenig später lodern auch im ersten Stock Flammen. Die Feuerwehr ist noch am Löschen, als keine 200 Meter weiter Alarm ausgelöst wird: Der Kaufhof brennt. Es entsteht ein Schaden von Hunderttausenden Mark, verletzt wird niemand.

Unter den Brandstiftern sind zwei der späteren RAF-Gründer: der kleinkriminelle Macho Andreas Baader und die Germanistik-Studentin Gudrun Ensslin. Ihr Motiv: Protest gegen den Vietnam-Krieg. Ihr Urteil: drei Jahre Zuchthaus. Nach 14 Monaten kommen sie vorübergehend frei und tauchen unter. Baader wird im April 1970 in Berlin gefasst.

1970: Baader-Befreiung

Quelle: ap
Offiziell geht es um ein Buch über "randständige Jugendliche", das die Journalistin Ulrike Meinhof (Foto) mit dem Häftling Andreas Baader schreiben will. Zum gemeinsamen Quellenstudium wird er am 14. Mai 1970 ins Institut für soziale Fragen in Berlin-Dahlem gebracht. Plötzlich stürmen Bewaffnete den Lesesaal, Schüsse fallen. Ein Institutsangestellter wird schwer verletzt. Baader und Meinhof springen durch das Fenster nach draußen. Für die Journalistin ist es der Sprung in die Illegalität.

Baader und seine Befreier erklären, eine Stadtguerilla aufbauen zu wollen - es ist die Geburtsstunde der Roten Armee Fraktion, kurz RAF. Per Tonband teilt Ulrike Meinhof mit, was die Republik zu erwarten hat: "Natürlich kann geschossen werden."

1971: Erster Mord der RAF

Quelle: dpa
Der bewaffnete Kampf zieht junge Menschen an: In den ersten Jahren gehören bis zu 39 Mitglieder zur Baader-Meinhof-Gruppe. Mit Banküberfällen finanzieren sie sich ihr Leben im Untergrund. Knapp eineinhalb Jahre nach der Baader-Befreiung begeht die RAF den ersten Mord: Als der Zivilfahnder Norbert Schmid am 22. Oktober 1971 in Hamburg drei RAF-Mitglieder kontrollieren will, erschießen sie ihn. Ein halbes Jahr später die ersten Bombenanschläge: Vier Soldaten sterben bei Explosionen in den US-Hauptquartieren in Frankfurt und Heidelberg (Foto) im Mai 1972.

Vor ihrem ersten Mord hat die RAF schon in den eigenen Reihen ein erstes Opfer: Am 15. Juli 1971 stirbt Petra Schelm beim Schusswechsel mit einem Polizisten in Hamburg.

1972: Die RAF-Führer werden gefasst

Quelle: dpa
Andreas Baader liegt schreiend am Boden, eine Polizeikugel hat ihn in den Oberschenkel getroffen. Holger Meins tritt mit erhobenen Händen auf die Straße. Er trägt nur eine Unterhose, sein Körper ist abgemagert. Zwei Stunden haben sich die beiden RAF-Mitglieder am Morgen des 1. Juni 1972 in einer Garage in Frankfurt verschanzt, dann gelingt es der Polizei, sie festzunehmen. Kurz zuvor hatten sie Jan-Carl Raspe verhaftet - er stand als Wache vor der Tür.

Den Festnahmen in Frankfurt folgen weitere: Am 7. Juni wird Gudrun Ensslin in einer Modeboutique am Hamburger Jungfernstieg verhaftet, am 15. Juni fassen Polizisten Ulrike Meinhof in einer Wohnung in Hannover. Die Führer der ersten RAF-Generation sind hinter Gittern.

1973: Erster Hungerstreik

Die RAF-Häftlinge werden auf Gefängnisse in ganz Deutschland verteilt. Sie sitzen in Einzelhaft, dürfen nicht an Gemeinschaftsveranstaltungen teilnehmen, nicht mal am Gottesdienst. Viele haben keinen Kontakt zu anderen Häftlingen - und mit den Wärtern wollen sie nicht reden. "Isolationsfolter" nennt die RAF dies und tritt im Januar 1973 in den ersten Hungerstreik.

Die Hungerstreiks dauern einen Monat, zwei Monate, fünf Monate. Am 9. November 1974 stirbt Holger Meins daran. Mit den Aktionen und ihrer Kritik an den Haftbedingungen gewinnt die RAF Sympathisanten außerhalb der Gefängnisse.

