: Hansi Flick, der Spielerflüsterer

von Maik Rosner
21.11.2022 | 06:43 Uhr
Hansi Flick hat vor seiner ersten WM als Bundestrainer bei Bayern gezeigt, dass er ein Team erfolgreich durch ein Turnier führen kann. Als eine Stärke gilt seine Menschenführung.
Hansi Flick erzählte einiges über sich, obwohl er es eher beiläufig aussprach. "Ich bin eher ein Trainer, der die Spieler lieber einen Kopf größer macht. Das bringt am Ende vielleicht den einen oder anderen Sieg mehr", sagte der Bundestrainer. Zudem sei er Optimist, alles andere bringe ja nichts.
Ein wildes 3:3 in England lag da gerade hinter seiner deutschen Nationalelf, wenige Tage nach ihrer 0:1-Heimniederlage gegen Ungarn. Doch Flick blieb zuversichtlich.

Flicks Erfahrungswerte als Co- und Cheftrainer

Knapp zwei Monate später beginnt am Mittwoch für die DFB-Auswahl die umstrittene WM in Katar mit dem ersten Gruppenspiel gegen Japan. Für Flick ist es die erste WM als Bundestrainer. Und doch weiß der 57-Jährige genau, wie man in einem Turnier ein leistungsförderndes Binnenklima erzeugt, in dem sich alle aufgehoben fühlen.
Flick hat das ja schon mehrfach erlebt. Zum Beispiel als Co-Trainer des damaligen Bundestrainers Joachim Löw bei der WM 2014 in Brasilien. Oder auch in seiner Zeit als Cheftrainer des FC Bayern.

Sieben Titel in anderthalb Jahren mit dem FC Bayern

Beim Champions-League-Turnier in Lissabon 2020 zeigte er, dass er eine Mannschaft straff durch ein Turnier coachen und sie dabei auch zwischenmenschlich mitnehmen kann. Sieben Titel holte er als Bayern-Trainer in anderthalb Jahren, darunter das Triple 2020.
Flick weiß, wie wichtig eine gute Atmosphäre ist, um erfolgreich sein zu können. Vermutlich hat das viel mit jenen Erfahrungen zu tun, die er als Kind in seinem Heimatort Mückenloch unweit von Heidelberg sammelte. So hat er das jedenfalls einmal beschrieben.

Flicks Vater förderte und forderte

Er habe es nicht immer leicht gehabt bei seinem Vater. Als Flick elf Jahre alt war, habe ihn sein Vater nach einer Niederlage bei einem Hallenturnier einmal im Winter im Wald aus dem Auto aussteigen und mehrere Kilometer allein nach Hause laufen lassen. Sein Vater habe ihn sehr gefördert, aber auch sehr gefordert, so hat Flick das geschildert.
Er sei als Kind immer auf der Hut gewesen, weil bei seinem Vater die Stimmung schnell umschlagen konnte, wenn der kleine Hansi die großen Erwartungen nicht erfüllte. Ob hier der Schlüssel zum Verständnis des Trainers Flick liege, ist er im September in einem Interview der "Süddeutschen Zeitung" gefragt worden.
"Kann gut sein. Vielleicht kommt es wirklich daher, dass ich Veränderungen sehr genau wahrnehmen kann und gelernt habe, auf Stimmungen zu achten", antwortete Flick, "ich glaube, dass mir dieses Gespür auch in einer Spielerkabine hilft."
Ich bemühe mich, Konfliktfelder frühzeitig zu erkennen und auszuräumen.
Bundestrainer Hansi Flick

Mentor für Musiala, Lob von Gündogan

Seine Spieler schätzen sehr, wie Flick versucht, ein gutes Miteinander zu fördern. Er nimmt sie mit seiner verbindlichen Art der Menschenführung schnell für sich ein. Auch er ist fordernd, zugleich schafft er aber viel Vertrauen. "Mit Hansi kann ich immer gut reden, ich sehe ihn auch als Mentor", sagte Jamal Musiala zuletzt im "kicker":
Ich fühle mich sehr wohl unter ihm.
Jamal Musiala, Nationalspieler
Ilkay Gündogan stimmte sogar eine regelrechte Hymne auf Flick an. "Bei Hansi habe ich die Wertschätzung im ersten Gespräch sofort gespürt", sagte Gündogan jüngst in der "Bild am Sonntag", "ich habe selten einen Trainer erlebt, der in Eins-zu-eins-Gesprächen und auch innerhalb des Teams in der Kommunikation so gut ist." Wenn man so will, kann man Flick wohl als Spielerflüsterer bezeichnen. Vermutlich würde ihm das nicht gefallen, er mag ja schon den Begriff Bundestrainer nicht.

Der Heimat treu geblieben

Ihm klingt das zu hochgestochen, mit einem Machtgefälle kann er nicht viel anfangen. Flick fühlt sich mit Begegnungen auf Augenhöhe wohler. Ob nun in seinem Amt des Bundestrainers bei der WM in Katar. Oder als Hansi zu Hause in Bammental, gleich neben seinem Heimatort Mückenloch.