: Wie Girona die spanische Liga aufmischt

von Bastian Bühler
27.11.2023 | 22:56 Uhr
Real, Barca, Atlético: Selten war ein anderes Team in Spanien ganz vorne. Doch dieses Jahr ist alles anders. Der FC Girona sorgt an der Spitze für Furore.
Grund zum Jubel: Gab es beim FC Girona mit 32 erzielten Ligatoren schon häufig. Hier, die Jubeltraube beim Heimspiel gegen Las Palmas im überschaubaren Stadion Montilivi.Quelle: IMAGO / Pressinphoto
Mit knapp 15.000 Plätzen ist das Stadion Montilivi in Girona das kleinste im spanischen Oberhaus. Erfolgreicher Fußball wird hier dennoch gespielt: Nach dem 1:1 gegen Athletic Bilbao am Montagabend steht der FC Girona punktgleich mit Spitzenreiter Real Madrid auf Platz zwei der Tabelle.

Girona auf Leicesters Spuren?

Die mittlerweile 32 erzielten Treffer des Aufsteigers von 2022 sind Liga-Bestwert. Manch einen zieht Parallelen zur Premier League vor acht Jahren. Das Wunder von Leicester hat sich auch in Girona herumgesprochen.
Trainer Miguel Ángel Sánchez Muñoz, bekannt als "Míchel", wusste die Situation nach dem 4:2-Auswärtssieg Anfang November über Osasuna dennoch realistisch einzuschätzen.
Wir spielen nicht in einer Liga mit Barca, Madrid oder Atlético. Wir kämpfen darum, in der Liga dahinter eine Rolle zu spielen.
Miguel Ángel Sánchez Muñoz

Verbindungen in die Premier League

Doch handelt es sich beim Höhenflug von Girona wirklich um ein romantisches Fußballmärchen oder steckt mehr dahinter? Der Vergleich mit der überraschenden Meisterschaft von Leicester ist nicht die einzige Verbindung, die mit der Premier League hergestellt wird.
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Nachdem der Verein 2017 zum ersten Mal in seiner Geschichte den Sprung in die erste Liga geschafft hatte, nahm sich ein gewisser Pere Guardiola, Bruder des Manchester-City-Trainers Pep Guardiola des Projekts an.

Girona mit zwei Investoren

Seitdem gehören jeweils 44,3 Prozent des Vereins aus der 100.000-Einwohner-Stadt der City Football Group sowie der Girona Football Group. Nur noch 11,4 Prozent der Aktien sind einer Fanvereinigung zuzuschreiben.
Mit der City Football Group, welche inzwischen mehr als ein Dutzend Vereine - darunter ManCity - besitzt, und der Gruppe rund um Pere Guardiola entstand eine spannende Dreieckskonstellation. So überschneiden sich einige Karrierestationen der Spieler im aktuellen Girona-Kader.

Immer wieder Citizens im Girona-Team

Yangel Herrera war beispielsweise bis 2022 von City ausgeliehen und wurde nun für fünf Millionen Euro fest verpflichtet. Abgesehen von einer Einwechslung stand der Mittelfeldspieler in dieser Saison in jedem Ligaspiel in der Startformation.
Der brasilianische Außenverteidiger Yan Couto gehört eigentlich auch noch den Citizens und soll nach der laufenden Spielzeit transferiert werden.
Eingespieltes Mittelfeld: Aleix Garcia (links) und Yangel Herrera (rechts) standen beide schon bei Manchester City unter VertragQuelle: IMAGO / AFLOSPORT

Viele Leihspieler bei Girona

Nach Gironas Aufstieg 2017 wechselten gleich fünf City-Spieler auf Leihbasis nach Girona, um Spielpraxis auf höchstem Niveau zu sammeln. Darunter die brasilianische Nachwuchshoffnung Douglas Luiz, den City zuvor für zwölf Millionen in die Premier League gelotst hatte, um ihn dann direkt bei Girona zu parken. Sein Marktwert übertraf den des gesamten FC Girona aus der Vorsaison.
Beim 4:2-Erfolg der vergangenen Saison über das Star-Ensemble von Carlo Ancelotti aus Madrid, stach besonders Valentin Castellanos heraus. Dieser war Leihspieler vom New York City FC, der ebenfalls der City Football Group gehört.

Turbulente Zeiten

2012 stand der FC Girona nach eigenen Angaben für einen Euro zum Verkauf. Laut Vizepräsident Boadas wollte Klubbesitzer Josep Delgado den damaligen Zweitligisten abgeben, weil er "der mangelnden Hilfe und vielen Kritik überdrüssig ist".
Der Gedanke, dass der Verkauf nicht doch mit Delgados Anklage in Polen wegen millionenschwerer Steuerhinterziehung zu tun hatte, bleibt dem Betrachter selbst überlassen.
Gespräche über mögliche Kooperationen dürften 2015 aus Sicht des Vereins wohlwollend angenommen worden sein. Girona stand kurz vor der Insolvenz. Damals vermittelte Pere Guardiola Girona einer französischen Investorengruppe.

Besondere Prüfungen wegen Kooperationen

Bei Red Bull sind ähnliche Muster zu beobachten. Vor allem von Salzburg nach Leipzig zog es in den vergangenen Jahren immer mehr Top-Spieler. Dayot Upamecano, Konrad Laimer und Dominik Szoboszlai sind nur einige prominente Beispiele.
Vor der ersten gemeinsamen Europapokal-Teilnahme mussten die beiden RB-Teams der UEFA aufzeigen, dass sie unabhängig voneinander sind.

Girona und ManCity mit Champions-League-Dilemma?

Sollte der Lauf bei Girona anhalten und die Qualifikation für die Champions League am Ende der Saison gelingen, dürfte die UEFA ebenfalls genauer hinschauen. Wenn der Königsklassen-Dauerbrenner aus Manchester nicht patzt, wird die UEFA das Konstrukt und die vielen Querverbindungen auf Unabhängigkeit überprüfen.

RB Leipzig vollzieht zur neuen Saison einen großen Umbruch - und dennoch wird das Team von Trainer Marco Rose hoch gehandelt. Manu Thiele analysiert die Situation bei den Sachsen.

24.08.2023 | 13:46 min
Quelle: sid, dpa

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