1975: Sturm auf die Botschaft in Stockholm

Quelle: ap
Schüsse knallen durch die deutsche Botschaft in Stockholm, Menschen rennen ins Freie. Zwölf gelingt die Flucht nicht. RAF-Mitglieder fesseln die Geiseln und fordern, Andreas Baader, Gudrun Ensslin, Ulrike Meinhof und 23 weitere Häftlinge freizulassen. Die Bundesregierung lehnt ab.

Um ihrer Forderung Nachdruck zu verleihen, erschießt das Kommando zwei Attachés. Plötzlich bebt das Gebäude: Die RAF hat ihren Sprengstoff versehentlich gezündet. Geiseln und Besetzer fliehen aus der brennenden Botschaft. Die Polizei nimmt die Terroristen fest, zwei von ihnen sterben an ihren Verletzungen. Die Befreiungsaktion des 24. April 1975 ist gescheitert. Ein Jahr später erhängt sich Ulrike Meinhof in ihrer Zelle.

7.4.1977: Mord an Buback

Quelle: dpa
Generalbundesanwalt Siegfried Buback ist einer der Todfeinde der RAF. Er ist der oberste Ankläger der Häftlinge, steht für den verhassten Staat. Buback weiß, dass er zu den gefährdetsten Menschen Deutschlands gehört. Sein Fahrer hat am Morgen des Gründonnerstags 1977 noch das Kennzeichen des Dienstwagens gewechselt. Es hilft nichts: Als das Auto gegen 9:15 Uhr an einer Ampel in Karlsruhe stoppt, werden von einem Motorrad aus Schüsse in den Wagen gefeuert. Buback und seine beiden Begleiter sterben. Wer sie getötet hat, ist bis heute nicht bekannt.

Drei Wochen später werden in Stammheim Andreas Baader, Gudrun Ensslin und Jan-Carl Raspe zu lebenslänglichen Haftstrafen verurteilt. Die "Offensive 77" geht weiter: Am 30. Juli 1977 stirbt Dresdner-Bank-Sprecher Jürgen Ponto durch Kugeln der RAF.

5.9.1977: Schleyer-Entführung

Quelle: ap
Arbeitgeberpräsident Hanns Martin Schleyer ist schon fast bei seiner Dienstwohnung in Köln angekommen, als ein Kinderwagen vor seinem Auto auf die Straße rollt. Der Fahrer tritt auf die Bremse. RAF-Terroristen nehmen Schleyers Wagen und das Begleitfahrzeug unter Beschuss. Die vier Begleiter des Arbeitgeberpräsidenten sind sofort tot. Schleyer ist Gefangener der RAF.

45 Tage lang hält die Entführung des Arbeitgeberpräsidenten die Republik in Atem. Oberstes Ziel der zweiten RAF-Generation ist es, die Gefangenen der ersten Generation freizupressen. Doch die Bundesregierung bleibt hart. Am 19. Oktober 1977 wird Schleyers Leiche im Kofferraum eines Audis im Elsass gefunden.

13.10.1977: "Landshut"-Entführung

Quelle: ap
86 Passagiere sind mit dem Lufthansa-Flugzeug "Landshut" auf dem Heimweg von Mallorca nach Frankfurt, als der Pilot gezwungen wird, die Route zu ändern: Vier Palästinenser haben das Flugzeug in ihre Gewalt gebracht. Sie fordern, die RAF-Häftlinge und zwei eigene Gesinnungsgenossen freizulassen.

Für die Passagiere beginnt ein fünftägiger Irrflug nach Südosten. Zahlreiche Flughäfen verweigern dem gekaperten Jet die Landung. In Aden erschießen die Terroristen Kapitän Jürgen Schumann. In Mogadischu drohen sie, das Flugzeug in die Luft zu sprengen. Doch kurz vor Ende des Ultimatums stürmt eine Anti-Terroreinheit der GSG9 die "Landshut". Alle Passagiere werden befreit.

18.10.1977: Tod in Stammheim

Quelle: dpa
Als die Radionachrichten die "Landshut"-Befreiung melden, beginnt die Todesnacht von Stammheim. Andreas Baader schießt sich in Zelle 719 in den Nacken. Gudrun Ensslin erhängt sich an ihrem Zellenfenster. Jan-Carl Raspe setzt sich eine Pistole an die Schläfe und drückt ab. Den Häftlingen ist es gelungen, sich Waffen ins Gefängnis schmuggeln zu lassen.

Nach dem Tod der Gefangenen erschießt die RAF Arbeitgeberpräsident Schleyer. Es ist das Ende des "Deutschen Herbstes". Baader, Ensslin und Raspe werden auf dem Stuttgarter Waldfriedhof beerdigt. Das passt nicht allen Bürgern: Manche fordern, ihre Leichen auf die Müllkippe zu werfen. Viele Linke glauben indes, die Gefangenen seien ermordet worden. Die Legende treibt neue Mitglieder zur RAF.

