FAQ

: Was tun gegen häusliche Gewalt?

11.07.2023 | 11:31 Uhr
Die Fälle häuslicher Gewalt in Deutschland nehmen zu. Was können Außenstehende tun und welche Möglichkeiten gibt es, sich und andere zu schützen?

Neue Zahlen zeigen, dass die Gewalt im eigenen Zuhause im vergangenen Jahr zugenommen hat. Die Täter sind größtenteils Männer.

11.07.2023 | 01:47 min
Der Anstieg der häuslichen Gewalt in den vergangenen Jahren galt bis zuletzt vor allem als Begleiterscheinung der Corona-Krise. Aber auch nach dem Ende der Pandemie scheint sich die negative Entwicklung fortzusetzen: Im vergangenen Jahr sind in Deutschland deutlich mehr Fälle gemeldet worden als im Vorjahr. Am heutigen Dienstag wird in Berlin das bundesweite Lagebild zu häuslicher Gewalt von Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD), Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne) und dem Präsidenten des Bundeskriminalamtes (BKA) Holger Münch vorgestellt.

Was ist häusliche Gewalt?

Bei häuslicher Gewalt greifen laut der Soziologin Petra Brzank viele Gewaltformen ineinander. Das Ziel: Macht und Kontrolle über eine andere Person zu erlangen und zu festigen. "Dazu zählen körperliche, sexualisierte, psychische, ökonomische und auch soziale Gewalt, also etwa das Isolieren der Frau von Freunden und Familie", sagt Brzank, die an der Hochschule Nordhausen in Thüringen lehrt.
Das BKA zählt zur häuslichen Gewalt alle Formen körperlicher, sexueller oder psychischer Gewalt zwischen Menschen, die in einer familiären oder partnerschaftlichen Beziehung zusammenwohnen. Sie beschreibt demnach auch Gewalt in Familie oder (Ex-)Partnerschaft, die nicht im gemeinsamen Haushalt geschieht.

Mehr als 430 Menschen werden pro Tag Opfer häuslicher Gewalt. Das sind fast 10 Prozent mehr als im Vorjahr. In den meisten Fällen sind die Täter Ehemänner, Partner oder Expartner.

11.07.2023 | 02:30 min

Wo fängt häusliche Gewalt an?

Häusliche Gewalt beginnt nicht erst mit körperlichen Übergriffen. Es ist vielmehr ein schleichender Prozess, der oft etwa mit Kritik, Eifersucht, Bedrohungen, Beschimpfungen und Kontrolle anfängt, wie Petra Söchting, Leiterin des bundesweiten Hilfetelefons "Gewalt gegen Frauen", erklärt. "Ganz typisch ist, dass die Situation dann mehr und mehr eskaliert, dass die Grenzverletzungen stärker werden, und es dann irgendwann tatsächlich auch zu massiven körperlichen Übergriffen kommt."
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Wie verbreitet ist häusliche Gewalt in Deutschland?

Im vergangenen Jahr sind in Deutschland deutlich mehr Fälle häuslicher Gewalt gemeldet worden. 2022 registrierten die Behörden 157.550 Fälle von Gewalt in Partnerschaften, wie die Deutsche Presse-Agentur am Sonntag erfuhr. Zuvor hatte die "Bild am Sonntag" berichtet. Das entspricht 432 Fällen pro Tag. 2021 waren es 144.044 Fälle. Der Anstieg liegt bei 9,4 Prozent. Rund 80 Prozent der Opfer waren Frauen. 78 Prozent der Verdächtigen waren Männer. 40 Prozent der Täter waren Ex-Partner, 60 Prozent aktuelle Partner.
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Wie hoch wird die Dunkelziffer geschätzt?

Die Zahlen häuslicher Gewalt dürften weit höher liegen als die Zahlen aus den Auswertungen des Bundeskriminalamtes, die nur die bei der Polizei gemeldeten Fälle enthält. "Dunkelfeld-Studien gehen von 25 Prozent aus", sagt Soziologin Brzank. In den Corona-Jahren habe das Gefährdungspotenzial zugenommen, erklärt die Leiterin des Hilfetelefons: Mehr Frauen hätten angerufen, und Rat und Unterstützung gesucht.

Hier finden Frauen Hilfe

Hilfetelefon:

  • "Gewalt gegen Frauen": 0 800 00/116 016
Chat oder Mailkontakt unter:

Frauenhäuser:

Hilfs- und Beratungsstellen:

Hier finden Männer Hilfe

Hilfetelefon:

  • Gewalt an Männern: 0 800/123 99 00
Chat und Mailkontakt unter:

Hilfe vor Ort:

Hier finden Täter Hilfe

Hilfetelefon:

  • Hier finden Täter Hilfe: 01 62/1 39 84 43
Beratungsstellen

Was können Außenstehende tun, die häusliche Gewalt bemerken?

Bemerke man Gewalt oder Aggressionen - ob in der Familie, der Nachbarschaft, bei Freunden oder Bekannten - gilt laut Söchting: "Es ist wichtig, nicht wegzuschauen." Man könne versuchen, konkrete Hilfe anzubieten, nach Beratungsmöglichkeiten suchen oder vorschlagen, zu Beratungsstellen mitkommen.
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Wie kann man Kinder am besten schützen?

"Kinder erleben die Gewalt mit, sie sehen und hören ja, was passiert", sagt Söchting. Auch wenn sie nicht selbst Gewalt erlebten, seien sie immer Mitbetroffene. Wichtig sei, den Kinderschutz im Blick zu behalten und Unterstützungsangebote zu finden. Kinder, Jugendliche und Eltern können auch anonym und kostenlos unter dem Kinder- und Jugendtelefon "Nummer gegen Kummer", anrufen. Die Nummer lautet 116 111.

Der Verstoß gegen Annäherungsverbote wird meistens nur wenig geahndet, die Verbote von Tätern oft ignoriert. Für mehr Schutz könnten nun elektronische Fußfesseln sorgen.

26.06.2023 | 05:29 min
Quelle: dpa, ZDF

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