: DHB-Team im Check

von Erik Eggers
10.01.2024 | 08:42 Uhr
Viele junge Spieler, nur wenig Erfahrung: Die deutschen Handballer starten als Außenseiter in die Heim-EM. Der Auftakt gegen die Schweiz ist die erste Bewährungsprobe.
Andreas Wolff steht für Top-Leistung im DHB-Team (Archivfoto)Quelle: dpa
Rhetorisch ist Andreas Wolff immerhin schon in Topform. Nun, da am Mittwoch (20.45 Uhr, live im ZDF) das EM-Eröffnungsspiel gegen die Schweiz bevorstehe, beginne bei ihm "das Kopfkino", berichtete der Torwart der deutschen Handballer. Er könne es gar nicht erwarten, in das mit 54.000 Menschen gefüllte Düsseldorfer Stadion einzulaufen.

Wolff im Angriffsmodus

Der 32-Jährige, dessen Stern bei der EM 2016 in Polen aufging, hatte sich lange mit Ansagen zurückgehalten. Nun aber, da er nach einem Bandscheibenvorfall wiederhergestellt ist, schaltet er in den Angriffsmodus. "Das Ziel ist ganz klar, Europameister zu werden", sagte er lächelnd beim Medientag in Brunsbüttel.
Wer antritt und nicht Europameister werden möchte, hat seinen Beruf verfehlt.
Andreas Wolff, Handball-Nationaltorwart
Auch die Kollegen haben bei der 16. EM hohe Ziele. Nicht nur Timo Kastening (MT Melsungen) träumt ebenfalls vom Gewinn der ersten Medaille seit acht Jahren, wie er im ZDF-Sportstudio klarmachte. "Ich glaube, dass wir als Team eine hohe Qualität haben und es mit den Zuschauern im Rücken schwer werden wird, uns zu schlagen", sagt auch Linksaußen Rune Dahmke (THW Kiel).

Gislason, der Mahner

Der Bundestrainer Alfred Gislason aber mahnt. "Ich schaue nur auf das erste Spiel, danach sehen wir weiter", sagt der 64-jährige Isländer, der das Team seit fast vier Jahren trainiert. Denn er hat nicht vergessen, dass seine Mannschaft noch im Frühjahr zwei desaströse Niederlagen gegen Weltmeister Dänemark kassierte.

Verlieren verboten im EM-Eröffnungsspiel gegen die Schweiz. Aber: Die Eidgenossen sind ein dicker Brocken, auch wenn Deutschland 18 der letzten 20 Spiele gegen die Schweiz gewann.

09.01.2024 | 00:54 min
Sehr viel wird abhängen vom Deckungszentrum, in dem Kapitän Johannes Golla (Flensburg) und Julian Köster (Gummersbach) erste Wahl sind. Aber dieses Duo braucht Entlastung. Und die beiden Alternativen im Mittelblock, der Göppinger Sebastian Heymann und Justus Fischer aus Hannover, sind Greenhorns des internationalen Handballs.

Tor

David Späth (Rhein-Neckar Löwen), Andreas Wolff (Industria Kielce)  

Linksaußen

Rune Dahmke (THW Kiel), Lukas Mertens (SC Magdeburg)

Rückraum links/Mitte

Sebastian Heymann (Frisch Auf Göppingen), Martin Hanne (TSV Hannover-Burgdorf), Julian Köster (VfL Gummersbach), Philipp Weber (SC Magdeburg) Rückraum Mitte: Juri Knorr (Rhein-Neckar Löwen), Nils Lichtlein (Füchse Berlin)

Rückraum rechts

Kai Häfner (TVB Stuttgart), Renars Uscins (TSV Hannover-Burgdorf) 

Rückraum rechts/Rechtsaußen

Christoph Steinert (HC Erlangen) 

Rechtsaußen

Timo Kastening (MT Melsungen)

Kreis

Justus Fischer (TSV Hannover-Burgdorf), Johannes Golla (SG Flensburg-Handewitt), Jannik Kohlbacher (Rhein-Neckar Löwen) 

Zweiter Anzug sitzt noch nicht

Nach Wechseln im Innenblock sei gegen starke Gegner manchmal "nicht mehr die Qualität da, die vorher da war", sagte der Bundestrainer mit nachdenklicher Miene:
Wir müssen konstanter werden.
Handball-Bundestrainer Alfred Gislason
Schon das Auftaktspiel gegen die Schweiz wird eine echte Bewährungsprobe, denn der abgekochte Spielmacher Andy Schmid lenkt die Eidgenossen. Gut möglich, dass die Schweizer oft in 7:6-Überzahl agieren.
Da niemand weiß, wie das Team auf den hohen Druck reagiert, sind seriöse Prognosen jedenfalls kaum möglich. "Wir sind so etwas wie eine Wundertüte", sagt der noch junge Spielgestalter Juri Knorr, der bei der WM 2023 als Schütze und Passgeber brillierte.
Üblicherweise erreicht ein Spielmacher im modernen Handball seinen Leistungszenit erst mit 29 oder 30 Jahren. Aber der Bundestrainer ist gezwungen, den 23-Jährigen als Führungskraft ins Feuer zu schicken.

Die Heim-EM steht vor der Tür. Juri Knorr und Timo Kastening über die Chancen und Stärken des DHB-Teams, den Ausfall von Patrick Groetzki und den EM-Auftakt vor Weltrekord-Kulisse.

06.01.2024 | 19:14 min

Neulinge können überraschen - auch den Gegner

Auf der anderen Seite kann Unbekümmertheit auch zum Vorteil gereichen. Nicht ausgeschlossen, dass der Halblinke Martin Hanne, 22, bei der EURO durchbricht. Welche Anlange der Rechtshänder besitzt, zeigte er bei seinem Debüt am vergangenen Donnerstag, als er gegen Portugal fast traf wie er wollte.
"Er kann uns sehr helfen", hofft Gislason. Auch Torwart David Späth, Kreisläufer Fischer, der Linkshänder Renars Uscins und Spielmacher Nils Lichtlein können, da sie international unbekannt sind, die Gegner düpieren.

Handball-EM im ARD und ZDF

ARD und ZDF übertragen alle EM-Spiele des deutschen Teams - im TV und online. Viele weitere EM-Spiele sind in Livestreams in den Mediatheken der beiden Sender zu sehen, dazu Zusammenfassungen ausgewählter Partien.

Das Halbfinale live auf sportstudio.de:

  • Frankreich - Schweden, Freitag, 17:45 Uhr
  • Dänemark - Deutschland, Freitag, 20:30 Uhr

Defizite im Rückraum

Ballgewinne in der Abwehr und die folgenden Tempogegenstöße sind aber auch deshalb nötig, weil der Positionsangriff sicherlich nicht zu den Stärken des deutschen Spiels gehört.
Im Rückraum steht zwar mit Kai Häfner, 34, ein routinierter Linkshänder zur Verfügung. Aber bisher ist nur Philipp Weber durch das Stahlbad Champions League gegangen - spielte beim SC Magdeburg zuletzt jedoch nur eine Nebenrolle.

Wolff bietet Erfahrung und Top-Leistung

Auf immerhin einer wichtigen Position ist viel Erfahrung vorhanden. Torhüter Andreas Wolff glänzte in den vergangenen drei Spielzeiten mit dem polnischen Serienmeister Kielce in der Königsklasse und auch in der DHB-Auswahl. Wolffs offensive Rhetorik speist sich also aus Topleistungen.

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