: Köln springt noch mal aus dem Sarg heraus

von Andreas Morbach
11.05.2024 | 20:53 Uhr
Köln gelingt beim 3:2 gegen Union in letzter Sekunde der zwingend notwendige Sieg. Damit kommt es in einer Woche zum Fernduell um den Relegationsplatz - zwischen dem FC und Berlin.

Dank einer berauschenden Aufholjagd gibt's den letzten Funken Hoffnung: Der 1. FC Köln macht gegen Union aus einem 0:2 ein 3:2 und erhält sich die Chance auf Platz 16.

13.05.2024 | 09:25 min
Mark Uth wollte eigentlich direkt zu den treuesten Fans in der Südkurve gehen, aber Florian Kainz hatte andere Pläne. Mit unmissverständlicher Gestik winkte der Kapitän des 1. FC Köln den Stürmer und die übrigen Teamkollegen nach dem Last-Minute-Sieg gegen Union Berlin zu sich, um eine komplette Stadionrunde zu drehen. Besondere Umstände erfordern eben spezielle Maßnahmen.

Erst mausetot, dann Ausnahmezustand in Köln

Mausetot war die Geißbock-Elf im Keller-Duell der Fußball-Bundesliga mit Union Berlin eigentlich schon gewesen. Doch am Ende herrschte in der EM-Arena im Stadtteil Müngersdorf der Ausnahmezustand. Da staunte FC-Trainer Timo Schultz nicht schlecht:
Ich bin froh, dass das Dach noch drauf ist. Es war so laut, dass es fast hätte abheben können.
FC-Trainer Timo Schultz
Nur ein Sieg konnte die dürren Chancen seiner Mannschaft auf den Klassenerhalt noch am Leben halten. Dann lagen die Kölner kurz vor Schluss 1:2 zurück - mit einem Team, das nachweislich nicht für seine Angriffskünste berühmt ist - und trafen doch noch zwei Mal: Erst durch Einwechselspieler Steffen Tigges (87.), dann durch Einwechselkraft Damian Downs (90.+3).

Erinnerungen an das 2:1 gegen Bochum

Mitte der ersten Halbzeit, Union lag 2:0 vorne, herrschte bei strahlendem Frühlingswetter zwar vorübergehend Friedhofsstimmung. Am Ende konnte Schultz aber berichten: "So eine Stimmung wie hier - das ist nicht in vielen Stadien möglich." Denn: "Jeden Funken, den wir angezündet haben, hat das Publikum aufgenommen."
Und so fühlten sich die Domstädter letztlich an das 2:1 gegen Bochum, fünf Wochen zuvor an selber Stelle, erinnert. Da fielen beide Kölner Tore sogar erst in der Nachspielzeit - und sorgten inklusive des Last-Minute-Erfolgs gegen Union nun dafür, dass die Kölner beim Saisonfinale am kommenden Samstag ein weiteres Endspiel haben.

FC hofft auf Unterstützung durch Freiburg

Wie soeben gegen die Berliner, hilft den Kölnern auch dann bei Aufsteiger Heidenheim nur ein Sieg weiter - und zugleich müssen sie auf eine Heimpleite der Eisernen gegen Freiburg hoffen. Ob das dann für den direkten Klassenerhalt oder für die Relegation reiche, sei ihm, beteuerte Schultz bei der Pressekonferenz nach dem Spiel, "total egal".

Noch hat der 1. FC Köln eine theoretische Chance auf den Klassenverbleib. Die Hoffnungen der Geißbockelf sind nach dem 0:0 gegen den SC Freiburg aber auf ein Minimum gesunken.

06.05.2024 | 10:00 min
Zwei Stunden später, nach dem Mainzer 3:0 gegen Champions-League-Finalist Dortmund, war klar: Die Rheinhessen kann Köln nicht mehr abfangen. Die Relegationsspiele gegen den Dritten der zweiten Liga am 23. und 27. Mai sind für den FC das noch mögliche Optimum in dieser Saison.

Fußball-Gott reicht Strohhalm, Köln greift zu

Im vergangenen Jahr schaffte Dominique Heintz am letzten Spieltag mit Bochum den Klassenerhalt, durch ein 3:0 gegen Leverkusen. "Das ist wieder möglich, das spüre ich. Sonst wären wir schon lange weg", betonte der Innenverteidiger des FC und bemühte überirdische Kräfte: "Heute hat uns der Fußballgott einen Strohhalm gereicht, und an den haben wir uns noch mal ganz fest geklammert."
So sind sie auf den letzten Drücker alle zusammen noch mal aus dem Sarg gesprungen - und wollen nun die Gunst der Stunde nutzen. Kölns psychologischen Vorteil erahnt auch Unions frisch installierter Interimstrainer Marco Grote, der grimmig murmelte: "Für uns ist die Situation jetzt unangenehmer."

Wohlbehagen in der Rolle des Jägers

Für Köln dagegen, das Team mit den sieben Leben, ist die Lage entsprechend etwas komfortabler geworden. Und so bemühte Timo Schultz, ohne Namen zu nennen, eine Fußball-Weisheit des damaligen BVB-Machers Michael Meier aus dem Frühjahr 2002.
"Wir sind schon seit Wochen in der Rolle des Jägers. Einst hat ein Manager gesagt: ‚Am Ende gewinnt immer der Jäger.‘ Das würde ich mir jetzt wünschen", erwähnte Kölns Chefübungsleiter genüsslich - und sinnierte noch viel genüsslicher: "Das kann einer der kuriosesten Klassenerhalte werden, die es seit langer Zeit gegeben hat."

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