: Afrika- und Asien-Cup reißen Löcher in Kader

von Ralf Lorenzen
08.01.2024 | 17:05 Uhr
31 Spieler deutscher Klubs treten ab Samstag bei den Kontinentalmeisterschaften Afrikas und Asiens an. Was früher oft für Ärger sorgte, wird heute meist gelassen gesehen. 
Leverkusen stellt aus der Bundesliga am meisten Spieler ab. Victor Boniface (re.) wäre einer von ihnen gewesen, fällt nun aber verletzt aus.Quelle: Marius Becker/dpa
Aus den vielen Stimmen der Bundesliga-Manager, die sich in den letzten Wochen über die Abstellungen ihrer Spieler für den Afrika-Cup geäußert haben, hebt sich die von Werder Bremens Profi-Chef Clemens Fritz durch einen positiven Zungenschlag ab.
"Unsere Hoffnung ist, dass er das Turnier gut verträgt", sagte Fritz mit Blick auf Werders Mittelfeldspieler Naby Keita. "Und es kann ja auch eine Chance sein, dass er topfit zurückkommt. Vielleicht mit einem Erfolgserlebnis, von dem wir sicherlich auch profitieren würden."

Bedeuten Abstellungen Wettbewerbsverzerrung?

Der vom FC Liverpool ausgeliehene Keita, der in Bremen aufgrund von Verletzungen und Trainingsrückstand in der Hinrunde nur sporadisch zum Einsatz kam, nimmt als Kapitän der Nationalmannschaft Guineas an der Kontinentalmeisterschaft teil.

Der Afrika-Cup

Der Afrika-Cup findet mit 24 Nationen vom 13. Januar bis 11. Februar 2024 an der Elfenbeinküste statt. Das Turnier wird seit 1957 alle zwei Jahre ausgetragen. Rekordsieger ist Ägypten mit sieben Titeln, Titelverteidiger ist der Senegal.

Bis 2017 fand das Turnier regelmäßig zu Beginn des Kalenderjahres statt. Dann entschied der afrikanische Fußballverband, den europäischen Vereinen entgegenzukommen und es in den Sommer zu verlegen. Die Auflage 2019 fand im Juni und Juli in Ägypten statt und auch die jetzige war für den Sommer 2023 geplant, musste aber aufgrund klimatischer Bedingungen im Gastgeberland verschoben werden.

Das nächste Turnier soll im Sommer 2025 in Marokko ausgetragen werden.

Teilnehmer aus den Bundesligen:

  • Ägypten: Omar Marmoush (Eintracht Frankfurt)
  • Algerien: Ramy Bensebaini (BVB), Farès Chaibi (Eintracht Frankfurt)
  • Burkina Faso: Edmond Tapsoba (Bayer Leverkusen)
  • Elfenbeinküste: Odilon Kossounou (Bayer Leverkusen), Sébastien Haller (BVB)
  • Ghana: Ransford-Yeboah Königsdörffer (HSV)
  • Guinea: Naby Keïta (Werder Bremen), Ilaix Moriba (Leipzig), Serhou Guirassy (VfB Stuttgart)
  • DR Kongo: Silas Katompa Mvumpa (VfB Stuttgart)
  • Mali: Amadou Haidara (Leipzig), Diadié Samassékou (TSG Hoffenheim)
  • Marokko: Noussair Mazraoui (Bayern München), Amine Adli (Bayer Leverkusen)
  • Tunesien: Oussama Haddadi (Greuther Fürth), Aissa Laidouni (Union Berlin), Ellyes Skhiri (Eintracht Frankfurt)

Quelle: bundesliga.de

Der Asien-Cup

Der Asien-Cup findet mit 24 Nationen vom 12. Januar bis 10. Februar in Katar statt. Ursprünglich sollte das Turnier im Sommer 2023 in China ausgetragen werden, das Land gab die Austragung aufgrund der Corona-Pandemie zurück.

Der Asien-Cup wird seit 1956 alle vier Jahre ausgetragen und ist nach der Copa América das zweitälteste kontinentale Fußballturnier der Welt. Rekordsieger ist Japan mit vier Titeln, Katar gewann die Trophäe erstmals vor vier Jahren in den Vereinigten Arabischen Emiraten.

