Théo Hernández erbrachte seinen bisher letzten Arbeitsnachweis bei der EM in eher ungewohnter Position. Zentral vor dem Tor der Portugiesen stand Frankreichs Linksverteidiger und schoss den Ball mit seinem linken Fuß in den Winkel.

Unter normalen Umständen hätte es eine solche Szene kaum gegeben. Doch das Elfmeterschießen im Viertelfinale am Freitag ermöglichte es dem 26 Jahre alten Hernández, seine Qualitäten im Abschluss vorzuführen. Mit seinem letzten Versuch besiegelte der Profi des AC Mailand den Einzug ins Halbfinale.

Am Dienstag gegen Spanien (21 Uhr/live im ZDF) in München wird sich Hernández in einem anderen Eins gegen eins wiederfinden, in dem es vor allem auf die Geschwindigkeit in seinen Beinen und Gedanken ankommen dürfte. Zu tun bekommen wird er es ja mit Spaniens Hochbegabtem Lamine Yamal, 16, der seine Dribblings vorzugsweise auf dem rechten Flügel zur Aufführung bringt.

Das Duell zwischen Hernández und Yamal dürfte eines der entscheidenden werden im Vergleich der beiden Nachbarländer. Ähnliche Bedeutung zukommen dürfte auch dem gegenüberliegenden Duell von Frankreichs Rechtsverteidiger Jules Koundé gegen den flinken Linksaußen Nico Williams. Nicht zu vergessen sind auch jene womöglich entscheidenden Situationen, in denen Frankreichs Offensivspieler Kylian Mbappé über seine bevorzugte linke Seite kommt und dort auf Jesús Navas, 38, als Vertreter des gesperrten Dani Carvajal treffen könnte.

Bisher ist Frankreich bei dieser EM noch kein einziges Tor aus dem Spiel heraus gelungen. Auch deshalb schwingt die Frage mit, ob der nach seinem Nasenbeinbruch gehemmt wirkende Mbappé nun gegen Spanien endlich zeigen kann, was in ihm steckt.

Es klang beinahe wie ein Eingeständnis, als der 25-Jährige zur Kritik an der oft nicht besonders attraktiven Spielweise der Franzosen einräumte:

Das Wichtigste sei nun mal, zu gewinnen, sagte Mbappé auf Spanisch vor dem Spiel gegen jenes Land, in dem er nach der EM für Real Madrid auflaufen wird.

Andererseits haben die Franzosen auch noch kein Gegentor aus dem Spiel heraus hinnehmen müssen. Diese Stabilität sei "auf diesem Niveau das A und O", findet der pragmatische Trainer Didier Deschamps. Wesentlichen Anteil daran, dass Torwart Mike Maignan bisher nur per Elfmeter zu überwinden war, haben die Außenverteidiger Koundé und Hernández.

Exemplarisch dafür stand zuletzt das Achtelfinale gegen Belgien. Koundé wurde als Player of the match ausgezeichnet. Auch Hernández, der jüngere Bruder des früheren Bayern-Profis Lucas Hernández, hatte sich Fleißkärtchen verdient.

Besonders in Erinnerung blieb, wie er im letzten Moment gegen Yannick Carrasco in der Defensive spektakulär mit einer Grätsche das 0:0 rettete, ehe er später in der Offensive mit seinem Dribbling von links in die Mitte das Siegtor einleitete.

Und jetzt gegen Spanien? Dürfte Hernández wissen, dass er Yamal besser nicht so viel Zeit und Platz gewähren sollte wie Deutschlands Linksverteidiger David Raum im Viertelfinale vor Yamals Vorlage zu Dani Olmos 0:1.

Unterstützt werden könnte Hernández von Adrien Rabiot. Der Mittelfeldspieler wird nach seiner abgesessenen Gelbsperre wieder in der Startelf zurückerwartet.

Den Spaniern fehlt dagegen auf der rechten Abwehrseite neben Carvajal auch Innenverteidiger Robin Le Normand gesperrt. Mbappé dürfte sich diese Ausfälle bei seinen Vorstößen auf seiner bevorzugten linken Seite zunutze machen wollen. In seinen womöglich entscheidenden Duellen.