Exklusiv

: Warum dem Staat Millionen entgehen

von Julia Klaus
13.04.2024 | 11:28 Uhr
Jedes Jahr gehen dem Staat Millionen Euro durch die Lappen, weil es zu wenige Steuerfahnder gibt. Wie groß ist das Ausmaß?
Steuerfahnder gesucht: Es gibt zu wenige von ihnen, dabei bringen sie dem Staat Millionen ein.Quelle: dpa
Wenn sie an der Tür klingeln, kann es ungemütlich werden. Steuerfahnderinnen und -fahnder treiben Geld ein, das dem Staat zusteht. Sie spülen dem Fiskus jährlich mehr als eine Milliarde Euro in die Kassen. Doch es gibt viel zu wenige von ihnen, wie bundesweite Zahlen zeigen. Der Verein "Finanzwende" hat über parlamentarische Anfragen in den Bundesländern erfragen lassen, wie viele Fahnder vorgesehen sind - und wie viele Stellen tatsächlich besetzt sind. Die Zahlen liegen ZDF Frontal vor.
In allen neun Ländern, die vollständig geantwortet haben, arbeiten zu wenige Steuerfahnder, kein einziges Bundesland erfüllt den Soll-Wert für die Jahre 2021 und 2022. Den größten Mangel gab es in Berlin - 2022 waren dort ganze 29 Stellen unbesetzt. Mit rund zwei unbesetzten Stellen stand Hamburg in diesem Jahr am besten da.
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Wie viel Geld kann ein einziger Steuerfahnder einbringen?

Ein einzelner Steuerfahnder brachte dem Staat im Jahr 2022 durchschnittlich gut 916.300 Euro ein. Für das Jahr lagen aus neun Ländern vollständige Daten vor.
Für das Jahr 2021 ergibt sich ein durchschnittlicher Ertrag von gut 787.800 Euro pro Fahnder - hier lagen aus elf Ländern vollständige Zahlen vor.
Das zeigt: Durch den Mangel an Steuerfahndern gehen dem Fiskus jedes Jahr potentiell mehrere Millionen Euro durch die Lappen. Konrad Duffy, der die Zahlen für den Verein "Finanzwende" erhoben hat, fürchtet gar, dass schwach besetzte Bundesländer ein Magnet für Kriminelle werden könnten:
Die Sorge besteht, dass dieser Mangel Steuersünder geradezu anziehen könnte.
Konrad Duffy, Finanzwende
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Fachkräftemangel: Steuerfahnder dringend gesucht

Ein Grund für die unbesetzten Stellen ist laut der Deutschen Steuer-Gewerkschaft der Personalmangel. Deren Vorsitzender Florian Köbler sagt gegenüber ZDF Frontal:
Die Soll-Zahlen müssen endlich erfüllt werden. Leider haben wir aber einen akuten Fachkräftemangel. Noch mehr Personal zu fordern, macht wenig Sinn - das Personal gibt es schlichtweg nicht.
Florian Köbler, Bundesvorsitzender Deutsche Steuer-Gewerkschaft
Man müsse das vorhandene Personal deshalb effektiver einsetzen, so der Gewerkschafts-Vorsitzende: "Etwa mithilfe einer datenbasierten Fallauswahl durch die Hilfe von Künstlicher Intelligenz."

Jochen Breyer recherchiert in der Welt der deutschen Superreichen: 237 Milliardäre zählt das Land, Tendenz steigend. Wer der reichste Deutsche ist, war lange geheim. Bis jetzt.

12.12.2023 | 43:28 min

Was hat Steuerfahndung mit Gerechtigkeit zu tun?

Wer Steuern hinterzieht, profitiert weiterhin vom Gemeinwesen wie Krankenhäusern, Schulen oder der Verwaltung. Je reicher Menschen sind, desto ausgeklügeltere Lösungen finden sie und ihre Anwälte oft, um den Staat auszunehmen. Das zeigen Skandale wie CumEx, bei dem europäische Länder um viele Milliarden Euro betrogen wurden.
Duffy vom Verein "Finanzwende" kritisiert, mit der jetzigen Ausstattung komme man höchstens Kleinkriminellen noch auf die Spur:
Aber die großen Fische, die komplexe Gestaltungen für ihren Betrug aufsetzen und viele Millionen und in der Summe Milliarden vom Staat erbeuten, kommen dann leicht davon.
Konrad Duffy, Finanzwende
Das zeige, so Duffy, dass "die Ausstattung der Steuerfahndung eine zentrale Gerechtigkeitsfrage ist".

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