: VfB: Erfolgsmodell oder One-Man-Show?

von Ralf Lorenzen
26.10.2023 | 17:02 Uhr
Mit den Toren von Serhou Guirassy ist Stuttgart in der Tabelle nach oben gestürmt. Nach seiner Verletzung muss sich zeigen, wie stabil das VfB-System ist. Vieles spricht dafür.

Wichtiger Faktor für Stuttgarts Höhenflug ist Serhou Guirassy. Nun ist der Torgarant verletzt. Wie erfolgreich ist der VfB ohne ihn? Manu Thiele und weitere Experten sprechen darüber.

26.10.2023 | 13:58 min
In Stuttgart ploppen gerade zwei Jahreszahlen immer wieder auf: 1992 und 2007. Die Jahre, in denen der VfB überraschend Deutscher Fußballmeister geworden ist. Nicht, dass in der Schwabenmetropole mit dem augenblicklichen Höhenflug des VfB Stuttgart alle an die Wiederholung dieser Genie-Streiche glauben. Aber etwas träumen darf erlaubt sein. "Die  Hoffnung steigt, dass Stuttgart in der nächsten Saison international spielt", sagt Ex-VfB-Profi Kevin Kuranyi im aktuellen Bolzplatz: "Und das sollten auch die Ziele sein, wenn man so einen Saisonablauf wie bisher hat."

Erinnerung an Fritz Walter

Während der VfB bei der Meisterschaft 2007 vor allem als Kollektiv der "Jungen Wilden" überzeugte, stach 1992 wie heute ein Spieler heraus. Torschützenkönig Fritz Walter, der nie in die Nationalmannschaft berufen wurde, verblüffte die Fachwelt damals mit 22 Treffern.
Der aktuelle Shooting-Star in Stuttgart hat fast zwei Drittel dieser Trefferzahl, nämlich 14, schon nach acht Spieltagen erzielt - so viel wie noch nie ein Bundesliga-Spieler zu diesem Zeitpunkt. Dabei wurde Serhou Guirassy zu seiner Zeit beim 1. FC Köln (2016 bis 2019) mitunter schon als Flop bezeichnet und ist auch in den letzten vier Spielzeiten in Frankreich und auch in Stuttgart nie über elf Saison-Tore hinausgekommen.  

Der VfB Stuttgart schwebt weiter auf Wolke sieben. Die Schwaben siegten souverän bei Union Berlin. Einziger Wermutstropfen: Torjäger Serhou Guirassy zog sich eine Verletzung zu.

23.10.2023 | 08:15 min

Nicht nur Guirassy schöpft sein Potenzial aus

"Seine Qualität vor dem Tor ist, dass er unglaublich cool bleibt", sagt der Journalist Gregor Preiß von den Stuttgarter Nachrichten im Bolzplatz. "Er hat viele Situationen in dieser Saison gehabt, wo er im eins gegen eins vor dem Torhüter stand und dann immer das Richtige gemacht hat."
Es wäre jedoch verkürzt, Guirassy nur als Strafraumspieler zu sehen. "Man merkt, wenn er ein paar Minuten keinen Kontakt mit dem Ball hat, dann rutscht er ins Mittelfeld, versucht Ballkontakte zu haben, versucht immer am Spiel teilzunehmen", sagt Kevin Kuranyi.
Doch nicht nur Guirassy, sondern fast alle VfB-Spieler schöpfen in dieser Saison ihr Potenzial aus. Neu-Nationalspieler Chris Führich ist bislang der beste Vorbereiter der Liga, Angelo Stiller lässt den abgewanderten Mittelfeldstrategen Wataru Endo vergessen und Torwart Alexander Nübel hat mit starken Leistungen auch die Skeptiker bislang überzeugt.

Hoeneß ein Trainer mit VfB-DNA

Wenn so viele Spieler einen deutlichen Sprung machen, rückt automatisch der Trainer in den Blickpunkt. Sebastian Hoeneß, der als Spieler bis zum 17. Lebensjahr in der VfB-Jugend ausgebildet wurde und 1999 deutscher B-Jugendmeister wurde, ist mit VfB-DNA aufgewachsen. Sein Vater Dieter war Manager der Mannschaft, die 1992 den Titel gewann. Er selbst hat sich über Stationen der Jugendabteilungen von RB Leipzig und Bayern München sowie die zweijährige Cheftrainerzeit bei der TSG Hoffenheim kontinuierlich weiterentwickelt.
Von einer zwischenzeitlichen Hospitanz in der Premier League bei Brighton & Hove Albion hat Hoeneß nach Ansicht von Experten das System mitgebracht, das die Qualitäten von Guirassy und Führich optimal zum Tragen bringt: schnelles, vertikales Spiel in die Tiefe mit vielen Steil-Klatsch-Kombinationen.

Guirassy-Ersatz Undav kennt System von Brighton & Hove Albion

Das erinnert auch ein bisschen an das auf Marvin Ducksch und Niclas Füllkrug zugeschnittene Spiel von Werder Bremen in der vergangenen Hinrunde - allerdings mit wesentlich größerer offensiver Variabilität und defensiver Stabilität. "Sie haben eine große Ruhe am Ball und eine große Aktivität ohne Ball", bringt Taktikexperte Martin Rafelt die Qualitäten im Bolzplatz auf den Punkt.
Dennoch stellt sich nach der am letzten Spieltag erlittenen Verletzung von Guirassy und seiner wohl mehrwöchigen Ausfallzeit die bange Frage, wie abhängig der VfB von seinem Torjäger ist. Beantworten soll sie ein Spieler, den der Verein von seinem Vorbild-Klub Brighton & Hove Albion ausgeliehen hat: Deniz Undav kennt das VfB-System und hat trotz seiner bisherigen Joker-Rolle immerhin auch schon dreimal getroffen.

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