Exklusiv

: Immobilien-Leak enthüllt Geldwäsche im Emirat

von C. Huppertz und H. Munzinger
14.05.2024 | 17:00 Uhr
Dubai lockt nicht nur Prominente und Vermögende an. Recherchen von ZDF frontal zeigen, wie Serienbetrüger, mutmaßliche Mörder und Steuerflüchtige im Luxus-Emirat investieren.
Luftaufnahme des Stadtteils Dubai Marina: Immobilien in dem Emirat sind bei ausländischen Investoren begehrt.Quelle: Foto: Ole Martin Wold
Immobilienbesitz ist kein Verbrechen - auch nicht in Dubai. Und so ist es kein Wunder, dass im neuen Leak "Dubai unlocked" millionenschwere Wohnungskäufe Prominenter aus Sport und Unterhaltung zu finden sind. Stars wie Tennis-Legende Roger Federer oder Rammstein-Sänger Till Lindemann haben im Luxus-Emirat investiert.
Doch ein tieferer Blick zeigt, dass Dubai offenbar eine besondere Anziehungskraft auf zwielichtige Gestalten hat. Kriminelle aus aller Welt investieren in der Glitzermetropole am Persischen Golf millionenschwere Summen zweifelhaften Ursprungs in Immobilien und versuchen so, Strafverfolgung oder Sanktionen aus dem Weg zu gehen.

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Da ist beispielsweise Isabel dos Santos, einst die reichste Frau Afrikas, deren Vermögen vor allem darauf gründet, dass ihr Vater fast 40 Jahre Präsident Angolas war. Interpol sucht sie wegen Korruptionsvorwürfen mit einer "Red Notice". Auf Instagram posted sie regelmäßig Partyfotos aus Dubai, dort besitzt sie auch eine 132-Quadratmeter große Wohnung in einem 46-stöckigen Wolkenkratzer, direkt an der luxuriösen Dubai Marina.
Verhaftet wurde sie bisher nicht. Auf Anfrage schreibt sie, sie habe ihre Wohnung vor zehn Jahren für ihren persönlichen Gebrauch erworben. Das Geld für den Kauf - etwa 400.000 Dollar - stamme aus ihren "erfolgreichen Firmen", von denen sie Gehälter und Dividenden erhalten habe und die bis heute Tausende Angestellte hätten.

Immobilien-Leak "Dubai unlocked"

Das Leak wurde dem amerikanischen Thinktank Center for Advanced Defense Studies (C4ADS) zugespielt. ZDF frontal wertete die Daten gemeinsam mit Journalisten von 73 Medien aus. Die geleakten Daten geben Einblicke in die Eigentumsverhältnisse von Immobilien im Emirat.

Informationen von öffentlichem Interesse werden unter dem Namen "Dubai unlocked" veröffentlicht. Die Recherche wurde vom Organized Crime and Corruption Reporting Project (OCCRP) und der norwegischen Finanzzeitung E24 koordiniert.

Sanktionierte Milizen und die "Kryptoqueen"

Andere zwischenzeitliche Wohnungsbesitzer in Dubai unterliegen internationalen Sanktionen, wie die Neffen des früheren tunesischen Diktators Ben Ali, mehrere Männer mit Verbindungen zur Hisbollah-Miliz oder Ahmad al Asiri, jener saudi-arabische Geheimdienstler, den die USA für den brutalen Mord an dem Journalisten Kamal Khashoggi verantwortlich machen. Alle ließen Fragen dazu unbeantwortet oder waren nicht zu erreichen.
Auch Ruja Ignatova leistete sich ein 500-Quadratmeter-Appartment in Dubai. Ignatova wurde als "Kryptoqueen" berühmt, die weltweit eine Milliardensumme für eine vermeintliche Kryptowährung namens OneCoin einsammelte. OneCoin stellte sich als Schneeballsystem heraus und brachte etwa 3,5 Millionen Opfer um ihr Erspartes.
Die künstlich angelegte Insel Palm Jumeirah in Dubai. Hier besaß Ruja Ignatova eine Luxuswohnung. Quelle: Foto: Ole Martin Wold
Ignatova steht auf der Liste der zehn meistgesuchten Personen des FBI und ist seit Jahren spurlos verschwunden. Eine ganze Reihe ihrer engsten Komplizen tauchen in den "Dubai unlocked"-Daten auf. Die Vermutung liegt nahe, dass die Dubaier Immobilien der OneCoin-Clique mit Geldern aus ihrer Betrugsmasche bezahlt wurden.

