: Blamage mit Warnsignalen

von Mike Rosner
02.11.2023 | 11:32 Uhr
Das sensationelle Aus in Saarbrücken reiht sich ein in die schlimmsten Pokal-Pleiten in der Geschichte der Münchner. Vor dem Bundesliga-Gipfel gegen den BVB herrscht Ratlosigkeit.
Ratlos nach dem Pokal-Aus: Thomas Tuchel Quelle: AFP
Als es hinterher darum ging, eine der größten Sensationen in der Geschichte des DFB-Pokals einzuordnen, wirkte sogar der sonst so eloquente Thomas Müller fast überfordert. Wie dem Offensivroutinier des FC Bayern erging es auch Trainer Thomas Tuchel. Und ebenso den Saarbrückern, die ihr Glück kaum fassen konnten und über ihren unglaublichen 2:1 (1:1)-Erfolg beinahe ähnlich schockiert waren wie die Bayern über ihr völlig unerwartetes Aus in der zweiten Runde beim Tabellenfünfzehnten der dritten Liga.

Historischer Pokalerfolg für den 1. FC Saarbrücken: Der Drittligist hat den FC Bayern München in der zweiten Runde des DFB-Pokals mit 2:1 geschlagen.

01.11.2023 | 05:59 min
Möglich geworden war die Ekstase im Ludwigsparkstadion, weil der 1. FC Saarbrücken den Rückstand durch Müllers frühes 0:1 (16.) durch Patrick Sontheimer egalisiert hatte (45.+1), ehe Marcel Gaus einen späten Konter zum 2:1 nutzte (90.+6).

Ein Spiel für die Geschichtsbücher

Es war ein Linksschuss und "ein Spiel für die Geschichtsbücher", befand Gaus. "Es gibt Spiele, da erzählen Leute Jahrzehnte später noch von. Und das ist auch so ein Spiel gewesen." Von einer "Milliardenreichweite" für Saarbrücken sprach der 34-Jährige. "Das steht überall auf der Welt".
Beim FC Bayern müssen sie vorm ebenfalls weltweit beachteten deutschen Klassiker am Samstagabend in der Bundesliga bei Borussia Dortmund damit leben, dass rund um den Globus gerätselt wird, wie ihnen ein solcher Auftritt mit so wenig Körperspannung und Konzentration unterlaufen konnte – zumal vier Tage nach dem 8:0-Ligasieg gegen Darmstadt.

Des Müllers Frust

Das ist natürlich ein brutaler Schlag für uns, dass wir jedes Jahr in der zweiten Pokalrunde ausscheiden. Das ist nicht unser Anspruch.
Thomas Müller, Spieler des FC Bayern
Noch in der Nacht auf Donnerstag ergänzte der 34-Jährige bei Instagram: "Im Moment ist es schwierig, das herunterzuschlucken und sich auf Samstag zu konzentrieren."
Zu denken gaben auch Müllers Einblicke ins Innenleben der Kabine. Seine Kritik an den Kollegen, die sich nach dem Abpfiff schnell in die Katakomben verzogen hatten, anstatt sich bei den mitgereisten Fans zu bedanken, fiel jedenfalls deutlich aus.

Müllers Kollegen-Schelte

Ich möchte mich bei unseren Fans für das Verhalten der Mannschaft entschuldigen. Wir sollten zusammenbleiben und etwas Respekt vor euch zeigen.
Thomas Müller, Bayern-Spieler
Zuvor hatte er bereits gesagt: "Was überhaupt nicht geht, ist, dass nur drei oder vier Spieler von sich aus verstehen, den Support auch zu respektieren." Auch diese Charakter-Kritik ließ sich als Warnsignal deuten. Ebenso wie der laxe Auftritt zuvor, durch den der angestrebte Pokaltitel schon wieder futsch ist.
In der vergangenen Saison hatten sich die Münchner im Viertelfinale gegen Freiburg verabschiedet (1:2). Davor war jeweils in der zweiten Runde Schluss gewesen: In der Saison 2020/21 beim Zweitligisten Holstein Kiel (5:6 im Elfmeterschießen) und 2021/22 in Mönchengladbach (0:5).
Thomas Müller bei Instagram

Erinnerungen an frühere Blamagen

Die Niederlage in Saarbrücken reiht sich sogar ein in die schlimmsten Pokal-Pleiten in der Geschichte des FC Bayern gegen Weinheim (1990/damals Drittligist), Vestenbergsgreuth (1994/damals Drittligist) und Magdeburg (2000/damals Viertligist).
Exakt 23 Jahre später sind die Bayern erstmals wieder gegen eine Mannschaft ausgeschieden, die nicht in der ersten oder zweiten Bundesliga spielt. Vielleicht ist dieses Aus sogar ihre größte Pokal-Blamage überhaupt, weil sich die Münchner wirtschaftlich immer weiter entfernt haben von unterklassigen Vereinen und ihr Vorsprung um ein Vielfaches größer ist als in den Jahren 2000, 1994 oder 1990.

Tuchel enttäuscht, De Ligt verletzt

Umso ratloser blieben die Bayern nach dem Aus in Saarbrücken zurück. Er sei "super enttäuscht", sagte Trainer Thomas Tuchel, "wir wollten mit aller Macht nach Berlin". Erschwerend hinzu kommt für die Bayern, dass sich Innenverteidiger Matthijs de Ligt eine schmerzhafte Knieblessur zuzog. Dabei handelt es sich um "einen Teilriss des Innenbandes im rechten Kniegelenk". Damit fällt der Abwehrspieler mehrere Spiele aus, wie es in einer Mitteilung der Bayern hieß. Auch schon gegen Dortmund.

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