: Katar: Stadionbesucher protestieren gegen DFB

28.11.2022 | 17:50 Uhr
WM in Katar: Beim Unentschieden zwischen Deutschland und Spanien hat es eine Protestaktion im Stadion gegeben - offenbar gegen den DFB. Ex-Nationalspieler Özil stand im Fokus.
Im Al-Bait-Stadion in Katar hielten Zuschauer beim gestrigen Unentschieden zwischen Deutschland und Spanien Bilder vom ehemaligem deutschen Nationalspieler Mesut Özil in die Höhe.Quelle: Federico Gambarini/dpa
Mesut Özil als jubelnder Nationalspieler, Mesut Özil als zwinkernde Porträtzeichnung. Plötzlich und überraschend spielte der 34 Jahre alte Ex-Nationalspieler beim deutschen Hoffnungsspiel gegen Spanien am Sonntag eine größere Rolle - als Zeichen des Protests klar erkennbar gegen den DFB.
Einem Medienkommentar der Sendergruppe Al-Kass aus Katar zufolge auch gegen "westliche Doppelmoral" hielten Zuschauer das Konterfei des dem Deutschen Fußball-Bund in tiefer Abneigung verbundenen Weltmeisters von 2014 in die Höhe. Einige hielten sich zudem die Hand vor den Mund.

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Was über die Aktion auf den Rängen bekannt ist

Die Bilder in verschiedenen Größen waren Teil einer konzertierten Aktion - das legen allein Anzahl und Qualität nahe. Die "Bild"-Zeitung zitierte einen Stadionbesucher, der berichtete, die Poster hätten bei seiner Ankunft bereits auf den Sitzen gelegen. Dann sei die Anweisung gekommen, was damit zu tun sei.
Den Fotoaufnahmen aus dem Stadion ist zu entnehmen, dass es Menschen in verschiedenen Outfits waren, die nicht zwingend zu einer geschlossenen Gruppe gehörten. Der Fußball-Weltverband FIFA beschäftigte sich nach dpa-Informationen zunächst nicht mit den Bildern.

Auf welche Vorgeschichte angespielt wurde

Die deutschen Nationalspieler hatten sich beim Mannschaftsfoto vor dem ersten Gruppenspiel gegen Japan (1:2) demonstrativ die Hand vor den Mund gehalten. Das war ein klarer Protest als Reaktion auf das Verbot der "One Love"-Kapitänsbinde durch die FIFA.
Die Binde könne verboten werden, das Team lasse sich in Menschenrechtsfragen aber nicht den Mund verbieten, so die Lesart. "One Love" soll ein Symbol für Vielfalt und Meinungsfreiheit sein. Besonders im streng islamischen Katar war die Geste der DFB-Auswahl auch kritisiert worden.

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Das könnte es mit den Özil-Bilder auf sich gehabt haben

Der 34-jährige Özil, aktuell bei Istanbul Basaksehir unter Vertrag, war wenig überraschend nicht in die Aktion involviert. Er war nach dem Vorrunden-Aus bei der WM 2018 geräuschvoll aus der Nationalmannschaft zurückgetreten und hatte dem DFB dabei unter anderem Rassismus vorgeworfen.
Ausgangspunkt der für den Verband unrühmlichen Episoden waren die Fotos von Özil und Ilkay Gündogan mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan. Eine Erklärung ist deshalb, dass die Zuschauer in Katar den DFB dafür kritisierten, damals beim Thema Meinungsfreiheit selbst Fehler gemacht zu haben.

Welche andere Bedeutung die Aktion haben könnte

Eine andere Einordnung beruht darauf, dass Özil Ende 2019 dafür kritisiert worden war, dass er sich kritisch zur Unterdrückung der Uiguren in China geäußert hatte. Verantwortlich war damals Özils ehemaliger Verein, der FC Arsenal, der sich wohl auch aufgrund wirtschaftlicher Interessen in China umgehend von Özils Äußerungen distanziert hatte.
Menschenrechtsaktivisten lobten Özil ausdrücklich für dessen Worte. In diesem Zusammenhang ist die Zuschauergeste in Katar so zu lesen, dass Özil zu dieser Zeit der Mund verboten worden sei.

Während des Spiels Deutschland gegen Spanien fieberten viele Menschen in Sportbars mit der deutschen Mannschaft, in anderen Kneipen wurde die WM in Katar boykottiert.

28.11.2022 | 02:19 min

Was im Stadion zur Aktion gesagt wurde

Gefragt wurde nach dem Spiel Ilkay Gündogan. Der 32-Jährige wollte sich nicht konkret zur Plakataktion äußern. Grundsätzlich sagte der Mittelfeldspieler nur, dass es nicht mehr um Politik gehen solle.
Katar ist sehr stolz, die WM auszurichten. Die erste in einem islamischen Land. Ich komme aus einer muslimischen Familie, die muslimische Community ist stolz.
Ilkay Gündogan, Deutscher Fußballnationalspieler
Jetzt gehe es laut Gündogan darum, den Fußball zu feiern.
Quelle: Jan Mies und Jan Kuhlmann, dpa