: Harte Fronten bei Gräfe gegen den DFB

von Christoph Schneider
16.11.2022 | 18:49 Uhr
Zwei Jahre ist Manuel Gräfe aus der Bundesliga raus - aus Altersgründen, nicht freiwillig. Gespräche mit dem DFB scheiterten. Nun sehen sich DFB und Unparteiischer vor Gericht.
Schiedsrichter Manuel Gräfe und sein ehemaliger Arbeitgeber, der DFB, treffen sich vor Gericht wieder. Quelle: dpa
Unversöhnlich gingen sie um kurz vor 14 Uhr auseinander, die Streitparteien am Frankfurter Landgericht (LG). Manuel Gräfe mit seinen beiden Anwälten und der DFB, angeführt von Rechtsdirektor Jörg Englisch, DFB Geschäftsführer Management und Organisation, Florian Götte und einem Anwalt.

Das Alter spielte keine Rolle

Dabei versuchte der Vorsitzende Richter der 16. Zivilkammer des LG Frankfurt/Main, Gerichtspräsident Wilhelm Wolf, erst einmal eine gütliche Einigung zwischen den Parteien. Doch der DFB sieht sich nicht zu der Formulierung in der Lage, dass Manuel Gräfe wegen seines Alters von 47 Jahren keine Berücksichtigung mehr fand.
Der DFB stellt vielmehr fest, dass das Alter überhaupt keine Rolle gespielt habe. Interessant bei allen Ausführungen: Schriftlich fixiert sind die 47 Jahre tatsächlich nirgendwo in den DFB-Statuten. Doch die bisherige Praxis bei den altersbedingt ausgeschiedenen Bundesliga-Schiedsrichtern in den vergangenen Jahren auf dem Feld lag immer bei 47 Jahren. Die Verhandlung wird also weitergehen. Ein Verkündungstermin ist für den 18. Januar 2023 angesetzt.

Fortsetzung folgt

Mit ziemlicher Sicherheit geht es dann in eine Beweisaufnahme, die dauern wird. Manuel Gräfe macht das nichts:
Dann dauert es halt noch ein Jahr länger bis die ganze Wahrheit ans Licht kommt. Ich möchte gerne verifiziert haben, dass das Alter der Weg war, um mich loszuwerden.
Manuel Gräfe
Für seine Nichtberücksichtigung in der Saison 2021/22 verlangt er eine Entschädigung von 194.905,- €. Entscheidend für ihn: Der DFB müsse von einer Altersgrenze weggehen und es müsse endlich nur nach Leistung gehen. Beide Parteien tauschen sich jetzt erst einmal in Schriftsätzen aus. Fortsetzung folgt.
Eigentlich sollte das Verfahren vor dem Landgericht (LG) Frankfurt/Main schon im September beginnen, wurde dann aber auf November verschoben.

Der ehemalige Spitzenreferee Manuel Gräfe hat im aktuellen sportstudio die deutschen Fußball-Schiedsrichter scharf kritisiert. Auch die Videoassistenten müssten besser werden.

13.11.2022

Große Beliebtheit bei den Spielern

Als die Spielzeit 2020/21 zu Ende ging, endete auch Gräfes Karriere als Bundesligaschiedsrichter. 289 Spiele hat Manuel Gräfe, damals 47 Jahre, da geleitet. Ein Unparteiischer, der sich - ungewöhnlich genug für einen Schiedsrichter - auch bei den Bundesligamannschaften einer großen Beliebtheit erfreute. Die Spielleitungen des Berliner Gräfe waren stets ruhig und unaufgeregt - eher ließ er mehr laufen, zeigte viel Spielverständnis und: Er sprach viel mit den Spielern, aber auch den Vereinsvertretern - stets auf Augenhöhe, immer nachvollziehbar.
Doch mit 47 ist als Spielleiter in der Bundesliga endgültig Schluss, so ist es seit Jahren beim DFB Usus. Verlängerungen waren bislang immer kategorisch ausgeschlossen. Auch eine Protestwelle der Bundesliga für Gräfe blieb beim DFB erfolglos.

Woanders sind Ausnahmen möglich

Diese starre Haltung - sie ließ Manuel Gräfe eine Zivilklage anstrengen. Gegen den DFB. Wegen Altersdiskriminierung.
Es geht darum, dass das grundsätzlich abgeschafft gehört.
Manuel Gräfe
Denn ein Blick auch außerhalb des Tellerrands Bundesliga zeigt, dass Ausnahmen von starren Altersgrenzen woanders durchaus möglich sind. Beispiel Europäische Fußballunion UEFA: Ein Rückblick auf die vergangene EURO zeigt, dass der niederländische Schiedsrichter Björn Kuipers bei der Leitung des Endspiels 48 Jahre alt war. Und das, obwohl international eigentlich eine Altersgrenze von 45 gilt.

Orientierungswert, keine Altersgrenze

Doch es sind Ausnahmen möglich. Kuipers brachte die Leistung, absolvierte erfolgreich Leistungsprüfungen in Theorie und Praxis. Ein Umdenken beim DFB? Nachdem die Verlegung des Gräfe-Verfahrens vom Landgericht Frankfurt/Main Anfang September mitgeteilt wurde, äußerte sich der Schiedsrichter Chef, Lutz-Michael Fröhlich, in der "Sport Bild". Hintergrund war das bevorstehende Karriereende von Bundesligaschiedsrichter Felix Brych zum Ende der laufenden Fußballsaison 2022/23.
Der Münchner Brych ist 47, müsste dann eigentlich nach den aktuellen DFB-Regularien aus dem aktiven Dienst ausscheiden. "Die meisten Schiedsrichter haben ihre Laufbahn auf dem Feld bisher auf das Alter 47 ausgerichtet. Das ist aber eigentlich keine Grenze, sondern vielmehr ein Orientierungswert", sagte Fröhlich. Und weiter: "Wenn aber jemand im Gesamtpaket alles mitbringt und die Voraussetzungen erfüllt, um auch darüber hinaus noch Schiedsrichter auf dem Feld zu sein, dann sollte man das auch berücksichtigen." Unabhängig von der Causa Brych - die Causa Gräfe wird weitergehen.
Christoph Schneider ist Redakteur in der Fachredaktion Recht & Justiz des ZDF.

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