: Bürgergeld: Bremer OB teilt gegen Union aus

von Felix Rappsilber
16.11.2022 | 05:00 Uhr
Bremens Bürgermeister Andreas Bovenschulte verteidigt das Bürgergeld als "wohl abgewogenes Modell". Der Union wirft er vor, auf dem Lohnabstandsgebot "herumzureiten".
Andreas Bovenschulte (SPD), Bürgermeister von Bremen.Quelle: ZDF/Lehmann
Lohnt sich Arbeit in Deutschland noch für alle Menschen? Diese Frage ist gerade eines der großen Reizthemen der Bundespolitik mit Blick auf die Debatte um das Bürgergeld. Am Dienstagabend bei "Markus Lanz" verteidigte der Bremer Oberbürgermeister Andreas Bovenschulte (SPD) das von der Ampel-Koalition vorgelegte Nachfolgemodell für Hartz IV. Die Union hatte das Bürgergeld im Bundesrat vorerst gestoppt.
Bovenschulte sagte: "Das Wichtigste ist, dass man jetzt einen gangbaren Weg findet, sodass das Bürgergeld zum 1. Januar eingeführt werden kann."

Bovenschulte: Stärkerer Aspekt auf Qualifizierung

Millionen Menschen würden darauf warten, "die dringend die Erhöhung der Regelsätze brauchen, die dringend ein Bürgergeld brauchen, was einen stärkeren Aspekt auf Weiterbildung und Qualifizierung legt".
Das von der Ampel-Koalition vorgelegte Modell sei ein "wohl abgewogenes", bei dem bereits verschiedene Kritikpunkte berücksichtigt worden seien. Angesichts des Kompromisses, den man nun zu finden habe, müsse man "sicherstellen, dass das Bürgergeld Bürgergeld bleibt und nicht einfach nur ein etwas reformiertes Hartz IV".

Bürgergeld: Kritik von Seiten der Union

Gemäß dem Lohnabstandsgebot muss es einen Verdienstunterschied zwischen Geringverdienern und Erwerbslosen geben. Die Union kritisiert, dass das Bürgergeld das Lohnabstandsgebot nicht gewährleiste. Bovenschulte warf CDU und CSU wiederum vor, auf dem Abstandsgebot "herumzureiten" und zu behaupten, dass sich Arbeit nicht mehr lohne. Er ging gar so weit, von "Fake-Berechnungen über das Abstandsgebot" zu sprechen und sagte:
"Wer Vollzeit Mindestlohn arbeitet und dazu das Wohngeld kriegt und wenn er Kinder hat den Kinderzuschlag, wer die Zuverdienstpauschalen berücksichtigt, der steht einige hundert Euro besser da als jemand, der künftig vom Bürgergeld lebt."

Journalist Bröcker: Mehr Anreize, aus Langzeitarbeitslosigkeit zu kommen

"Zynisch" nannte der Journalist Michael Bröcker dieses Argument. Denn Arbeitnehmerfamilien würden im Vergleich zu Beziehern des Bürgergeldes oft pendeln und sowohl ihre Benzin-, als auch Energiekosten vollumfänglich selbst tragen müssen. Zudem sei die Frage nicht, "ob jemand seinen Job kündigt und ins Bürgergeld geht". Vielmehr müsse ein Anreiz für Menschen her, es "aus der Langzeitarbeitslosigkeit in die eine Million offenen Jobs in Deutschland" zu schaffen.
Markus Lanz konfrontierte Bovenschulte daraufhin mit dem Szenario eines Arbeitnehmers, der weder das Wohngeld, noch Unterstützung für seine Kinder beantrage und damit faktisch schlechter gestellt sei als ein Bezieher des Bürgergeldes. Bovenschulte entgegnete: "Wenn jemand bürgergeldberechtigt ist und beantragt Bürgergeld nicht, dann ist er noch schlechter gestellt."

Würde dadurch herstellen, dass Arbeit gut bezahlt wird?

Weiter rechnete er vor: "Meine Würde ist, dass die Menschen nicht zwölf Euro, sondern durch einen vernünftigen, tarifgebundenen Job 13, 14, 15 Euro verdienen, weil dann stellt sich natürlich die Frage des Kinderzuschlags und des Wohngelds nicht mehr". Er wolle Würde dadurch herstellen, dass Arbeit gut bezahlt werde, sagte der SPD-Politiker, um daraufhin erneut gegen die Union auszuteilen:
"Andere möchten die Würde und den Abstand dadurch herstellen, dass diejenigen, die wenig haben, möglichst nicht mehr bekommen oder vielleicht sogar weniger bekommen."
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