: Iran: Keine Gnade bei Kopftuch-Verweigerung

01.04.2023 | 16:11 Uhr
Das Kopftuch war im Iran über Jahrzehnte nicht wegzudenken, nun ist das offene Haar zum Symbol des Widerstands geworden. Die Regierung droht den Frauen mit harten Strafen.
Das Kopftuch - oder auch das Weglassen des Kopftuchs - ist im Iran zum Symbol geworden.Quelle: reuters
Der Iran droht Frauen, die sich in der Öffentlichkeit ohne Kopftuch zeigen, mit gnadenloser Verfolgung. "Die Abnahme des Schleiers ist gleichbedeutend mit Feindseligkeit gegenüber (unseren) Werten", erklärte der Justizchef der Islamischen Republik, Gholamhossein Mohseni Edschei, nach Berichten mehrere iranischer Medien vom Samstag.

Symbol des Widerstands im Iran

Diejenigen, "die solche anomalen Handlungen begehen, werden bestraft" und "ohne Gnade verfolgt". Edschei ließ offen, mit welchen Strafen die Frauen zu rechnen haben.
Der demonstrative Verzicht auf ein das Haar bedeckendes Kopftuch ist zu einem zentralem Symbol des Widerstands gegen die Regierung in Teheran geworden. Ausgelöst wurden seit Monaten anhaltende Proteste durch den Tod der 22-jährigen Mahsa Amini, die Mitte September in Polizeigewahrsam starb. Die Sittenpolizei hatte sie festgenommen, weil sie ihr Kopftuch falsch getragen haben soll.

Wegen "unangemessener Kleidung" wurde die 22-jährige Mahsa Amini in Teheran festgenommen - und starb, während sie in Polizeigewahrsam war. Die Proteste reißen seitdem nicht ab.

19.09.2022

Frauen verhaftet nach mutmaßlicher Attacke wegen fehlenden Kopftuchs

Erst am Samstag teilte die Justiz mit, sie habe die Verhaftung zweier Frauen angeordnet, nachdem sie mutmaßlich von einem Mann wegen einer fehlenden Kopfbedeckung angegriffen wurden. Gegen den Mann sei wegen "Beleidigung und Störung der Ordnung" ein Haftbefehl ergangen. Gegen die zwei Frauen seien Haftbefehle erlassen worden, weil sie durch das Abnehmen ihrer Kopftücher eine "verbotene Handlung" begangen hätten, erklärte die Justiz auf ihrer Website "Misan Online".
Das Video von dem mutmaßlichen Angriff hatte sich zuvor in den Onlinenetzwerken verbreitet. Die Aufnahmen zeigen zwei Kundinnen in einem Geschäft, die keine vorgeschriebene Kopfbedeckung tragen und von einem Mann nach einem Wortgefecht angegriffen werden. Auf dem Video ist zu sehen, wie der Mann einen offenbar mit Joghurt gefüllten Eimer über die Köpfe der Frauen kippt, bevor ihn der Ladenbesitzer zur Rede stellt. Dem Ladenbesitzer seien die "notwendigen Mitteilungen" ausgehändigt worden, damit er die rechtlichen und Scharia-Grundlagen einhalte, hieß es auf "Misan Online" weiter.

Frauen müssen mit Strafen rechnen

Neben Protestkundgebungen zeigen auch immer mehr Iranerinnen durch den Verzicht auf das Kopftuch ihre Ablehnung der Regierung in der Öffentlichkeit. Vergangenen Donnerstag hatte das Innenministerium das Kopftuch als "eine der zivilisatorischen Grundlagen der iranischen Nation" bezeichnet und an Bürger appelliert, unverschleierte Frauen zur Rede zu stellen.
Nach der 1979 eingeführten islamischen Scharia sind Frauen verpflichtet, ihr Haar zu bedecken und lange, locker sitzende Kleidung zu tragen, um ihre Figur zu verbergen. Wer dagegen verstößt, muss mit Geldstrafen oder Verhaftung rechnen.
Quelle: Reuters, AFP

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