Dramatischer Anstieg der Immobilienkäufe

ZDF frontal hat im Rahmen der Recherche über zwei Millionen Immobilienkäufe in Dubai aus den Jahren 2000 bis 2022 ausgewertet. Sie zeigen einen dramatischen Anstieg der Immobilienkäufe seit dem Corona-Jahr 2020. Im Jahr 2022 erreichte das jährliche Investitionsvolumen einen historischen Höchststand von umgerechnet über 200 Milliarden Euro.

Dubai - Die Glitzermetropole

Geld spielt keine Rolle: Die Polizei in Dubai fährt Bentley, Ferrari und Porsche. Hier zwei Polizistinnen, die stolz auf ihre schnellen Autos sind.

Quelle: ZDF

Was Immobilien in Dubai so interessant macht, hat Anna Chapman auf den Punkt gebracht, die 2010 als russische Spionin in den USA aufflog. Auch sie hatte dem Datenleck zufolge in eine Wohnung in Dubai investiert. Auf Instagram schrieb sie:
Hier gibt es keine Grundsteuer, zinslose Ratenzahlungen bis zu zehn Jahren, Wohnungen werden hier fast immer schlüsselfertig verkauft. Unmittelbar nach der Vorauszahlung können Sie ein Haus vermieten und erhalten ein Einkommen.
Anna Chapman

Bundeszentralamt kauft Datensatz aus Dubai

Den Wert von Daten, wie denen des neuen Immobilienleaks, hat auch die deutsche Bundesregierung erkannt. 2021 kaufte das Bundeszentralamt für Steuern einen Datensatz, der Grundbuchinformationen aus Dubai enthalten haben soll, und gab die Informationen an die Landesbehörden weiter. Sie sollten damit Einkünfte deutscher Staatsbürger identifizieren, die in Dubai erwirtschaftet und nicht versteuert wurden.

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Es ist unklar, was daraus wurde. Auf Nachfrage, wie viele deutsche Staatsbürger Immobilien in Dubai gemeldet oder Einkünfte aus Vermietung in Dubai versteuert haben, verwies das Bundeszentralamt auf die Landesbehörden. Die Landesfinanzämter gaben an, solche Informationen nicht zu erfassen oder nicht auswerten zu können.
Die Vereinigten Arabischen Emirate, zu denen auch das Emirat Dubai gehört, teilten lediglich mit, man nehme die eigene Rolle im Schutz des Weltfinanzsystems "sehr ernst" und arbeite mit internationalen Partnern daran, Kriminelle zu verfolgen und alle Formen illegaler Finanzgeschäfte zu bekämpfen.

Kein Auslieferungsabkommen

Mit den geleakten Daten und offen zugänglichen Daten lässt sich aber leicht herausfinden, was den deutschen Behörden schwerfällt. Das zeigt der Fall des ehemaligen Siemens-Managers Eduard Seidel. Mit wenigen Klicks findet man Mietverträge für Wohnungen, die der Ex-Manager in Dubai vermietet. Sie bescheren ihm ein Einkommen von mehr als 110.000 Euro im Jahr.
Seidel wurde 2008 im Zuge der Siemens-Affäre wegen Bestechung ausländischer Amtsträger verurteilt. Später enthüllten Recherchen, dass Seidel 54 Millionen Franken auf Schweizer Konten versteckt hatte. Das löste erneut Ermittlungen gegen ihn aus, die bis heute laufen.

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Erst kürzlich wurde bekannt, dass ein Schweizer Bundesgericht den deutschen Ermittlern nun Einsicht in Seidels Schweizer Bankkonten gewährte - ein seltener Schritt. Eduard Seidel ließ über seinen Anwalt dagegen mitteilen, die Beantwortung der Fragen des ZDF sei nicht "erforderlich", da es keinen aktuellen Anlass gebe.
Ob die Ermittlungen schließlich in eine Anklage oder gar einen Prozess münden, ist nicht abzusehen. Selbst dann aber müsste der frühere Siemens-Manager in Dubai wohl nichts befürchten. Deutschland hat kein Auslieferungsabkommen mit den Vereinigten Arabischen Emiraten. Dem Leak zufolge gehört Seidel eine Villa auf der berühmten Palmeninsel vor der Stadt.

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