Im Zusammenhang mit dem EU-Korruptionsskandal sind die beiden Europaparlamentarier Marc Tarabella und Andrea Cozzolino festgenommen worden. Nachdem der Belgier Tarabella am Freitagnachmittag in Brüssel festgesetzt worden war, nahm die italienische Polizei am Abend Cozzolino in Neapel fest. Gegen beide wurde Haftbefehl erlassen.

Im Fall von Cozzolino entschied eine Haftprüfungsrichterin am Samstagabend, den 60-Jährigen nach einer Nacht im Gefängnis aus der U-Haft zu entlassen, und stellte ihn vorläufig unter Hausarrest. Sie sah keine Fluchtgefahr.

Die Staatsanwaltschaft in Brüssel fordert in ihrem Haftbefehl die Auslieferung Cozzolinos nach Belgien. Für Dienstagmorgen wurde dazu eine Anhörung vor dem Berufungsgericht von Neapel anberaumt. 

Den beiden Europaabgeordneten - die jüngst aus der Fraktion der Sozialdemokraten ausgeschlossen worden waren und denen das Parlament ihre Immunität aberkannte - werden Korruption, Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung und Geldwäsche vorgeworfen. Es geht um mutmaßliche Versuche Katars und Marokkos, die Politik der EU mit Geldgeschenken zu beeinflussen.

Im Dezember war das EU-Parlament durch den Korruptionsskandal um die damalige Vizepräsidentin Eva Kaili erschüttert worden. Sie verlor wegen des Verdachts der Bestechlichkeit ihren Posten und befindet sich in Untersuchungshaft, ebenso wie Pier Antonio Panzeri, der mutmaßliche Drahtzieher in dem Korruptionsskandal, und weitere Verdächtige.

Gegen Tarabella wurde seit längerem ermittelt. Belastet wird Tarabella, der auch Bürgermeister der belgischen Gemeinde Anthisnes ist, unter anderem von Aussagen von Pier-Antonio Panzeri. Dieser hatte ausgesagt, dass er Tarabella für seine Hilfe im Zusammenhang mit Katar in mehreren Raten mehr als 120.000 Euro in bar gegeben habe. Tarabella wies die Vorwürfe zurück.

Der 59-Jährige wurde nach seiner Festnahme in Brüssel von den Ermittlern befragt. Zudem wurden sein Büro im EU-Parlament sowie andere Geschäftsräume im Rathaus von Anthisnes durchsucht. Die Fahnder gingen auch in das Büro von Cozzolino in Brüssel.

Über die beiden Politiker und deren mögliche Rolle in dem Skandal war schon seit Dezember berichtet worden.

Im Europäischen Parlament sorgt der Skandal seit Wochen für Unruhe und Entsetzen. Um das Risiko weiterer ähnlicher Ereignisse zu mindern, stimmten die Vorsitzenden der Fraktionen bereits am vergangenen Mittwoch ersten Reformen für eine bessere Vorsorge gegen Korruption zu.

So sollen die Meldepflichten für Treffen mit Diplomaten und Interessenvertretern aus Nicht-EU-Ländern ausgeweitet werden. Zudem sind ein Verbot bestimmter "Freundschaftsgruppen" mit Kontakten zu Drittstaaten und eine stärke Zusammenarbeit mit nationalen Behörden vorgesehen.