: Kein Ende der Pferde-Quälerei in Sicht

von Christiane Mitatselis
26.04.2023 | 04:05 Uhr
Auch in diesem Jahr sind Rennpferde beim Grand National in Aintree gestorben. Das Rennen ist hochgefährlich, aber auch sehr lukrativ - und besteht wohl auch deshalb fort.
Hindernisrennen in Aintree: Immer wieder kommt es beim Grand National zu schweren Stürzen.Quelle: dpa
Die Opfer hießen Hell Sixteen, Dark Raven und Envoye Special, die drei Rennpferde überlebten die Woche der Hindernisrennen des Grand National in Aintree nicht, die bis zum 15. April in der 175. Auflage in der Nähe von Liverpool stattfanden.

Heftige Proteste von Tierschützern

Hell Sixteen stürzte im Hauptrennen über 7,2 Kilometer bereits am ersten von 30 Naturhindernissen und wurde eingeschläfert. Die beiden anderen englischen Vollblüter kamen in den Jagdrennen zuvor zu Tode. Tierschützer protestierten heftig wie selten zuvor, es kam zu Tumulten und 118 Festnahmen auf der Rennbahn.
Tweet der Tierschützer von "League Against Cruel Sports"
Und einmal mehr stellt sich die Frage: Muss das wirklich noch sein? Bei aller Tradition und Beliebtheit auch in adligen Kreisen - kann man den Pferden das gefährliche Spektakel nicht ersparen?

Grand National: 62 tote Pferde seit 2000

Aus Sicht der Tierschützer lautet die Antwort: Das Grand National sollte längst verboten sein. Zwar ist der Kurs seit 1989 in Aintree kontinuierlich entschärft und die Zahl der Teilnehmer auf 40 begrenzt worden, doch es nutzte nicht viel.
Nach Angaben der Tierschutzorganisation "League Against Cruel Sports" sind in Aintree seit dem Jahr 2000 insgesamt 62 Pferde zu Tode gekommen.

Experte: Quälerei auch für die Jockeys

Der deutsche Tierarzt Maximilian Pick, der früher auf der Münchner Rennbahn arbeitete und bekanntester deutscher Galoppkritiker ist, würde eine Veranstaltung wie das Grand National ebenfalls untersagen. Denn sie sei nichts als Quälerei für die Tiere und auch die Jockeys.
Es sind immer noch zu viele Pferde am Start.
Maximilian Pick, Tierarzt und Galoppkritiker
Die Hindernisse seien zu hoch für das Renntempo, sagt Pick. "Der Jockey hat keine Möglichkeit, wie sie ein guter Reiter in einem Springparcours hat, das Pferd an das Hindernis passend heranzureiten."

Gigantische Wetteinsätze beim Grand National

Dass das Grand National weiterbesteht, ist seiner Ansicht nach nicht allein mit der Tradition seit 1836 zu begründen, sondern vor allem mit den Finanzen.
Im Vereinigten Königreich bringt das Grand National in der Regel einen Wettumsatz von sagenhaften 250 Millionen Pfund (282,5 Millionen Euro). Zum Vergleich: In Deutschland betrug 2022 der gesamte Wettumsatz aller Rennbahnen 29 Millionen Euro.
Tierschützer protestieren gegen das Galopprennen Grand National in Aintree.Quelle: Reuters

Ältere Pferde im Einsatz

In Europa sind auch in Frankreich Hindernisrennen populär, auch dort gibt es einige Trainer, die englische Vollblüter im Hinblick auf diese Art der Rennen vorbereiten. In der Regel sind die Tiere älter als die normalen Galopper, die oft schon vierjährig in den sportlichen Ruhestand versetzt werden.
Der Wallach Corach Rambler, Sieger des Grand National 2023, ist beispielsweise neun Jahre alt. Manche Pferde laufen, insofern sie überleben, sogar bis zum Alter von zwölf Jahren.

Kaum Hindernisrennen in Deutschland

In Deutschland sind Hindernisrennen, die es bis vor etwa 20 Jahren auf allen großen Bahnen gab, dagegen aus der Mode gekommen. Nicht nur wegen der Unfallgefahr, sondern auch, weil es aufwendig ist, eine Rennstrecke mit Naturhindernissen in Schuss zu halten.
Eine der Ausnahmen ist die Rennbahn in Bad Harzburg im niedersächsischen Kreis Goslar. Dort findet jedes Jahr im Juli ein Meeting mit sechs Hindernisrennen statt, die allerdings im Vergleich zum Grand National sehr moderat ausfallen. Die Streckenlänge beträgt maximal 3.600 Meter, also die Hälfte des großen Rennens in Aintree. Außerdem gehen pro Wettbewerb nur sechs bis zehn Pferde an den Start.

Keine schlechten Erfahrungen in Bad Harzburg

Die Veranstaltungen seien sehr beliebt beim Publikum, sagt Stephan Ahrens, Präsident des Rennvereins von Bad Harzburg. "Es kommen Zuschauer aus ganz Deutschland." Schwere Unfälle habe es lange nicht gegeben. "Ich bin seit zwölf Jahren im Amt, seitdem gab es in Hindernisrennen keine Pferde, die sich schwerwiegend verletzt haben", so Ahrens. Davon können sie in Aintree nur träumen.

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