1982: Mohnhaupt und Klar in Haft

Quelle: ap
Fünf Jahre nach dem "Deutschen Herbst" entdecken Pilzsammler im Wald des hessischen Heusenstamms eine vergrabene Plastikkiste. Die Polizei buddelt sie aus - und stößt auf Waffen, Pässe, 55.000 Mark, Fotos von der Schleyer-Entführung und verschlüsselte Papiere. Südlich von Frankfurt haben die Beamten das Zentrallager der RAF ausgemacht - samt Wegbeschreibungen zu weiteren Depots.

Am 11. November 1982 nehmen Polizisten im Wald von Heusenstamm Brigitte Mohnhaupt und Adelheid Schulz fest. Fünf Tage später wird Christian Klar (Foto) bei einem Depot östlich von Hamburg verhaftet. Die zweite RAF-Generation ist Geschichte. Ihre Kommandeure Mohnhaupt und Klar sind gefasst, zehn weitere Mitglieder haben sich in die DDR abgesetzt. Sie werden 1990 enttarnt.

ab 1985: Morde der dritten Generation

Quelle: dpa
Kaum Spuren, unbekannte Täter: Die Morde der dritten RAF-Generation sind nahezu perfekte Verbrechen. Erstes Opfer ist im Februar 1985 Ernst Zimmermann, Chef der Maschinen und Turbinen-Union. Ein halbes Jahr später lockt Birgit Hogefeld einen GI aus einer Wiesbadener Diskothek. Die RAF erschießt ihn, um mit seinem Ausweis auf die US-Airbase in Frankfurt zu kommen. Kurz darauf tötet dort eine Bombe zwei Menschen.

Es folgen die Morde an Siemens-Manager Karl-Heinz Beckurts (Juli 1986), dem Ministerialdirektor im Auswärtigen Amt, Gerold von Braunmühl (Oktober 1986), Deutsche-Bank-Sprecher Alfred Herrhausen (November 1989; Foto) und Treuhand-Chef Detlev Karsten Rohwedder (April 1991). Aus der dritten RAF-Generation werden zunächst nur Eva Haule und Birgit Hogefeld verhaftet, 2024 dann Daniela Klette. Sämtliche Morde zwischen 1985 und 1991 sind ungeklärt.

1993: Schießerei in Bad Kleinen

Quelle: dpa
Ein V-Mann hat die Polizei auf die Spur gebracht. Auf dem Bahnhof im mecklenburgischen Bad Kleinen will Birgit Hogefeld am 27. Juni 1993 Wolfgang Grams treffen. Die Spezialeinheit GSG9 rückt an. Hogefeld wird verhaftet, Grams will fliehen und schießt auf seine Verfolger. Den GSG9-Beamten Michael Newrzella trifft er tödlich. Auch Grams stirbt im Kugelhagel - ein Tod, der die Republik wochenlang beschäftigt.

Nach der Schießerei in Bad Kleinen halten sich die Behörden bedeckt, Gerüchte entstehen. Zeugen behaupten, GSG9-Beamte hätten Grams gezielt in den Kopf geschossen, als er wehrlos am Boden lag. Vor Gericht wird der Verdacht nie bestätigt. Doch das Blutbad hat Konsequenzen: Generalbundesanwalt Alexander von Stahl wird entlassen, Bundesinnenminister Rudolf Seiters (CDU) tritt zurück.

1998: Auflösungserklärung

Quelle: dpa
"Vor fast 28 Jahren, am 14. Mai 1970, entstand in einer Befreiungsaktion die RAF: Heute beenden wir dieses Projekt. Die Stadtguerilla in Form der RAF ist nun Geschichte." Dieses Schreiben geht am 20. April 1998 bei der Nachrichtenagentur Reuters in Köln ein. Die RAF verkündet ihre Auflösung und bekennt, es sei ein "strategischer Fehler" gewesen, "neben der illegalen, bewaffneten keine politisch-soziale Organisation aufzubauen". Über die Opfer fällt kein Wort.

34 Menschen hat die RAF ermordet, 27 Terroristen starben im "bewaffneten Kampf". Die Häftlinge kamen nach teils jahrzehntelangen Gefängnisstrafen wieder frei. Verena Becker wurde 35 Jahre nach dem Buback-Mord wegen Beihilfe zu einer neuen Freiheitsstrafe verurteilt.

Quelle: dpa, AFP

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