: Kampf um Frauen-Rechte beim CL-Finale

von Frank Hellmann, Eindhoven
04.06.2023 | 15:27 Uhr
Das Finale der Women's Champions League nutzen die Aktivistin Khalida Popal und die Fotografin Maryam Majd, um auf die Unterdrückung von Frauen in Afghanistan und Iran hinzuweisen.
Die iranische Aktivistin Maryam Majd beim Champions-League-Finale in Eindhoven: "Mein ganzes Leben ist geprägt davon, gegen Widerstände zu kämpfen."Quelle: Frank Hellmann
Ehemalige Weltfußballerinnen waren mucksmäuschenstill, als Khalida Popal auf der grell erleuchteten Bühne sprach. Gerade noch hatte die deutsche Ex-Nationalspielerin Conny Pohlers, die schwedische Ikone Lotta Schelin und die niederländische Europameisterin Shanice van de Sanden von den Fortschritten des Frauenfußballs geschwärmt, als es im Veranstaltungscenter Evoluon von Eindhoven vor dem Champions-League-Finale zwischen dem FC Barcelona und VfL Wolfsburg (3:2) um viel mehr als sportliche Entwicklungen ging.

Motivation durch Fußball

Mit berührenden Worten schilderte die inzwischen in Dänemark lebende Aktivistin von ihren Erfahrungen in Afghanistan, wobei die 36-Jährige gegen die Tränen ankämpfte, obwohl sie ihre Lebensgeschichte schon häufiger erzählt hat.
Aufgewachsen in einem Kriegsgebiet verließ sie das erste Mal ihre Heimat als Neunjährige. Sie lebte vorübergehend in Pakistan, und das Einzige, "was mich motivieren konnte, war der Fußball". Wieder zurück in Afghanistan wollte man sie daran hindern, weiter mit ihren Brüdern zu spielen.
Man sagte mir, ich gehöre in die Küche, und ich existiere, um einem Mann zu dienen. Jedes Mal, wenn sie mir verboten, Fußball zu spielen, habe ich gesagt, dass ich ihnen beweisen kann, dass ich es kann.
Khalida Popal, afghanische Aktivistin
Sie wurde Nationalspielerin und Kapitänin des Teams, startete eine Kampagne und gründete eine Liga an den Schulen.

Drei afghanische Fußballerinnen, die vor der Machtergreifung der nach Melbourne geflohen sind, wollen gegen alle Widerstände weiter für ihr Heimatland Afghanistan spielen.

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Doch als Vorkämpferin für Rechte von Frauen geriet sie in Gefahr, weshalb sie bereits vor der Machtübernahme der radikalislamischen Taliban erst nach Norwegen und dann nach Dänemark flüchtete. Die 36-Jährige leitet heute die Organisation "Girl Power", um Frauen zu stärken, aber auch Brücken zwischen der Gesellschaft und Geflüchteten zu bauen.
Sie half vor zwei Jahren 75 Personen bei der Ausreise des afghanischen Frauen-Nationalteams, das inzwischen mit den Angehörigen in Australien lebt. Khalida Popal macht die Lage vieler Frauen in ihrer Heimat große Sorgen, sie forderte bei dem Event zur UEFA-Kampagne "WePlayStrong" dazu auf, die Kraft des Sports zu nutzen, "um die Kultur zu ändern".

Oft in Gefahr und einmal im Gefängnis

In engem Kontakt mit ihr steht seit Jahren auch Maryam Majd. Die iranische Fotografin und Aktivistin setzt sich für Aktionen mit derselben Stoßrichtung ein: den stimmlosen Frauen in ihrem Falle ein Gesicht zu geben.
Als 2019 der afghanische Fußball-Verbandspräsident Keramuudin Karim wegen sexuellen Missbrauchs von der FIFA gesperrt wurde, reiste Maryam Majd nach Kabul, um die betroffenen Nationalspielerinnen abzulichten, was mit großen Gefahren verbunden war. Auch die zwischenzeitliche Öffnung der Stadiontore in Teheran hielt die 36-Jährige fest. Ihre alte Kamera kam deswegen sogar ins FIFA-Museum.
Momentaufnahme von Maryam Majd: Barcelona-Fans in Eindhoven.Quelle: Maryam Majd

Im Iran ins Spannungsfeld geraten

Das Finale in Eindhoven hat sie als akkreditierte Fotografin begleitet, weil sie sich wegen einer am 1. Juni in Turin eröffneten Fotoausstellung ("R-Women") auch mit ihren Aufnahmen gerade in Europa aufhält. Sofort machte sie Bilder vom Frauen-Ligaspiel zwischen AS Rom und Juventus Turin.
In ihrer Heimat ist niemand mehr an ihrer Arbeit interessiert. Im Gegenteil: Seitdem die Proteste im Iran gegen das Regime von der Frauenbewegung getragen werden, ist die eigentlich in Teheran beheimatete 36-Jährige mitten in das Spannungsfeld geraten.
Ich habe zuhause seit Monaten meinen Beruf in der Sportfotografie nicht mehr ausüben können.
Maryam Majd, iranische Aktivistin und Fotografin

Maryam Majd: Viele Hürden schon gemeistert

Sicherheitskräfte verwehren ihr ohne genaue Angabe von Gründen den Zugang zu den Sportstätten. Ohnehin würden viele Sportlerinnen gerade das Land verlassen, erzählt sie. Ihre persönliche Lage nennt sie ein Desaster, denn: "Überall wird meine Arbeit anerkannt, nur mein eigenes Land mag mich nicht."
Sie will die nächste Zeit in den Niederlanden bleiben, zwischenzeitlich zu einer Freundin in Berlin reisen - und dann bald am besten direkt zur Frauen-WM nach Australien und Neuseeland (20. Juli bis 20. August).
Das Problem: Sie hat zwar eine Akkreditierung, ein Visum und eine Übernachtungsmöglichkeit, aber im Gegensatz zur Männer-WM in Katar noch keine Aufträge. Aber Maryam Majd hat bislang viel größere Hürden gemeistert: "Mein ganzes Leben ist geprägt davon, gegen Widerstände zu kämpfen. Es ist wohl meine Bestimmung."

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