: Polen will Druck bei Reparationen erhöhen

06.12.2022 | 09:25 Uhr
Polens Reparationsbeauftragter macht Druck bei den Reparationen. Deutschland habe nun die Wahl: Entweder das Land verhandle oder Polen werde das Thema international diskutieren.
Die Forderung nach Reparationszahlungen könne Deutschland nicht aussitzen, sagt Polens Vize-Außenminister Arkadiusz Mularczyk.Quelle: dpa
Die polnische Regierung will bei ihrer Forderung nach Weltkriegs-Reparationen den Druck auf Deutschland weiter erhöhen. "Die Frage der Reparationen hat eine fundamentale Bedeutung für Polen", sagte der polnische Vize-Außenminister und Reparationsbeauftragte Arkadiusz Mularczyk der Deutschen Presse-Agentur zum Auftakt seines zweitägigen Antrittsbesuchs in Berlin.
Es geht hier nicht alleine um eine politische Frage, sondern es geht um die Würde Polens.
Arkadiusz Mularczyk, Polens Reparationsbeauftragter
"Jetzt hat Deutschland die Wahl: Entweder setzt es sich mit Polen an den Verhandlungstisch, oder wir werden die Sache in sämtlichen internationalen Foren thematisieren - bei den UN, im Europarat und in der Europäischen Union."

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Polen fordert Dialog zu Reparationen

Die polnische Regierung habe mit ihren Aktivitäten erst begonnen, betonte Mularczyk. Neben bilateralen Gesprächen solle eine internationale Konferenz zu dem Thema stattfinden, weil auch andere Länder betroffen seien. Neben Polen fordert auch Griechenland seit langem Reparationen von Deutschland.
"Diese Sache kann von der Bundesregierung nicht ausgesessen werden bis zur nächsten Wahl", sagte Mularczyk. "Es muss ein Dialog zu diesem Thema stattfinden, sonst wäre das sehr schlecht für unsere Nachbarschaft." 
Polen hatte bereits vor zwei Wochen in einer offiziellen Note an 51 Staaten der EU, der Nato und des Europarats um Verständnis für seine Forderungen geworben.

Polen beziffert Schadenssumme auf 1,3 Billionen Euro

Mularczyk hat als Vorsitzender einer Parlamentskommission einen Bericht zu den von Nazi-Deutschland im Zweiten Weltkrieg angerichteten Kriegsschäden in Polen anfertigen lassen, der im September vorgestellt wurde. Darin ist die Schadenssumme auf 1,3 Billionen Euro beziffert.
Ende Oktober wurde Mularczyk zum Vize-Außenminister und Reparationsbeauftragten der polnischen Regierung ernannt. In diesen Funktionen führt er am heutigen Dienstag und am Mittwoch Gespräche in Berlin, unter anderem mit der Europa-Staatsministerin im Auswärtigen Amt, Anna Lührmann.

Mularczyk: Politik des Verschweigens, Verjährens, Vergessens

Die Bundesregierung hält die Reparationsfrage für abgeschlossen und beruft sich auf den Zwei-plus-Vier-Vertrag über die außenpolitischen Folgen der Deutschen Einheit, an dem Polen allerdings nicht beteiligt war. "Es sollte zwischen Deutschland und Polen keine Dinge geben, die unter den Teppich gekehrt werden", betonte Mularczyk.
Er warf Deutschland vor, seit den 50er Jahren eine Politik des "Verschweigens, Verjährens und Vergessens" zu verfolgen.
"Ich kenne persönlich ältere Menschen, die im Krieg schwer verletzt wurden und seitdem körperlich behindert sind. Sie haben ihr Leben lang nach Gerechtigkeit gesucht und sie nicht gefunden", sagte der Vize-Außenminister.
Die Deutschen sehen diese Menschen nicht und tun so, als würden diese Menschen nicht existieren.
Arkadiusz Mularczyk, Polens Reparationsbeauftragter
"Gleichzeitig werden Altersrenten an ehemalige Wehrmachtssoldaten und SS-Angehörige gezahlt. Diese Politik Deutschlands muss der Welt gezeigt werden." Mularczyk sprach von einer "großen historischen Ungerechtigkeit".
Quelle: dpa