: So unfair sind die Kita-Plätze verteilt

von Gary Denk
09.03.2023 | 23:00 Uhr
Die Kita-Plätze in Deutschland sind nicht nur knapp, sondern auch unfair verteilt: Eine Studie des Bundesinstituts für Bevölkerungsforschung zeigt, wer es besonders schwer hat.
Im Jahr 2020 hatten 35 Prozent aller Kinder unter drei Jahren einen Platz in der Kita. Quelle: iStock/FatCamera
Seit zehn Jahren haben alle Kinder ab dem ersten Geburtstag einen Rechtsanspruch auf einen Kita-Platz. Damit verbunden war die Erwartung, dass alle Kinder profitieren würden - unabhängig vom Einkommen der Eltern. Die erhoffte Veränderung blieb aber weitgehend aus. Das zeigt eine neue Untersuchung des Bundesinstituts für Bevölkerungsforschung.  

 

Weiterhin nicht genügend Kita-Plätze

Nicht alle, die einen Kita-Platz für ihr Kind wollen, bekommen auch einen. Das war vor zehn Jahren so - und ist laut Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung bis heute der Fall. 
Es analysiert in seiner Untersuchung Daten fürs Jahr 2020, das aktuellste Jahr, für das umfangreiche Angaben vorliegen. Damals hatten 35 Prozent aller Kinder unter drei Jahren einen Betreuungsplatz in der Kita oder bei Tageseltern. 14 Prozent bekamen keinen Platz, obwohl ihre Eltern das wollten. Damit sind sowohl die Betreuungsquote als auch der ungedeckte Bedarf seit 2013 gestiegen. 

Betreuungsquote bei Kindern aus ärmeren Familien geringer

Die Betreuungslücke ist bei armutsgefährdeten Familien noch größer. Insgesamt 17 Prozent dieser Kinder bekamen 2020 keinen Platz in einer Kita. 23 Prozent wurden betreut - deutlich weniger als im Schnitt aller Familien. 
Dabei seien Kita-Plätze gerade für armutsgefährdete Familien wichtig, damit die Eltern einer bezahlten Arbeit nachgehen könnten, sagt Prof. C. Katharina Spieß, Direktorin des Bundesinstituts für Bevölkerungsforschung. Außerdem profitierten auch die Kinder davon:  
 
Sie bekommen dort zusätzliche Förderung und Unterstützung, die allein zu Hause vielleicht nicht zur Verfügung steht.
Katharina Spieß, Direktorin Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung
Prof. C. Katharina Spieß ist Direktorin des Bundesinstituts für Bevölkerungsforschung.Quelle: Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung, Peter-Paul Weiler

Größte Betreuungslücke bei Familien, die zu Hause kein Deutsch sprechen

Ein noch krasseres Bild zeigt sich bei vielen Familien mit Migrationshintergrund. Nur 24 Prozent der Kinder, in deren Familien zu Hause kein Deutsch gesprochen wird, besuchten 2020 eine Kita. 28 Prozent bekamen keinen Platz - obwohl bei den Familien Bedarf besteht. 
Spieß findet die Befunde alarmierend: "Gerade bei Familien, in denen kein Deutsch gesprochen wird, kann der Kita-Besuch dabei helfen, die Sprache zu lernen."

Probleme bei der Kita-Anmeldung

Priorität sollte jetzt sein, den Kita-Ausbau weiter voranzutreiben, betont Spieß. "Wenn wir genügend Kita-Plätze hätten, dann wäre es ja auch nicht so, dass man überhaupt rationieren muss", erläutert die Expertin: "Dann könnten alle, die einen Bedarf haben, auch einen Platz kriegen."
Vielen Eltern fehlten Informationen darüber, wie die Kita-Anmeldung in Deutschland funktioniert. "Es muss mehr getan werden, um Familien zu erreichen, die zu Hause kein Deutsch sprechen, aus bildungsfernen Familien kommen oder armutsgefährdet sind", sagt Spieß. 
Einige Eltern wissen vielleicht nicht, dass man sich bei mehreren Kitas anmelden kann - oder dass man überhaupt einen Rechtsanspruch bereits ab dem ersten Geburtstag hat.
Katharina Spieß, Direktorin Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung
Die Zahlen zeigen laut der Expertin vor allem: Die Nachfrage nach Kita-Plätzen ist da - auch bei Familien mit Migrationshintergrund und Familien mit niedrigem Einkommen.  
"In den letzten Jahren hieß es oft einfach, dass viele Familien ihr Kind nicht in die Kita schicken wollen", sagt Spieß. "Das stimmt so aber nicht. Wir müssen beim Kita-Ausbau dranbleiben, damit wir auch kein Kind zurücklassen." 

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