: DFB-Elf zwischen Zuversicht und Zweifeln

von Maik Rosner, Doha
01.12.2022 | 13:20 Uhr
Über dem Gruppenfinale gegen Costa Rica schwebt auch die Frage, ob das gute 1:1 gegen Spanien wirklich die Wende war. Das hat nicht nur mit der Erinnerung an die WM 2018 zu tun.
Gegen Costa Rica wird Manuel Neuer zum alleinigen WM-Rekordtorwart.Quelle: IMAGO / Ulmer/Teamfoto
Manuel Neuer hat es an diesem Donnerstag am einfachsten. Er muss gegen Costa Rica beim Anpfiff nur ordnungsgemäß mit Handschuhen bekleidet auf dem Platz stehen. Das genügt schon, um als WM-Rekordtorwart in die Geschichte einzugehen.

Rekord für Torhüter Manuel Neuer

Mit dann 19 WM-Einsätzen wäre er in dieser Rangliste führend, vor Deutschlands und Brasiliens früheren Nationaltorhütern Sepp Maier und Cláudio Taffarel (je 18 WM-Einsätze).
"Er hat das Torwartspiel auf ein anderes Niveau gebracht, deswegen ist er für mich immer noch die Nummer eins der Welt", lobte Bundestrainer Hansi Flick Neuer bereits. 

Manuel Neuer bei Weltmeisterschaften:

Turnier/Neuers Einsätze/Deutschlands Platzierung

2010 in Südafrika/sechs Einsätze/Dritter

2014 in Brasilien/sieben Einsätze/Weltmeister

2018 in Russland/drei Einsätze/raus nach der Gruppenphase

2022 in Katar/bisher zwei Einsätze/?

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Blick aufs Parallelspiel Spanien gegen Japan

Damit danach noch weitere WM-Einsätze für den 36-Jährigen hinzukommen und er seinen Weltrekord ausbauen kann, braucht die deutsche Nationalmannschaft einen Sieg gegen Costa Rica. Die Zuversicht beim DFB-Team ist groß, dies zu schaffen und im Parallelspiel nicht Opfer eines Sabotageaktes durch die Spanier gegen Japan zu werden.
Allerdings klingen zuweilen auch Zweifel an. Nicht über die Fairness der Spanier, die mit einem Sieg gegen Japan am besten dazu beitragen würden, dass Deutschland weiterkommt. Die Zweifel beziehen sich eher auf sich selbst, auf das eigene Leistungsvermögen und den eigenen Wankelmut.

Das trügerische 2:1 gegen Schweden

Die Zweifel haben nicht nur mit den Erinnerungen an die WM 2018 zu tun, bei der die DFB-Auswahl eine ähnliche Situation wie jetzt durchlebte - und scheiterte. Auftaktniederlage gegen Mexiko (0:1), ein spätes 2:1 gegen Schweden samt dem Gefühl, dass alles gut wird. Und dann doch das WM-Aus durch ein 0:2 gegen Südkorea im letzten Gruppenspiel.
Das führt dazu, dass über dem entscheidenden Gruppenfinale gegen Costa Rica trotz aller Zuversicht auch die Frage schwebt, ob Deutschlands guter Auftritt beim 1:1 gegen Spanien wirklich der sportliche Wendepunkt war. Zu oft verließen die deutschen Nationalspieler zuletzt enttäuscht von sich selbst den Platz. Keines der vergangenen vier Pflichtspiele konnten sie gewinnen, auch nicht gegen das Mittelklasseteam der Ungarn in Leipzig (0:1).

Nur ein Sieg aus acht Pflichtspielen

Es ist sogar so, dass die DFB-Elf nur in einem der vergangenen acht Pflichtspiele siegte (5:2 gegen Italien). Die jüngste Turnierbilanz sieht kaum besser aus: Inklusive EM 2021 und WM 2018 gelangen nur zwei Siege in neun Spielen.
Flick interessieren derartige Querverweise allenfalls am Rande. Der Bundestrainer findet, dass der Rückblick wenig bis nichts über die Gegenwart aussagt und man sich besser auf diese konzentrieren sollte.

Die deutsche Mannschaft hat gegen Spanien ein tolles Comeback auf den Rasen gezaubert. Manu Thiele analysiert das Top-Spiel und tippt, wie weit es für das DFB-Team gehen kann.

28.11.2022 | 11:20 min

Müller vermisst Kontrolle und Selbstgewissheit

Thomas Müller sieht das ähnlich. Er verlieh vorm Spiel gegen Costa Rica aber auch seinem Empfinden Ausdruck, dass die Ergebnisse der deutschen Mannschaft derzeit ebenso wenig prognostizierbar sind wie die dazugehörigen Leistungen.
Müller formulierte es so: "Es ist halt so, dass wir nicht alles kontrollieren können. Da waren wir sicherlich auch schon mal besser aufgestellt." Der 33-Jährige vermisst die frühere Selbstgewissheit, dem Gegner vermitteln zu können: "Das Schlimmste, was uns passieren kann, wäre ein Unentschieden."

Füllkrugs Ausgleich als Knotenlöser?

Positiv gestimmt sei er nun aber, weil sich die Mannschaft gegen Spanien schnell zu einer funktionierenden Einheit auf höchstem Niveau straffen konnte. Müller fügte jedoch sofort hinzu, dass Costa Rica "ganz andere Qualitäten von uns abverlangen wird. Deswegen kann man von dem einen aufs andere Spiel nicht so viel mit rübernehmen."
Seine Bestandsaufnahme wegen Füllkrugs Ausgleich gegen Spanien klang vorsichtig. „Ob dieser Moment, als Niclas das Ding ins Dreieck geschweißt hat, uns im Nachhinein als Knotenlöser ausgelegt wird“, das müsse das Turnier erst noch zeigen. „Da werden wir noch einige goldene Momente brauchen“, glaubt Müller. Das implizierte immerhin, dass sie noch länger dabei sein werden.

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