Interview

: Kiew erwartet "klaren Fahrplan" Richtung Nato

10.07.2023 | 11:12 Uhr
In Litauen kommen am Dienstag die Nato-Staaten zusammen. Die Ukraine fordert vor dem Treffen eine klare Beitrittsperspektive, erklärt Sicherheitsexpertin Claudia Major im ZDF.

"Die Ukraine möchte einen klaren Fahrplan, eine Zusicherung, dass so ein Krieg nicht noch einmal passiert", so Claudia Major von der Stiftung Wissenschaft und Politik.

10.07.2023 | 04:33 min
Am Dienstag trifft sich die Nato in Litauen zum womöglich "wichtigsten Gipfel des Jahres". Erneut wird der Ukraine-Krieg das Treffen des Militärbündnisses bestimmen.

Major: Ukraine "vogelfrei"

Ob der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj anreist, ist noch ungewiss. Selenskyj hatte angekündigt, nur zu kommen, wenn Substanzielles für sein Land beschlossen werde. Dem US-Sender ABC sagte er:
Wir möchten, dass alle Entscheidungen während des Gipfels getroffen werden. Ich will nicht zum Spaß nach Vilnius fahren, wenn die Entscheidung schon vorher gefallen ist.
Wolodymyr Selenskyj
Doch was wird das Bündnis dem angegriffenen Land anbieten? "Das wissen wir noch nicht", sagt Militär- und Sicherheitsexpertin Claudia Major im ZDF Morgenmagazin - und dämpft Erwartungen auf große Würfe. Das lange Zögern der Allianz bei einer möglichen Nato-Aufnahme der Ukraine habe dafür gesorgt, dass das Land aktuell "vogelfrei ist".
"Wir sind Nato-reif", erklärt der ukrainische Botschafter in Deutschland im ZDF-Morgenmagazin:

10.07.2023 | 09:52 min

Gratwanderung für die Nato

So habe die Nato der Ukraine bereits 2008 eine Beitrittsperspektive gegeben, sei aber nie konkret geworden. Damit sei die Ukraine "in einer Art Grauzone geblieben", betont Major im ZDF. "So eine Art: du wirst mal irgendwann Nato-Mitglied, aber wann und wie wissen wir nicht."
Und diese Grauzone, dieses vogelfrei sein, hat ja auch dazu geführt, dass Russland die Ukraine angegriffen hat, weil sie diesen Schutz eben nicht hatte.
Claudia Major, Militärexpertin
Kiew erwartet laut Major nun einen "klaren Fahrplan" und damit verbunden die Zusicherung, dass so ein "Krieg nicht noch einmal passiert". Für die Nato jedoch sei das eine Gratwanderung - umso mehr Zugeständnisse die Nato-Staaten machten, desto höher sei das Risiko, dass "sie mit reingezogen werden in diesen Krieg - und dass sie so ein Verteidigungsversprechen auch wirklich praktisch, politisch und militärisch hinterlegen müssen".

Major: Grad der Unterstützung in Nato umstritten

Im Bündnis sei die Unterstützungsfrage deswegen stark umstritten. Es gebe Staaten, die eher zurückhaltend seien, wie etwa Deutschland und die USA. Die Vereinigten Staaten hatte der Ukraine zuletzt Schutz nach israelischem Vorbild angeboten. Gleichzeitige gebe es Mitgliedsländer, die sich für deutlich mehr Zusicherungen für die Ukraine aussprächen, wie Polen und die baltischen Staaten.
Der Nato-Gipfel in Vilnius beginnt am Dienstag. Die Ukraine hatte zuvor eine formelle Einladung in die Nato gewünscht. In Litauen, das an die russische Exklave Kaliningrad sowie an Russlands Verbündeten Belarus grenzt, bereitet man sich angesichts der Lage auf den Ernstfall vor:

Viele Litauer haben Angst vor einem Angriff Russlands, aber auch vor dem Nachbarn Belarus, von wo aus Truppen in ihr Land einfallen könnten. Eine Reportage von der Nato-Ostflanke.

10.07.2023 | 02:30 min
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Quelle: ZDF

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