: UN-Sicherheitsrat: Winter als Kriegswaffe

von Johanna Sethe, ZDF-Studio New York
24.11.2022 | 03:20 Uhr
Ukraines Präsident Wolodymyr Selenskyj fordert vor dem UN-Sicherheitsrat eine noch deutlichere Verurteilung der russischen Angriffe in der Ukraine und Hilfe bei der Luftabwehr.
Der UN-Sicherheitsrat tagt (Archivbild).Quelle: dpa
Nach erneuten, russischen Raketenangriffen auf zivile und kritische Infrastruktur in der Ukraine hatte Präsident Wolodymyr Selenskyj eine Dringlichkeitssitzung des UN-Sicherheitsrates in New York erbeten. Er selbst war der kurzfristig einberufenen Sitzung per Videochat zugeschaltet.
Die russischen Angriffe hatten an diesem Mittwoch neben Toten auch zu landesweiten Stromausfällen geführt. Auch das von Russland besetzten Atomkraftwerk Saporischschja wurde durch die Luftangriffe von der externen Stromversorgung abgeschnitten. Der Internationalen Atomenergiebehörde IAEA zufolge läuft es derzeit über Diesel-Generatoren.

Selenskyj kritisiert Vetorecht Russlands im UN-Sicherheitsrat scharf

Präsident Selenskyj forderte in der Sicherheitsratssitzung deshalb mehr Unterstützung für die ukrainische Luftabwehr in Form von modernen Raketenabwehrsystemen. Und: Man müsse Russland klar als "Terroristen" benennen. Die russischen Angriffe auf die kritische Infrastruktur der Ukraine an diesem Mittwoch bezeichnete er als "Verbrechen gegen die Menschlichkeit". Darauf erwarte die Ukraine "eine sehr entschiedene Reaktion" der internationalen Staatengemeinschaft im Sinne der UN-Charta, so Selenskyj.
Vor diesem Hintergrund forderte der ukrainische Präsident außerdem, die Rolle Russlands im UN-Sicherheitsrates in Frage zu stellen. Als "internationaler Terrorist" müsse man Russland von jeglichen Abstimmungen im Sicherheitsrat ausschließen.
Wir müssen die Gerechtigkeit innerhalb der UN-Struktur wiederherstellen, sagte Selenskyj.
Es ist Unsinn, dass das Vetorecht der Partei gesichert wird, die diesen verbrecherischen Krieg führt.
Wolodymyr Selenskyj, ukrainischer Präsident

UN: Russland will Ukraine mit Angriffen auf Versorgungswege deutlich schwächen

Konsequenzen werden Selenskyjs Forderungen im UN-Sicherheitsrat aufgrund dieses russischen Vetorechts voraussichtlich nicht haben. Die UN-Beauftragte für politische Angelegenheiten, Rosemary diCarlo, verurteilte den russischen Angriff zu Beginn der Sitzung stark. Die systematische Zerstörung kritischer Infrastruktur verstoße gegen internationale Menschenrechte, so diCarlo. Mit Ausnahme von Russland waren sich die Ratsmitglieder zudem vor allem in zwei Dingen einig:
  1. Die kritische Situation am von Russland besetzten Atomkraftwerk Saporischschja stelle ein großes Risiko dar und eine atomare Katastrophe müsse mit allen Mitteln verhindert werden.
  2. Nachdem die russischen Truppen in den vergangenen Wochen militärische Rückschläge erlitten hatten, scheine Moskau zu versuchen, die Ukraine über Angriffe auf die Zivilbevölkerung und ihre Versorgungswege zu schwächen.
US-Botschafterin Linda Thomas-Greenfield sagte, Russland benutze den Winter als Waffe.
Putins Motiv könnte nicht deutlicher und nicht kaltherziger sein.
Linda Thomas-Greenfield, US-Botschafterin

China verurteilt Angriffe auf kritische und zivile Infrastruktur

Auch China zeigt sich, wenn auch verhalten, zunehmend distanziert von der russischen Kriegstaktik. Der chinesische UN-Botschafter Zhang Jun adressierte in seinem Redebeitrag zwar beide Parteien, schloss sich aber ganz allgemein der Verurteilung von zunehmenden Angriffen auf kritische und zivile Infrastruktur an und bezeichnete sie als "sehr besorgniserregende Entwicklung". Man müsse die Auswirkungen des Konfliktes auf das Leben der Menschen verringern, so Jun.
Der russische UN-Botschafter Wassili Nebensja wies die Kritik der Sicherheitsratsmitglieder zurück. Das "ukrainische Regime" beschuldige Russland zu Unrecht für Schäden an ziviler Infrastruktur, die eigentlich von ukrainischen Luftabwehrraketen stammten. Nebensja forderte von den westlichen Staaten, die Ukraine nicht mehr mit Abwehrsystemen zu beliefern.

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Quelle: ZDF
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Das Aktionsbündnis Katastrophenhilfe hilft Menschen in der Ukraine und auf der Flucht. Gemeinsam sorgen die Organisationen Caritas international, Deutsches Rotes Kreuz, Diakonie Katastrophenhilfe und UNICEF Deutschland für Unterkünfte und Waschmöglichkeiten, für Nahrungsmittel, Kleidung, Medikamente und andere Dinge des täglichen Bedarfs. Auch psychosoziale Hilfe für Kinder und traumatisierte Erwachsene ist ein wichtiger Bestandteil des Hilfsangebots.
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