: Weitere Flüchtlinge von zwei Schiffen an Land

07.11.2022 | 05:17 Uhr
Italien hat 144 Kindern und Kranken gestattet, das Rettungsschiff "Humanity 1" zu verlassen. 35 Männer mussten aber an Bord bleiben. Die Opposition spricht von Selektion.
Italien, Catalina: Migranten gehen vom Bord des Seenotrettungsschiffs "Humanity 1".Quelle: Camilla Kranzusch/SOS Humanity/Reuters
Italien hat einen Teil der Flüchtlinge von zwei Rettungsschiffen im Hafen von Catania auf Sizilien von Bord gelassen. Mehrere Minderjährige, ein Baby sowie kranke Erwachsene hätten die unter deutsche Flagge fahrende "Humanity 1" verlassen, während 35 Männer an Bord hätten bleiben müssen, sagte Petra Krischok, Sprecherin der Seenotrettungsorganisation SOS Humanity, am Sonntag. Weitere 357 Menschen durften am Abend das Schiff "Geo Barents" verlassen, 215 mussten an Bord bleiben. Die Organisation Sea Watch nannte das Vorgehen Italiens "skandalös".

Piantedosi nimmt Deutschland in die Pflicht

Zuvor hatten die italienischen Behörden die "Humanity 1" aufgefordert, in den Hafen von Catania einzulaufen. Die Regierung in Rom sagte, sie werde bei ihren humanitären Verpflichtungen keinen "Rückzieher" machen. Diejenigen, die nicht "qualifiziert" seien, müssten allerdings "unsere Hoheitsgewässer verlassen und von dem Staat versorgt werden, unter dessen Flagge sie fahren", sagte Innenminister Matteo Piantedosi am Samstag.
SOS-Humanity-Sprecherin Krischok sprach davon, dass die Stimmung unter Überlebenden "extrem gedrückt" sei. Ein Mensch habe einen Zusammenbruch erlitten.

Sorge um 35 Zurückgebliebene

Am Sonntagmittag erklärte die Hilfsorganisation, die "Humanity 1" sei aufgefordert worden, den Hafen von Catania zu verlassen. "Wir sind sehr besorgt um die 35 Überlebenden", erklärte Mirka Schäfer, politische Referentin von SOS Humanity. Diese dürften nicht zurückgewiesen werden.
Die Organisation Sea Watch bezeichnete das Vorgehen Italiens im Onlinedienst Twitter als "skandalös". Eine Zurückweisung wäre ein "Verbrechen".
Der italienische Oppositionsabgeordnete Aboubakar Soumahoro, der dabei war, als die Flüchtlinge die "Humanity 1" verließen, kritisierte die "Selektion von schiffbrüchigen Migranten". Sie verstoße gegen internationales Recht. Die Regierung der ultrarechten Ministerpräsidentin Giorgia Meloni behandele die erschöpften Schiffbrüchigen "wie Objekte".

Mehr als hundert unbegleitete Minderjährige an Bord

Die Seenotretter der "Humanity 1" hatten nach eigenen Angaben zwischen dem 22. und 24. Oktober bei drei Einsätzen Migranten gerettet, die im Mittelmeer in Seenot geraten waren. Unter ihnen sind demnach mehr als hundert unbegleitete Minderjährige.
Die Bundesregierung hatte Italien am Donnerstag um "schnelle Hilfe" für die geretteten Flüchtlinge gebeten. Neben der "Humanity 1" fährt auch die "Rise Above" der Hilfsorganisation Mission Lifeline unter deutscher Flagge. Zwei weitere Schiffe, die "Ocean Viking" der Flüchtlingsrettungsorganisation SOS Méditerranée und die "Geo Barents" von Ärzte ohne Grenzen, sind in Norwegen registriert. Die "Rise Above" und die "Ocean Viking" warten vor Sizilien noch auf die Erlaubnis, ihre Geretteten von Bord zu lassen.
Italiens Ministerpräsidentin Meloni hatte nach ihrem Amtsantritt angekündigt, sie werde die Ankunft von Einwanderern aus Afrika blockieren. Ihr Innenminister Piantedosi erklärte, er könne die Schiffe der Hilfsorganisationen und die an Bord befindlichen Migranten daran hindern, nach Italien zu kommen.
Quelle: Ella Ide, AFP

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