Teilnehmer aus den Bundesligen:

  • Australien: Jackson Irvine, Connor Metcalfe (beide FC St. Pauli), John Iredale (Wehen Wiesbaden)
  • Irak: Youssef Amyn (Eintracht Braunschweig)
  • Japan: Ko Itakura (M'gladbach), Ritsu Dōan (SC Freiburg), Takuma Asano (VfL Bochum), Hiroki Ito (VfB Stuttgart)
  • Südkorea: Min-jae Kim (Bayern München), Jae-sung Lee (Mainz 05), Woo-yeong Jeong (VfB Stuttgart)

Quelle: bundesliga.de

Insgesamt 19 Spieler stellen die Klubs der ersten und zweiten Bundesliga für elf der 24 Teilnehmer-Länder am Afrika-Cup ab. Dazu kommt Stanley Ratifo (Mosambik) vom Fünftligisten CfR Pforzheim. Außerdem nehmen elf Spieler am parallel ausgetragenen Asien-Cup teil.
Für die meisten Klubs ist das eine bittere Pille, die sie schlucken müssen, weil die Fifa ihnen mit einer Abstellungspflicht keine andere Wahl lässt. Weil es Unterschiede bei der Anzahl und der Bedeutung der abzustellenden Spieler gibt, sprechen manche Kommentatoren davon, dass die "Grenze der Wettbewerbsverzerrung" (WAZ) erreicht sei.

Tabellenführer Leverkusen ist vorbereitet

Bei den Vereinen reagiert man gelassener - besonders beim Tabellenführer Bayer Leverkusen, der mit Edmond Tapsoba (Burkina Faso), Odilon Kossounou (Elfenbeinküste) und Amine Adli (Marokko) knapp ein Fünftel des Bundesliga-Kontingents für den Afrika-Cup stellt.
So ist der Spielkalender.
Leverkusens Trainer Xavi Alonso
"Wir verlieren einige Spieler, aber wir haben gesehen, dass alle Spieler spielen können. Ich weine nicht. Ich bin kein Opfer."
Beim 4:0 im letzten Spiel des Vorjahres ließ Alonso vorsorglich schon eine Formation ohne die vier Nominierten auflaufen. Die Leverkusener haben ihren Kader rechtzeitig breit genug aufgestellt, um die Winter-Vakanzen zu schließen.

Münchner Sorgen um die Abwehr

Die dünne Besetzung seiner Abwehr ist dagegen auch ohne Turnier-Abstellungen ein Dauerthema beim FC Bayern München. Da kommt der wochenlange Verzicht auf den Marokkaner Noussair Mazraoui und den Südkoreaner Min-jae Kim noch verschärfend hinzu.

Nicht schön, aber erfolgreich: Der FC Bayern hat sein Auswärtsspiel beim VfL Wolfsburg mit 2:1 gewonnen. Die Münchner setzten sich dank ihrer Routine und Abgeklärtheit durch.

21.12.2023 | 09:14 min
Verständlich, dass Trainer Thomas Tuchel es als "extrem unglücklich" bezeichnet, Spieler mitten in der Saison abzugeben. Dennoch geht auch er pragmatisch und lösungsorientiert mit der Situation um. Die Bayern werden die Lösung voraussichtlich auf dem Transfermarkt suchen.

Ruf nach Vereinheitlichung

Noch prekärer ist die Lage hinter dem Spitzenduo, wo besonders der VfB Stuttgart und Eintracht Frankfurt improvisieren müssen. Der VfB muss neben Schlüsselspieler Serhou Guirassy (Guinea) und Sturmkollege Silas (Kongo) auf die Asien-Cup-Teilnehmer Woo-yeong Jeong (Südkorea) und Hiroki Ito (Japan) verzichten.
Wenn VfB-Sportdirektor Fabian Wohlgemuth über eine "ungewöhnliche Situation, mit der wir umgehen wollen und müssen" spricht, meint er dennoch den überraschenden dritten Tabellenplatz und nicht die Abstellungen.
Der Eintracht fehlt mit Ellyes Skhiri (Tunesien), Fares Chaibi (Algerien) und Omar Marmoush (Ägypten) vor allem Offensivpower. Obwohl alle Klubs bei der Verpflichtung afrikanischer Spieler wissen, was auf sie zukommt, wird wieder der Ruf nach einer "Vereinheitlichung eines internationalen Spielkalenders" laut. Der habe für ihn "Priorität für die Zukunft", sagte Bayer Leverkusens Geschäftsführer Fernando Carro.
Immerhin bleibt durch die Abstellungspflicht das früher übliche Gerangel zwischen den Klubs und den Nationalverbänden aus. 1994 ließ Eintracht Frankfurt Ghanas Nationalspieler Anthony Yeboah für seine Heimspiele mit dem Privatflieger vom Turnier in Tunesien einfliegen.

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