: An der Atlantikküste den Horizont erweitert

von Andreas Morbach
29.01.2023 | 02:42 Uhr
41 Jahre lang verlief das Leben von Thomas Letsch in einem sehr überschaubaren Rahmen. Ein Ortswechsel machte den gebürtigen Schwaben offen für Neues – aktuell beim VfL Bochum.
Im Sommer 2012 waren die beruflichen Pläne von Thomas Letsch eigentlich schon weitgehend festgezurrt.
An die drei Jahre, die er da bereits an der deutschen Schule in Lissabon Mathematik und Sport unterrichtet hatte, wollten der gebürtige Esslinger und seine Familie weitere drei Jahre dranhängen. Doch dann kam ihnen jemand in die Quere.

Überzeugender Ralf Rangnick

"Ich war mit meiner Tochter auf dem Weg zum Strand, als Ralf Rangnick angerufen hat", erzählte Letsch bei seinem Auftritt im "Aktuellen Sportstudio" von dem Telefonat mit dem Mann, der damals frisch als Sportdirektor in Salzburg angefangen hatte – und der ihm den Eintritt in das RB-Universum als Jugendtrainer anbot.
"Jeder, der schon mal in Portugal war und der Lissabon kennt, weiß, wie schön es da ist", sprach der großgewachsene Fußballlehrer über den Grund, warum er sich 2009 eine Auszeit vom Trainerjob genommen hatte – die er dann auch gerne verlängert hätte. Doch der Grund, warum dies nicht passierte, war:
Ralf Rangnick kann schon überzeugend sein.
Thomas Letsch, Trainer des VfL Bochum

Einstieg als Liga-Schlusslicht

Der eine Schwabe lotste den anderen Schwaben also in die Mozartstadt – mit dem Ergebnis, dass Letsch heute einer von aktuell sechs Bundesligatrainern ist, deren Werdegang eng mit RB verknüpft ist. Und entsprechend hoch ist der Rhythmus, in dem der Bochumer Chefcoach auf Kollegen mit einem vergleichbaren beruflichen Hintergrund trifft.
Zum Einstieg beim Revierklub, den er Ende September als Liga-Schlusslicht mit nur einem Punkt auf dem Konto übernommen hatte, duellierte er sich zum Beispiel gleich mal mit dem kurz zuvor von Leipzig angeheuerten Marco Rose. Und unterlag dem Team seines einstigen Urlaubskumpels mit 0:4.

Makellose Heimbilanz

"Das war natürlich alles andere als, wie man es sich vorstellt", erinnert sich Letsch an den missglückten Einstand mit Bochum. Was folgte, war deutlich erfreulicher – vor allem, wenn der VfL nicht auf Reisen ging.
"Zu Hause ist meine Bilanz makellos", verweist Letsch stolz auf die vier Siege, die er in den vier Partien vor eigenem Publikum verbucht hat. Eine Basis, dank der er trotz der zwei jüngsten Auswärtspleiten in Leverkusen und Mainz verkünden kann:
Unterm Strich sind wir wieder mittendrin im Abstiegskampf – und das war in der Vergangenheit schon anders.
Thomas Letsch, Trainer des VfL Bochum

Nicht schön, aber erfolgreich: Bayer Leverkusen hat den Bochumer Schwung gebremst und einen 2:0-Heimsieg gegen den VfL eingefahren.

25.01.2023 | 06:53 min

Ungewohnt hohes Durchschnittsalter

Völlig ungewohnt war für Letsch, der nach seiner Zeit in Salzburg, unter anderem als Assistent von Roger Schmidt, in Aue, bei Austria Wien und in Arnheim arbeitete, das mit 29 Jahren recht hohe Durchschnittsalter der Bochumer Spieler.
Ebenso wie seine Rolle als Retter in höchster Not. Doch für Neues ist der Coach des VfL spätestens seit dem Zeitpunkt zu haben, als er mit 41 ganz bewusst seine kleine baden-württembergische Welt hinter sich ließ.

Ein Leben im Umkreis von 30 Kilometern

Bis dahin hatte sich Letschs Leben vier Jahrzehnte im Umkreis von 30 Kilometern abgespielt. Doch nun weitete sich sein Horizont.
Die Zeit in Salzburg, die nach den drei Jahren in Lissabon folgte, habe ihn als Trainer geprägt, sagt Bochums Übungsleiter. Der aber gleichzeitig betont:
Von RB-Fußball und anderen Fußball zu sprechen – das ist mir zu schwarz-weiß.
Thomas Letsch, Trainer des VfL Bochum

Der VfL Bochum ist der Gewinner des 16. Spieltags im Bundesliga-Abstiegskampf. Der VfL setzte sich mit 3:1 gegen Hertha BSC durch und verließ die Abstiegsränge.

22.01.2023 | 06:49 min

Rangnick: Letsch ist "intelligent, sympathisch, empathisch"

Thomas Letsch sei "ein Mensch, den man einfach auch ein Stück weit schätzen und mögen muss", erklärt seinerseits Ralf Rangnick, der einstige RB-Stratege.
Weil er nicht nur ein sehr intelligenter, sondern auch ein sehr sympathischer und empathischer Mensch ist.
Ralf Rangnick
Viele freundliche Worte – die auch Teil des Instrumentariums gewesen sein dürften, mit denen der heutige Teamchef der österreichischen Nationalmannschaft seinen schwäbischen Landsmann von der portugiesischen Atlantikküste einst nach Salzburg gelockt hat.

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