: Japan: Mit breiter Brust aus der Bundesliga

von Frank Hellmann, Doha
23.11.2022 | 06:29 Uhr
Japan will erstmals bei einer WM ins Viertelfinale. In Deutschland spielende Akteure wie Daichi Kamada, Wataru Endo oder Ko Itakura sind die Hoffnungsträger fürs Auftaktspiel.
Japans Nationalteam beim Training. Die Japaner sind der Auftaktgegner der deutschen Nationalmannschaft bei der Fußball-WM in Katar.Quelle: dpa
Es war schon erstaunlich, wie oft beim Training der japanischen Nationalelf am Wochenende gelacht worden ist. Hier ein Späßchen, dort ein Scherz. Sogar beim Aufstellen fürs Mannschaftsfoto alberten die Akteure des ersten deutschen WM-Gegners fortwährend herum. Im Hintergrund ging auf dem Trainingsplatz des katarischen Erstligisten Al Sadd SC bereits die Sonne unter, weshalb der Teambetreuer irgendwann zur Ernsthaftigkeit vor der Abendsonne in Doha ermahnte.
Erst dann standen wirklich alle in ihren blauen Jerseys stramm. Verschränkten die Hände hinterm Rücken, streckten die Brust raus. Die Mimik der Protagonisten symbolisierte Eigenschaften, die Deutschland zum WM-Auftakt am Mittwoch (14 Uhr MESZ/ ARD) gefährlich werden könnten: Optimismus und Finesse, Entschlossenheit und Widerstandsgeist. All das wird es brauchen, um eine Gruppe mit den Weltmeistern Deutschland und Spanien zu überstehen. 

Daichi Kamada ist ein zentraler Hoffnungsträger

Zwar war Japan seit 1998 immer qualifiziert für eine WM, kam aber noch nie über das Achtelfinale hinaus. Das Ensemble scheiterte 2018 trotz einer 2:0-Führung unglücklich mit 2:3 an Belgien. Ein fast schon tragisches Aus in Russland. Die damaligen Stützen wie Shinji Kagawa, Makoto Hasebe oder Keisuke Honda sind alle nicht mehr dabei.
Dafür aber wirbelt jetzt einer wie Daichi Kamada. Der 26-Jährige hat für Eintracht Frankfurt zwölf Pflichtspieltore erzielt, spielte zuletzt in bestechender Form und ist entsprechend selbstbewusst: "Unser Ziel ist das Viertelfinale. Viele Akteure sind in Europa tätig, das ist eine tolle Entwicklung."
Ich denke, es ist eines der stärksten japanischen Teams, das bei einer WM bisher angetreten ist.
Daichi Kamada

Waturo Endo als ordnende Hand

Er ist einer der Hoffnungsträger bei der WM in Katar für Nationaltrainer Hajime Moriyasu, der den "Samurai Blue", wie das Team in der Heimat heißt, ein neues Gesicht gegeben hat. Die Bundesliga spielt bei dieser Entwicklung eine wichtige Rolle. Wataru Endo ist über den VfB Stuttgart zur wichtigen Stütze fürs Nationalteam geworden.
Das Weiterkommen in der Gruppe hänge "stark davon ab, ob wir gegen Deutschland schon drei Punkte mitnehmen können oder nicht", sagte der VfB-Kapitän. "Wir haben eine Chance, gegen Deutschland zu gewinnen."

Zum Start der WM in Katar übt Menschenrechtler Wenzel Michalski deutliche Kritik am Turnier.

20.11.2022
Genauso strotzt Ritsu Doan vom SC Freiburg vor Zuversicht. "Es könnte ein Vorteil sein, dass wir sie aus der Bundesliga kennen. Wir spielen gegen Bayern, ich kenne deren individuelle Qualität. Das sind verrückte Spieler, aber wir müssen selbstbewusst bleiben", sagte der Offensivallrounder gegenüber dem ZDF im Trainingscamp.
Mit seinen beiden Teamkollegen Christian Günter und Matthias Ginter habe er zuletzt vor seiner Abreise in Richtung Katar Kontakt gehabt. "Ich freue mich sehr, gegen meine Teamkollegen zu spielen, aber bis zum neuen Jahr sind wir keine Freunde mehr", scherzte der 24-Jährige. 

Ko Itakura hat auch eine Schlüsselrolle

Auch Ko Itakura, der erst in der Aufstiegssaison beim FC Schalke 04 brillierte und dann zu Borussia Mönchengladbach wechselte, steht für das angehobene Level des japanischen Fußballs.
Der 25-Jährige ist nach einem Innenbandanriss rechtzeitig fit geworden, hat beim Test gegen Kanada in Dubai eine Stunde gespielt. "Die Angst ist weg", so der vielseitig einsetzbare Mittelfeldspieler, der auch in der Abwehr auflaufen kann. Seine Spielintelligenz fällt sofort auf.

Aus Düsseldorf werden die Bundesligaspieler beobachtet

All diese Spieler werden von Naoki Tsumura betreut und beobachtet, der als Technischer Direktor aus Düsseldorf die in Europa angestellten Nationalspieler regelmäßig sieht. An Kamada, sagt er, seien die Fortschritte in jüngerer Vergangenheit am besten zu beobachten gewesen.
"Er ist mental stärker und athletisch besser geworden." Dazu führte er die Hand an die Kinnspitze und hob den Kopf. Soll heißen: Auch das Selbstbewusstsein ist gestiegen. Das macht offenbar richtig gute Laune für ein Nationalteam, das für Deutschland alles andere als ein leichter Auftaktgegner sein wird.

Mehr zur WM in Katar