Faktencheck

: Ampel-Kritik und Bayern-Lob: Hat Söder recht?

von Katja Belousova
03.09.2023 | 20:17 Uhr
Im Sommerinterview erklärt CSU-Chef Markus Söder, das Vertrauen der Bürger in die Ampel sei historisch niedrig. Aber stimmt das?

Bayerns Ministerpräsident Söder verteidigt im ZDF seine Entscheidung, an seinem Vize Aiwanger festzuhalten. Zugleich kritisiert er die Medien. Es stellten sich dort auch Fragen.

03.09.2023 | 19:58 min
Bei einem ZDF-Sommerinterview mit einem bayerischen Ministerpräsidenten darf eines nicht fehlen: die Schelte gegen die Arbeit der Bundesregierung in Berlin. Auch wenn der Fokus im aktuellen Sommerinterview mit Markus Söder auf der Causa Hubert Aiwanger lag, ließ es sich der CSU-Vorsitzende nicht nehmen, die Ampel-Regierung zu attackieren.
So erklärte Söder im Gespräch:
Noch nie hat eine Bundesregierung so wenig Vertrauen in der Bevölkerung gehabt, weil sie sich mit sich beschäftigt und nicht mehr mit den Menschen.
Markus Söder (CSU), Ministerpräsident Bayern

Wie zufrieden sind die Bürger mit der Ampel?

Aber stimmt diese Aussage? Wenn man als Vertrauensmaßstab die im ZDF Politbarometer gemessene Zufriedenheit der Bevölkerung mit der Bundesregierung heranzieht, lautet die Antwort: nein. Auch wenn die Zufriedenheit mit der Ampel-Regierung laut Zahlen der Forschungsgruppe Wahlen aktuell auf einem Tiefststand liegt, waren die Deutschen historisch schon unzufriedener mit ihrer Regierung.
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So war etwa die Unzufriedenheit mit der schwarz-gelben Regierung unter Angela Merkel Mitte 2010 noch größer als jetzt. Damals an der Regierung beteiligt war neben CDU und FDP auch die CSU.
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Auch die Frage "Die Bundesregierung macht ihre Arbeit eher gut oder schlecht?", beantworteten damals mehr Menschen mit "schlecht" als aktuell.
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Warum waren die Menschen unzufrieden mit Schwarz-Gelb?

Was war passiert? Unzufriedenheit an der Regierung lässt sich - ähnlich wie heute - selten an nur einem Aspekt festmachen. Auch damals, in den Nachwehen der Finanzkrise, spielten mehrere Faktoren eine Rolle. Unter anderem die öffentlich geführte Debatte um die sogenannte "Mövenpick-Steuer". Sie war Teil des Wachstumsbeschleunigungsgesetzes vom Dezember 2009 und beinhaltete eine Umsatzsteuersenkung für die Hotelbranche, die in der öffentlichen Diskussion als unfair und Klientelpolitik der FDP kritisiert wurde.
Im Juni 2010 verkündete die schwarz-gelbe Regierung dann auch noch, bei Sozialausgaben sparen zu wollen, was für zusätzlichen Unmut sorgte.

"Die Stellschraube ist nicht, willkürlich das Existenzminimum zu beschneiden", verteidigt Arbeitsminister Heil die Erhöhung des Bürgergeldes und fordert höhere Löhne.

31.08.2023 | 06:36 min

Bayern in allen Rankings vorne?

Doch zurück zu Söder. Seine Kritik an der Ampel nutzt der CSU-Chef als Rampe, um sein eigenes Bundesland Bayern zu loben. "Wir haben ein hohes Maß an Stabilität, nicht dieses Ampel-Gehampel", erklärt der Ministerpräsident, und fügt hinzu:
In allen Rankings wirtschaftlich, sozial, bildungspolitisch liegen wir vorne.
Markus Söder (CSU), Ministerpräsident Bayern
Während sich schwer überprüfen lässt, was Söder mit "sozialen" Rankings meint, zeigt sich mit Blick auf die Bildungspolitik: Bayern mischt tatsächlich vorne mit, liegt aber nicht an Platz 1, wie Söder es suggeriert.
So liegt Bayern im viel zitierten und gerne bemühten INSM-Bildungsmonitor hinter Sachsen auf Rang zwei unter den 16 Bundesländern.

Das Bildungsniveau in Deutschland hat laut dem Institut der Deutschen Wirtschaft stark abgenommen. Der Erfolg bei der Bildung hänge immer stärker von der sozialen Herkunft ab.

30.08.2023 | 00:21 min

Wie gut sind die Daten der bayerischen Wirtschaft?

Und wie sieht es in Sachen Wirtschaft aus? Auch da ist Bayern in den oberen Rängen dabei - aber nicht immer an Nummer 1. Mit Blick auf das Pro-Kopf-Bruttoinlandsprodukt liegen zum Beispiel Hamburg und Bremen vor dem drittplatzierten Bayern. Das reicht zumindest für den Spitzenplatz unter den Flächenländern.
Und auch beim Wirtschaftswachstum liegt Bayern nicht an Platz 1: 2022 reichte es nur für Platz 7 - hinter Bremen, Berlin, Hamburg, Brandenburg, Sachsen und Sachsen-Anhalt.
Und wie sieht es beim verfügbaren Haushaltseinkommen je Einwohner aus? Dort belegt Bayern mit über 26.000 Euro pro Kopf tatsächlich den Spitzenplatz unter allen Bundesländern.
Auch bei einem weiteren Wirtschafts-Indikator mischt Bayern weit vorne mit: dem Gender Pay Gap. Denn beim Blick auf die Verdienstunterschiede zwischen Männern und Frauen liegt nur Baden-Württemberg vor Söders Bundesland.
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