Der Titel hätte die direkte Fahrkarte zu den Paralympics 2024 in Paris bedeutet, aber Katharina Krüger war klar gewesen, dass die Chancen nicht besonders gut standen. Schließlich hatte die Niederländerin Diede De Groot, die Führende der Weltrangliste im Rollstuhltennis, ihre Teilnahme zugesagt am doppelten Premieren-Event in ihrer Heimat.

Denn im niederländischen Rotterdam fand im Rollstuhltennis zum ersten Mal eine Europameisterschaft statt. Und das im Rahmen der ebenfalls erstmals ausgetragenen European Para Championships, den Mini-Paralympics mit Wettbewerben in zehn verschiedenen Sportarten, die noch bis Sonntag laufen.

Der Deutsche Behindertensportverband (DBS) ist in acht Disziplinen vertreten und hat nach Abschluss der Wettbewerbe im Goalball (ohne die Topteams und damit auch ohne deutsche Beteiligung), Boccia, Judo, Taekwondo und Rollstuhltennis bislang einmal Silber und viermal Bronze gewonnen.

Mit Rollstuhlbasketball, Radsport und Badminton (neben Schießen und Bogensport) laufen aber auch noch drei Sportarten, in denen deutsche Athletinnen und Athleten gute Medaillenchancen haben, auch wenn die Frauen durch die Niederlage im Halbfinale gegen Großbritannien zumindest das Direkt-Ticket nach Paris verpasst haben.

Katharina Krüger, 33 Jahre alte Berlinerin, ist seit Jahren Deutschlands beste Rollstuhltennis-Spielerin. Sie ist bei den Paralympischen Spielen 2008, 2012 und 2016 jeweils ins Achtelfinale vorgedrungen, 2021 schied sie bereits in der ersten Runde aus. Nun peilt sie ihre fünften Spiele an.

In Rotterdam kam es, wie es kommen musste: Im Halbfinale traf sie auf Diede De Groot - und verlor. Allerdings nach einem beherzten Auftritt vor allem im ersten Satz. "Ich bin zufrieden, dass ich nicht einfach vom Platz geschossen wurde", sagte Krüger. Ihr Spiel um Bronze verlor sie gegen die Britin Lucy Shuker. Besser lief es im Doppel mit Britta Wend: Das Duo gewann ebenso Bronze wie Max und Marcus Laudan bei den Männern.

"Das ist für uns ein tolles Ergebnis", sagte Krüger: "Ich gehe jetzt ganz entspannt und gelassen in die weiteren Turniere." Der Qualifikationszeitraum im Rollstuhltennis für die Paralympischen Spiele im nächsten Sommer in Paris hat gerade erst begonnen, am Mittwoch trat Krüger schon wieder bei einem Turnier in Belgien an, um wichtige Punkte für die Weltrangliste zu sammeln. Sie liegt auf Platz 13 - die Vorgabe des DBS für eine Paris-Nominierung lautet mindestens Platz 15. Wenn sie die Einzel-Qualifikation schafft, stehen die Chancen gut, dass auch Britta Wend über eine Wild Card nach Paris gelangt und das Duo auch dort als Doppel auftreten kann.

Die Mini-Paralympics-Premiere in Rotterdam hat Krüger auf jeden Fall gefallen. "Mit anderen Sportlern in Kontakt zu kommen und die ganze Palette der Emotionen mitzuerleben, ist toll", sagte sie. Wie bei den Paralympics eben. Obwohl ihr diesmal nicht viel Zeit geblieben sei, sich andere Disziplinen anzusehen.

Angetan vom bisherigen Verlauf der European Para-Championships ist auch Karl Quade, im DBS Vizepräsident Leistungssport. "Das ist ein tolles Format, das gut funktioniert", sagte er, nachdem er zu Beginn beim Para-Judo (Silber für Lennart Sass und jeweils Bronze für Tabea Müller und Ramona Brussig) und Para-Boccia volle Hallen erlebt hatte.

Die bisherige Medaillenausbeute des deutschen Teams bezeichnete Quade als "ordentlich". Jetzt hoffe man "auf die Qualifikation unserer Rollstuhlbasketball-Teams für die Paralympics und weitere EM-Medaillen beim Endspurt der European Para-Championships".