: Rotes Kreuz: Übergriffe von Eltern nehmen zu

17.12.2022 | 02:39 Uhr
Das Kind krank und niemand hilft: Immer häufiger schlägt die Verzweifelung von Eltern in Gewalt gegen das Personal in Kinderkliniken um. Das berichtet DRK-Präsidentin Hasselfeldt.
Niemand in Sicht, der helfen kann? Verzweifelte Eltern bedrohen zunehmend das Gesundheitspersonal in Kinderkliniken.Quelle: dpa
Angesichts überlasteter Kinderkliniken bekommt es das Gesundheitspersonal nach Einschätzung des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) zunehmend auch mit Drohungen und Gewalt zu tun.
Es häufen sich Fälle von Androhung oder der tatsächlichen Ausübung psychischer und physischer Gewalt gegenüber dem Gesundheitspersonal.
Gerda Hasselfeldt, DRK-Präsidentin
Aufgrund der Personalknappheit und des Zeitdrucks sei eine gute Einbindung der Eltern oft "nur unzureichend möglich, was wiederum zu Informationsverlusten, der Häufung von Beschwerden und wachsender Anspannung auf allen Seiten führt", sagte DRK-Präsidentin Gerda Hasselfeldt der "Rheinischen Post".
Zugleich müssten Eltern teils stundenlang in den Notaufnahmen sitzen oder kranke Kinder auf Krankenhausfluren übernachten, beklagte Hasselfeldt. Kurzfristige Abhilfe zu schaffen sei aber kaum möglich. Das Pflegefachpersonal müsse dringend entlastet werden.

Intensivmediziner: So hohen Krankenstand noch nicht erlebt

Der Krankenstand in der Bevölkerung hat nach Aussage des Intensivmediziners Christian Karagiannidis historische Dimensionen erreicht. "Der Krankenstand in der Gesellschaft ist aktuell extrem hoch, so etwas habe ich noch nicht erlebt", sagte der Präsident der Deutschen Gesellschaft für Internistische Intensivmedizin und Notfallmedizin der "Rheinischen Post". In vielen Regionen gebe es so gut wie keine freien Intensivbetten mehr. Hauptproblem seien nicht mehr Corona-Infektionen.
Derzeit kämpfen wir gegen sehr breitgefächerte Krankheitsbilder: Grippe, RS-Virus, Corona und andere Atemwegserkrankungen, dazu die üblichen Notfälle.
Christian Karagiannidis, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Internistische Intensivmedizin und Notfallmedizin
Hoffnung setzt Karagiannidis auf die Feiertage. "Ich setze darauf, dass wir uns bald in die Feiertage retten können. Dann ebbt üblicherweise das Aufkommen in den Kliniken ab, die Kapazitäten in den Krankenhäusern steigen wieder."

Staat muss Medikamente auf Vorrat produzieren lassen

Karagiannidis ist auch Mitglied der Regierungskommission für Krankenhausversorgung. Neben den Engpässen an den Kliniken kämpft das Gesundheitswesen auch mit Engpässen bei einer Reihe von Medikamenten. Karagiannidis plädierte dafür, dass der Staat in Kooperation mit hiesigen Pharmaherstellern bestimmte Medikamente auf Vorrat produzieren lässt, damit diese immer in ausreichenden Mengen verfügbar sind.
"Das wird für das Land zwar teuer, aber ich finde es bedenklich für ein Land wie Deutschland, dass wir seit langer Zeit immer wieder mit solchen Engpässen zu kämpfen haben und sich dieser Mangel wegen der vielen Infekte in diesem Jahr besonders verschärft hat", sagte Karagiannidis.

Der Medikamenten-Mangel ist enorm. Durch die steigende Nachfrage, Produktionsengpässe und blockierte Lieferwege spitzt sich die Lage immer weiter zu. Unter anderem ist Fiebersaft für Kinder davon betroffen.

14.12.2022 | 01:56 min

Holetschek: Bund muss Gipfel einberufen

Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek sprach sich in der "Rheinischen Post" für ein Spitzentreffen zur Medikamentenversorgung aus:
"Dafür sollte der Bund noch vor Weihnachten einen Gipfel mit allen beteiligten Institutionen einberufen und gemeinsam mit Ärzteverbänden, Kassenärztlicher Bundesvereinigung, Apothekern, Pharmagroßhändlern und pharmazeutischen Unternehmen nach Lösungen suchen", sagte der CSU-Politiker.
Quelle: dpa, KNA

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