: Hoeneß wird zur Sommermärchen-Affäre aussagen

von Christoph Schneider
07.03.2024 | 19:33 Uhr
Im Frankfurter Prozess um die Sommermärchen-Affäre haben die drei Angeklagten nun mündlich Stellung genommen. Für mehr Aufsehen sorgte allerdings die Ankündigung eines Zeugen.
Uli Hoeneß wird am 15. April vor dem Landgericht in Frankfurt als Zeuge zur Sommermärchen-Affäre aussagen.Quelle: reuters
Am zweiten Tag im Prozess um das sogenannte Sommermärchen haben die drei Angeklagten zu den Vorwürfen der Staatsanwaltschaft erstmals mündlich Stellung genommen. Rückfragen ließen sie aber nicht zu – noch nicht.
Als die Vorsitzende Richterin der 2. Strafkammer des Landgerichts Frankfurt am Main, Eva-Maria Distler, um 10:11 Uhr den zweiten Verhandlungstag eröffnet hatte, wartete sie nach der Feststellung der Anwesenheit gleich mit einer prominenten Ergänzung der Zeugenliste auf. Für den 15. April, den vierten Prozesstag, werde das Gericht den "Zeugen Ulrich Hoeneß" laden.

Das letzte Kapitel des Sommermärchens der Fußball WM von 2006 wird vor Gericht geschrieben. Die Staatsanwaltschaft wirft drei ehemaligen DFB Funktionären Steuerhinterziehung vor.

05.03.2024 | 01:41 min

Hoeneß mit Andeutung zur Millionenzahlung

Nach einem Bericht in der Süddeutschen Zeitung, auf den die Vorsitzende Richterin ausdrücklich verwies, habe sich Uli Hoeneß, der Ehrenpräsident des FC Bayern München, in der Sendung "Doppelpass" so geäußert, dass er hinsichtlich der ungeklärten Millionenzahlungen rund um die WM 2006 im eigenen Land was wisse. Was genau, sagte er in der launigen Runde nicht, nur so viel:
Ich weiß sehr sicher, dass das Geld nicht zum Stimmenkauf verwendet wurde.
Uli Hoeneß in der Sendung "Dopplpass"
Auf Nachfrage aus der Doppelpassrunde: "Ich glaube, ich bin der falsche Mann, Ihnen das zu erklären". Genau der richtige Mann aber für das Gericht, um vielleicht etwas Aufklärung in die dubiosen Zahlungen bringen zu können.

Worum geht’s in der Anklage?

Es geht um den Verdacht der Steuerhinterziehung in einem besonders schweren Fall im Zusammenhang rund um die Vergabe der Fußballweltmeisterschaft 2006, so der Anklagevorwurf, der seit 2015 erhoben wird. Konkret: Um eine Zahlung aus dem April 2005 des DFB an die FIFA in Höhe von 6,7 Mio. Euro im Zusammenhang mit der Fußballweltmeisterschaft 2006 in Deutschland.

In der 2007 abgegebenen Steuererklärung des DFB hätten die Angeklagten Ex-Generalsekretär Horst R. Schmidt, sowie die Ex-Präsidenten Wolfgang Niersbach und Theo Zwanziger diese Summe zu Unrecht als Betriebsausgabe angesetzt, also eine falsche Steuererklärung abgegeben.

Ex-DFB-Funktionäre äußern sich persönlich vor Gericht

Nachdem die Richterin am Donnerstag die prominent besetzte Zeugenliste verlesen hatte, kamen die drei Angeklagten an die Reihe, äußerten sich persönlich, nicht über ihre Anwälte, die schon zum Auftakt am Montag die Vorwürfe der Staatsanwaltschaft zurückgewiesen hatten.
Der ehemalige Generalsekretär Horst R. Schmidt startete, trug über knapp 15 Minuten nahezu ohne Versprecher eine ausformulierte Erklärung vor. "Den Vorwurf der besonders schweren Steuerhinterziehung weise ich entschieden zurück", sagt er in ruhigem Ton. Dieser sei "falsch und ehrabschneidend".

Der Prozess und seine finanzielle Bedeutung für den DFB

Auch der DFB mit Sitz in Frankfurt/Main beobachtet das nun beginnende Verfahren sehr aufmerksam. Denn durch die zweifelhaften Geldflüsse hatten die hessischen Finanzbehörden dem DFB vorläufig die Gemeinnützigkeit für das Jahr 2006 aberkannt - der DFB musste so rund 22,5 Millionen Euro Steuern nachzahlen.

