: Wie Uruguay gegen den Wassernotstand kämpft

von Tobias Käufer, Montevideo
02.07.2023 | 21:18 Uhr
Eine historische Dürre und Versäumnisse der Politik sorgen für eine schwere Trinkwasserkrise in Uruguay. Vom Drama in der Hauptstadt kann auch Europa lernen.
Die Dürre in Uruguay ist ein großes Problem für die Trinkwasserversorung des Landes.Quelle: dpa
Luis Lacalle Pou versucht erst gar nicht die Lage zu beschönigen: "Wenn es nicht regnet, wird das Wasser nicht mehr trinkbar sein", bereitet Uruguays Präsident die Bevölkerung der Hauptstadt Montevideo auf das Ärgste vor.
Täglich blicken die rund 1,4 Millionen Menschen aus der Metropolregion auf den aktuellen Wasserstand im "Paso Severino", dem Stausee gut zwei Autostunden außerhalb der Stadt. Von hier stammt das Trinkwasser Montevideo hauptsächlich. Und täglich schrumpft das überlebenswichtige Nass auf weitere historische Tiefststände zusammen.
Am Donnerstag waren es gerade noch einmal 2,4 Prozent des normalen Wasserstandes. Das reicht allemal noch für zehn Tage. Meteorologe Nestor Santayana vom Institut "Inumet" drückt es im Gespräch mit ZDFheute so aus: "Dies ist eine historische Situation, mit der wir konfrontiert sind." Uruguay erlebe die schlimmste Dürre seit 115 Jahren. Die Regierung will nun an besonders vulnerable Gruppen Trinkwasserflaschen verteilen lassen.

Leitungswasser in Montevideo mit erhöhten Salz- und Chlorwerten

Schon jetzt ist das Wasser, das - nicht selten in "röchelnder Form" - aus dem Wasserhahn in Montevideos Haushalten kommt, stark salz- und chlorhaltig.
"Röchelnder" Wasserhahn in Montevideo
Der in die Kritik geratene staatliche Versorger OSE muss es wegen der Wasserknappheit mit dem Wasser des Rio de la Plata mischen. Der Fluss trennt Argentinien und Uruguay; an seinen Ufern liegen im Süden Buenos Aires und weiter nördlich Montevideo.
Zwar erklärt das Gesundheitsministerium das Wasser für unbedenklich, eine weitere Steigerung des Salzgehaltes will das Ministerium aber nicht zulassen. Die von der linken Opposition regierte Stadtverwaltung warnt allerdings schwangere Frauen vor dem Trinkwasser.
Beide politischen Lager, die das Land abwechselnd regiert haben, haben sich in den vergangenen Jahrzehnten nicht mit Investitionsvorhaben hervorgetan, eine Dürre dieses Ausmaßes hat allerdings auch niemand vorausgesehen.

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Klimaphänomen "La Nina" mitverantwortlich für Dürre

Inzwischen ruft die Kirche zu Gebeten auf. Kardinal Daniel Sturla, Erzbischof von Montevideo, lässt zu Ende der Gottesdienste Gebete sprechen.
Unser Gott, in dem wir leben, uns bewegen und existieren, wir bitten dich, dass du uns den nötigen Regen schenkst.
Kardinal Daniel Sturla, Erzbischof von Montevideo
Vize-Umweltminister Gerardo Amarilla beschreibt im Gespräch die Lage mit ZDFheute wie folgt: "Die Ursache für das Problem ist, dass wir in Wirklichkeit drei Jahre in Folge ein Wasserdefizit haben und dass es in den Sommermonaten große Dürreperioden gab. Im Jahresdurchschnitt ist das Defizit das dritte Jahr in Folge das niedrigste in der Geschichte."
Nestor Santayana nennt aus meteorologischer Sicht die Auswirkungen des Klimaphänomens "La Nina" sowie die natürliche Variabilität der Atmosphäre als Hauptursachen für die aktuelle Situation. Das habe dazu geführt, dass es vor allem in Brasilien überdurchschnittlich viel geregnet hat, während in Argentinien und Uruguay es überdurchschnittlich trocken blieb.

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Infrastruktur nicht auf gestiegenen Wasserbedarf angepasst

Die Situation in Montevideo kann zu einem Lehrstück für Europa werden. In Uruguay wird deutlich, was passiert, wenn es versäumt wird die Infrastruktur auf den gestiegenen Bedarf in Folge eines Bevölkerungswachstums und auf Extremwetterereignisse einzustellen.
Wir haben in den letzten 50 Jahren keine Fortschritte erzielt, um die Trinkwasserkapazitäten für eine Region zu erhöhen, die auch ein starkes Bevölkerungswachstum zu verzeichnen hatte.
Gerardo Amarilla, Vize-Umweltminister Uruguay
In Uruguay arbeiten die Behörden nun fieberhaft an einer Lösung. Die einfachste wäre: Es regnet endlich wieder einmal im Einzugsgebiet des Stausees. Doch dafür gibt es derzeit keine meteorologischen Hoffnungsschimmer.

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