: "Jetzt ist Messi unsterblich"

von Tobias Käufer, Buenos Aires
18.12.2022 | 20:58 Uhr
Endlich wieder Weltmeister - im ganzen Land feiern die Menschen den dritten WM-Titel und Lionel Messi. In Buenos Aires beginnt eine lange Sommernacht, die nie enden soll.
Nach dem packenden WM-Finale verwandelte sich die argentinische Hauptstadt Buenos Aires in eine blau-weiße Partymeile.Quelle: ZDF
"Nein, Nein - das kann nicht sein" - die Schreie des Entsetzens aus den argentinischen Wohnzimmern sind bis auf die leer gefegten Straßen zu hören. Zweimal gleicht Frankreich die Führung der Argentinier aus, zweimal droht der Traum vom ersten WM-Titel seit 1986 zu platzen.
Doch im dramatischen Elfmeterschießen setzen sich die Südamerikaner durch - und geben den Startschuss für eine gewaltige Party, die noch bis morgen früh andauern wird.

Buenos Aires: Straßen leer, Bars prall gefüllt

Schon zur Halbzeitpause tanzen die Menschen in Buenos Aires auf den Balkonen. Die Fans der "La Scaloneta" - benannt nach Erfolgstrainer Lionel Scaloni - versammeln sich in den Clubs, Parks, Restaurants und rund um den Obelisken. Durch die während des Spiels verwaisten Straßen patrouilliert die Polizei. Eine einmalige Atmosphäre in einer der leidenschaftlichsten Fußballstädte der Welt.
Hoffen, bangen - und jubeln: Fans in Buenos Aires schauen das Endspiel der Fußball-WM.Quelle: ZDF/Tobias Käufer
"Wir haben es so verdient. Vor allem Lionel Messi", sagt Diego, der mit seinem Freund Sebastian in der Halbzeitpause Bier-Nachschub holt. Anderenorts platzen die Lokale aus allen Nähten: "Die Bude ist voll, wir können niemanden mehr rein lassen", stöhnt die Türsteherin am "Club de la Birra" schon Minuten vor dem Anpfiff.
Eine Stadt im Freudentaumel: Nach dem WM-Sieg feiern argentinische Fußballfans in der Hauptstadt Buenos Aires.Quelle: ZDF

Ohrenbetäubender Jubel nach Abpfiff

Mit dem Abpfiff explodiert die Stimmung. In nicht enden wollenden Kolonnen und Auto-Karawanen zieht es die Fans zu den Feierhotspots am Obelisken, nach Palermo oder an die Pferderennbahn. Schon am Abend zuvor begann hier eine "WM-Wache". Der Obelisk ist blau-weiß angestrahlt, die riesigen digitalen Werbetafeln ringsum zeigen die aktuelles PR-Clips der argentinischen Nationalmannschaft. Selbst die Zebrastreifen sind blau-weiß angemalt.
Im Cafe Monet in Recoleta herrscht eine besondere Atmosphäre. Die Gäste haben hier das Pech, dass das TV-Signal etwa mit einer halben Minute Verspätung ankommt. Das sorgt für skurrile Szenen. Während sich aus der Nachbarschaft bereits ohrenbetäubender Jubel über die Treffer von Lionel Messi und Angel di Maria den Weg durch die Avenidas in Buenos Aires bahnt, ahnen die Gäste zwar schon was in ein paar Sekunden auch auf ihrem Bildschirm zu sehen sein wird, schauen sich aber dennoch etwas ratlos an.

Frankreichs Aufholjagd sorgt für Spannung

Gegen Ende der Partie wird überall gezittert. Jede Abwehraktion wird begeistert gefeiert. Jeder Ballgewinn bejubelt wie ein Torerfolg. Die Minuten wollen einfach nicht verrinnen. Plötzlich dringen Schreie des Entsetzens aus den Wohnzimmern auf die Straßen.
"No, no, no puedo ser", (Nein, nein - das kann nicht sein) brüllen die Menschen ihren Frust heraus. Innerhalb von Sekunden dreht sich die Partie. Frankreich ist wieder zurück, der schon sicher geglaubte Sieg scheint wie Sand in den Händen zu verringen. Nun werden Millionen Fingernägel gekaut.

"Jetzt ist Messi unsterblich"

Es folgt das Drama des Elfmeterschießens. Eine Zeitlang ist es totenstill in Buenos Aires, als es los geht feiern die Menschen ihren Torwart, den sie liebevoll "Dibu" nennen. Gut eine Stunde nach Spielschluss gibt es in der ganzen Stadt kein Halten mehr. Hunderttausende sind auf den Straßen und feiern gemeinsam den größten Erfolg. "Jetzt ist Messi unsterblich" rufen sie.
Alle, die unter 40 Jahre alt sind, haben so etwas noch nie erlebt. Das argentinische Sommermärchen geht in die Geschichte ein. Am späten Montagabend, vielleicht auch erst in der Nacht auf Dienstag sollen die Spieler in Buenos Aires eintreffen. Bis dahin wird durchgefeiert und vielleicht sogar noch ein paar Tage weiter.