Würde jetzt in diesem Strafprozess am Ende ein Freispruch stehen, dann wäre die damalige Millionenzahlung wohl steuerrechtlich in Ordnung gewesen. Heißt: Der DFB könnte die steuerliche Zahlung von einst mit Zinsen zurückfordern. 

Wie ist es zum neuen Prozess vor dem LG Frankfurt gekommen?

Nun startet vor dem Landgericht Frankfurt am Main der neue Prozess. Ende vergangenen Jahres hatten Gespräche zwischen der Verteidigung von Wolfgang Niersbach und Horst R. Schmidt mit der Staatsanwaltschaft stattgefunden. Angeboten wurde die Möglichkeit einer Einstellung des Verfahrens gegen Zahlung einer Geldauflage.

Doch da der dritte Angeklagte, Theo Zwanziger, bei diesen Gesprächen außen vor blieb, lehnte die Vorsitzende Richterin Eva-Marie Distler die Einstellung des Verfahrens vorab ab. Angesetzt sind aktuell 24 Verhandlungstage bis zum 28. Oktober.

Und er hätte sich nicht vorstellen können, in dieser Sache einmal vor Gericht zu stehen. Es mache ihn betroffen. Gerne hätte er eine Hauptverhandlung vermieden, aber dieser Prozess solle nun zu seiner Rehabilitierung beitragen.

Niersbach wirkt spürbar angefasst

Es folgte der ehemalige DFB-Präsident Wolfgang Niersbach mit einer ebenfalls vorbereiteten Erklärung. Er beklagte eine erhebliche Belastung für sich und seine Familie. "Seit über acht Jahren bin ich absolut schuldlos mit Unwahrheiten konfrontiert", so Niersbach spürbar angefasst im Ton. Er verspricht sich häufiger als Schmidt in seinen gut halbstündigen Ausführungen.

Sarah Tacke, Leiterin ZDF-Redaktion Recht und Justiz, über den heute startenden "Sommermärchen-Prozess". Wieso kommt es erst jetzt zum Prozess?

04.03.2024 | 03:27 min
Er habe die fragliche Steuererklärung am 31.Oktober 2007 unterschrieben, seinem dritten Arbeitstag als Generalsekretär beim DFB – in das Amt war er erst am 26. Oktober gewählt worden. Er habe sich komplett auf die DFB-Administration verlassen. "Mich belastet das Verfahren sehr", sagte er und schloss mit den Worten: "Ich will diesen Albtraum hinter mir lassen, vielen Dank".  

Zwanziger wehrt sich emotional gegen Vorwürfe

Nach einer zehnminütigen Pause bekam Ex-Präsident Theo Zwanziger das Wort, der sich Notizen gemacht hatte, aber sonst fast frei und energisch sprach. Gut 45 Minuten dauerte sein Vortrag, eine einzige Auseinandersetzung mit der Staatsanwaltschaft, der er mangelnde Fairness vorwarf:
Was wir verdienen, ist Fairness. Dieses Verfahren steht außerhalb jeglicher Fairness, ist unanständig.
Theo Zwanziger, Ex-DFB-Präsident
Zwanziger wehrte sich in seinem teils emotionalen Vortrag. Kernpunkte: Alles sei völlig richtig gebucht gewesen im Jahr 2005, es habe 2006 keine Steuerverkürzung gegeben, also keine zu Unrecht gewährten Steuervorteile. Insofern sei die 2007 für 2006 abgegebene Steuerklärung richtig gewesen. Die Staatsanwaltschaft habe "gravierende Fehler" gemacht.     
Richterin Distler dankt Zwanziger für sein "vorweggenommenes Plädoyer". Fortsetzung in drei Wochen am 28. März. Dann darf der an diesem Verfahren beteiligte DFB zu den Aussagen der Angeklagten Stellung nehmen. Und dann kommt schon der übernächste Prozesstag – mit dem Zeugen Hoeneß.
Christoph Schneider ist Redakteur in der Fachredaktion Recht & Justiz des ZDF

Bundesliga - 32. Spieltag

das aktuelle sportstudio

2. Bundesliga - Highlights

Bundesliga-Duelle