: Wie sich Essens Talentschmiede behauptet

von Frank Hellmann
28.02.2023 | 07:15 Uhr
Sie kommen als Talente und gehen als gestandene Spielerinnen: Die SGS Essen kann als Ausbildungsverein gut leben - noch, denn der Frauen-Bundesligaklub fürchtet Konkurrenz.
Erste Klasse in der Nachwuchsarbeit, in der Bundesliga im Mittelfeld: Die Fußballerinnen der SGS Essen - hier nach ihrem 4:0-Sieg über den 1. FC Köln.Quelle: Imago / Beautiful Sports
Irgendwann hat Markus Högner für sich erkannt, dass dieser Job am besten zu ihm passt. Zu ihm als Typ. Aber auch zu ihm als Trainer. Talente aufspüren, Talente formen - und Talente verlieren. So ungefähr geht der Kreislauf, in dem sich der Cheftrainer der SGS Essen seit 2010 - mit einer dreijährigen Unterbrechung - verschrieben hat.
Auch dank des 55-Jährigen ist der beste Ausbildungsbetrieb der Frauen-Bundesliga einfach nicht totzukriegen. Wenn es im Sommer wieder mit dem Klassenerhalt klappt - und danach sieht es auch - dann ist der Verein seit 20 Jahren erstklassig.
Video: Auf der Suche nach dem Boom im Frauenfußball, Teil 2:

Für den Bundesligisten SGS Essen geht es ausschließlich um den Klassenerhalt, während die Bezirksliga-Aufsteigerinnen des BVB mit Siegen nur so durch ihre Liga fliegen.

29.01.2023 | 30:10 min

Leipzig so stark wie ein Bundesligist

Doch der Überlebenskampf wird zunehmend schwerer. Wenn der Erstligist Essen nun im DFB-Pokalviertelfinale beim Zweitliga-Tabellenführer RB Leipzig (Dienstag, 18 Uhr) antritt, steht diese Konstellation exemplarisch für die Verdrängungsprozesse.
Die Leipzigerinnen sind absoluter Favorit auf den Aufstieg
Markus Högner
Leipzig werde sich in der Bundesliga "langfristig etablieren", so Högner. Dafür spricht zum Beispiel: RB Leipzig kegelte im Achtelfinale Eintracht Frankfurt aus dem Pokal.

Frauen-Bundesliga eine "Zwei-Klassen-Gesellschaft"

Es wäre die nächste starke Marke aus dem Männerfußball, die sich in der Frauen-Bundesliga einnistet, wo mit Turbine Potsdam als Tabellenletzter einer der erfolgreichsten deutschen Frauenfußballvereine vom Abstieg bedroht ist.
DFB-Vizepräsidentin Silke Mammitzsch bemerkt, "dass es dauerhaft schwer für die Nicht-Lizenzvereine wird, mitzuhalten". Die SGS Essen gehe "kein finanzielles Risiko" ein, wie Aufsichtsratschef Dirk Rehage in der ZDF-Reportage "Die Suche nach dem Boom im Frauenfußball" betont.
Geschäftsführer Florian Zeutschler spricht darin von einer "Zweitklassen-Gesellschaft", weil "andere Vereine das Fünf-, Sechs-, Siebenfache zahlen".

Sechs 19-Jährige in Essens Startelf

Im Nordwesten der Ruhrmetropole müssen sich die Spielerinnen parallel um eine Ausbildung kümmern oder arbeiten. Hier spielt nicht nur eines der billigsten, sondern auch das jüngste Team der Liga.
Mitunter steht mit Torhüterin Sophia Winkler, Natasha Kowalski, Beke Sterner, Ella Touon, Katharina Piljic und Laureta Elmazi ein halbes Dutzend 19-Jähriger in der Startelf.
Wir können uns behaupten, wenn wir schlau sind.
Markus Högner
Bessere Bedingungen wie ein neues Funktionsgebäude oder ein moderner Hybridrasen gehören dazu, denn: "Nur junge Spielerinnen auszubilden und sie dann abgeben zu müssen, reicht auf Dauer nicht."

Auch Niederländerinnen bei der SGS

Zahlreiche Vize-Europameisterinnen - von Marina Hegering, Sara Doorsoun, Lena Oberdorf, Linda Dallmann, Nicole Anyomi bis hin zu Lea Schüller - sind unter ihm ausgebildet worden, auch die niederländischen Nationalspielerinnen Jackie Groenen und Dominique Janssen haben bei der 2000 gegründeten Sportgemeinschaft in Essen-Schönebeck ihre Lehre absolviert.
Im Sommer kam sogar die englische Junioren-Nationalspielerin Maria Edwards, um verlässlich Einsatzzeit zu bekommen. Auch sie hat gebraucht, um sich an die Bundesliga zu gewöhnen, aber inzwischen belegt die SGS wieder einen Mittelplatz.

2020 knapp am Pokalsieg vorbeigeschrammt

Knapp 1.900 Besucher kamen im Schnitt in dieser Saison ins Stadion an der Hafenstraße, deutlich mehr als früher. Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg reist gerne aus ihrem Wohnort Straelen am Niederrhein ins Herz des Reviers, wo der Puls des deutschen Frauenfußballs zu fühlen ist, wie Högner findet:
Wir haben eine klare Philosophie und bieten ein sehr familiäres Umfeld.
Markus Högner
2020 kam sein Ensemble bis ins Pokalfinale, ließ sich damals in Köln nach einem 3:3 erst im Elfmeterschießen vom Seriengewinner Wolfsburg besiegen.
Das diesjährige Finale am 18. Mai soll im Rahmen einer "Woche des Frauenfußballs" erstmals mehr als 30.000 Zuschauer ins Stadion im Kölner Grüngürtel locken. Doch damit will sich Högner gar nicht beschäftigen. Leipzig sei zwar "ein gutes Los", aber auch "eine harte Nuss".

Auf der Suche nach dem Boom im Frauenfußball

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